Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
erfreuten sich bestimmter Orte ganz besonders; einige liebten die Berge, andere zogen die satten Täler vor oder en Gewässer, einige auch die grünen Schatten der Wälder.«
    »So wurden sie Wasser- oder Waldgeistern gleich - jenen Geistern also, die die Menschen später anbeteten.«
    »Da hast du recht. Aber du greifst vor!
    Ich reagierte auf die ersten beiden Offenbarungen wie viele meiner Mitengel; indem wir den Lebensfunken verspürten, der diesen vielzelligen Pflanzenorganismen innewohnte, nahmen wir auch den Tod dieses Funkens wahr, wenn ein Organismus den anderen verschlang oder ihn überwucherte, um ihm die Nahrung zu entziehen; wir sahen Vielfalt und Zerstörung!
    Was zuerst nur Umwandlung gewesen war - der Austausch von Energie und Materie -, nahm nun andere Dimensionen an. Wir erkannten langsam, wie die Dritte Offenbarung sich andeutete. Es dämmerte uns aber erst, als sich der eiste animalische Organismus deutlich von den Pflanzen zu unterscheiden begann. Seine rasche, entschlossene Fortbewegung, seine deutlich größere Bewegungsfreiheit ließen uns ahnen, daß dieser Lebensfunke, den er besaß, wirklich sehr stark dem Leben in uns selbst ähnelte. Und was geschah mit diesen Kreaturen? Mit diesen winzigen Tieren und mit den Pflanzen? Sie starben, das war es, was mit ihnen geschah. Sie wurden geboren, lebten und starben und verwesten langsam. Und das war die Dritte Offenbarung der Evolution: Tod und Verwesung.«
    Memnoch sah finsterer drein als je zuvor. Sein Gesicht bewahrte den Ausdruck von Unschuld, von Staunen, aber er wurde überschattet von etwas Entsetzlichem, das eine Mischung aus Furcht und Enttäuschung zu sein schien; vielleicht war es aber nur die kindliche Verwunderung über eine grausame Schlußfolgerung.
    »Die Dritte Offenbarung war Tod und Verwesung«, sagte ich in das Schweigen hinein, »und du fühltest dich davon abgestoßen.«
    »Nicht abgestoßen! Ich vermutete einfach, es müsse ein Irrtum sein! Ich schoß nachgerade zum Himmel auf! ›Sieh nur, sagte ich zu Gott, ›diese winzigen Dinger können aufhören zu leben, der Funke kann verlöschen - wie es bei Dir oder uns nie geschehen könnte, und zurück bleibt nur Materie, die vermodert/ Ich war nicht der einzige Engel, der dies laut Gott ins Gesicht schrie.
    Aber ich glaube, daß meine Lobpreisungen stärker von Mißtrauen und Furcht gefärbt waren. Ja, in meinem Herzen war so etwas wie Furcht erwacht. Ich war mir dessen nicht bewußt, aber es war die Erkenntnis von Tod und Verwesung, die sie in mir entstehen ließ; und diese Erkenntnis schien für mich eine Strafe zu sein.«
    Er sah mich an. »Vergiß nicht, wir sind Engel. Bis zu diesem Augenblick hatte es den Begriff Strafe für uns nicht gegeben; keinen Gedanken, der Leid hervorrief! Verstehst du? Und jetzt litt ich, und Furcht war ein kleiner Bestandteil meines Leidens.«
    »Und was sagte Gott?«
    »Was, glaubst du, sagte Er?«
    »Daß es zu Seinem Plan gehörte.«
    »Genau. »Gebt acht. Beobachtet, schaut, und ihr werdet sehen, daß nichts wesentlich Neues geschieht; es ist immer noch der gleiche Austausch von Energie und Materie.‹«
    »Und was ist mit dem Funken?« rief ich.
    »›Ihr seid lebende Wesens sprach Er. ›Daß ihr diese Dinge erkennt, könnt ihr eurem scharfen Verstand zugute halten. Gebt nur acht. Das ist noch nicht alles.«
    »Aber dieses Leiden, dieser Anschein von Bestrafung …«
    »Es wurde alles in einer Großen Diskussion geklärt. Eine Diskussion mit Gott schließt nicht nur klar verständliche Worte ein, sondern auch eine von ihm ausströmende, unermeßliche Liebe, das Licht, daß auch du gesehen hast, umhüllte und durchdrang uns alle. Gott vermittelte uns so die Ruhe und vielleicht auch die Gewißheit, nach der diese Ahnung von Leid in mir verlangte - daß es nichts zu befürchten gab.«
    »Ich verstehe.«
    »Nun folgt die Vierte Offenbarung, und denke immer daran, ich habe diese Offenbarungen willkürlich geordnet, denn ich kann dir, wie gesagt, nicht jedes winzige Detail erklären. Die Vierte Offenbarung nenne ich die Offenbarung der Farben. Und mit den blühenden Pflanzen begann es. Mit der Erschaffung der Blumen; damit, daß eine ganz und gar außergewöhnliche und mit sichtlich schöneren Mitteln vollzogene Paarung von Organismen ihren Anfang nahm. Du mußt wissen, daß es eine Paarung immer gegeben hatte, selbst bei den einzelligen Tieren hatte eine Art Paarung stattgefunden.
    Aber Blumen! Blumen bedeuteten eine Farbenvielfalt, die es in der

Weitere Kostenlose Bücher