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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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von Onkel Mickeys Auge … Ich kapierte es einfach nicht. Gleich würde ich wieder in Geheul ausbrechen. Undeutlich glaubte ich Louis’ sanfte Stimme zu hören, protestierend, bittend, argumentierend. Ich hörte Schlösser schließen, hörte Nägel in Holz eindringen. Ich hörte Louis betteln.
    »Nur für eine Weile, nur für kurze Zeit…«, sprach Maharet. »Er ist einfach zu stark für uns, wir können nichts anderes tun. Entweder das, oder wir müssen ihn töten.«
    »Nein«, schrie Louis auf.
    Ich hörte David protestieren, nein, das dürfe sie nicht tun.
    »Ich habe es nicht vor«, sagte sie ruhig. »Doch er muß so lange hierbleiben, wie ich es für richtig halte.«
    Dann waren sie fort.
    »Singt«, flüsterte ich. Ich sprach zu den Geistern der Waisenkinder. »Singt…« Doch das Kloster war einsam und verlassen. All die kindlichen Geister waren geflohen. Ich war allein im Kloster. Ich, Memnochs Diener, Memnochs Prinz. Ich war allein in meinem Gefängnis.

Kapitel 26
    Z wei Nächte oder drei vergingen. Draußen flutete der Verkehr durch die breite Straße dieser Stadt der Moderne. Paare gingen vorbei, flüsterten in den abendlichen Schatten. Ein Hund heulte.
    Vier Nächte, fünf Nächte?
    David setzte sich zu mir, las mir aus seinem Manuskript meine Geschichte vor. Wort für Wort, alles, was ich erzählt hatte, wobei er immer wieder unterbrach, um zu fragen, ob es so richtig wäre, ob ich genau diese Worte benutzt hätte oder ob er jenes Bild korrekt wiedergäbe. Und Maharet pflegte zu antworten.
    Aus ihrer Ecke heraus sagte sie dann zum Beispiel: »Ja, genau das hat er gesehen, so hat er es dir erzählt. So lese ich es in seinem Geist. Das sind seine Worte. Das hat er gefühlt.«
    Einmal, da mußte schon eine Woche vergangen sein, beugte sie sich über mich und fragte, ob ich nach Blut dürste. Ich antwortete:
    »Ich will nie wieder Blut trinken. Ich will eintrocknen, mich in Kalkstein verwandeln. Sie werden mich in einen Brennofen stecken.«
    Eines Abends kam Louis, mit der ruhigen Gelassenheit eines Kaplans, der ein Gefängnis besucht, dessen Regeln nicht für ihn gelten, für das er aber auch keine Bedrohung darstellt. Bedächtig setzte er sich neben mich, schlug die Beine übereinander und blickte ins Nichts, als sei es unhöflich, mich, einen Gefangenen, den Ketten fesselten, anzustarren.
    Er legte mir eine Hand auf die Schulter. Sein Haar sah einigermaßen schick aus was heißt, es war geschnitten und gekämmt und nicht voller Staub. Sein Anzug war ebenfalls sauber und neu, als habe er sich extra für mich in Schale geworfen.
    Ich lächelte bei dem Gedanken in mich hinein, daß er sich meinetwegen so aufgeputzt haben könnte. Aber hin und wieder machte er das tatsächlich, und als ich auch noch bemerkte, daß er ein Hemd mit altmodischen Knöpfen aus Perlmutt und Gold trug, wußte ich, daß ich recht hatte. Ich hieß das willkommen wie ein Kranker das kühlende Tuch auf seiner Stirn. Seine Finger drückten ein klein wenig fester zu, und ich freute mich auch darüber. Aber ich war nicht allzu interessiert daran, es ihn merken zu lassen.
    »Ich habe in Wynkens Büchern gelesen«, sagte er. »Weißt du, ich habe sie mitgenommen. Ich bin deswegen extra noch einmal zurückgegangen. Wir hatten sie in der Kapelle gelassen.« Und nun schaute er mich doch an, mit einem Blick, sehr geradeaus und voller Hochachtung.
    »Oh, danke, daß du das getan hast. Ich hab’ sie im Dunkeln fallen lassen, ich ließ sie los, als ich nach dem Auge griff, oder hat sie meine Hand festgehalten? Egal, ich habe den Beutel fallen lassen, samt den Büchern. Ich komme hier nicht weg mit diesen Ketten, ich kann mich nicht rühren.«
    »Ich habe die Bücher mit zu uns nach Hause genommen, in die Rue Royale. Da liegen sie jetzt, zur Schau gestellt wie kostbare Steine, damit wir sie bestaunen können.«
    »Mmh, hast du schon die winzigen Bilder betrachtet, ich meine, sie wirklich genau angesehen?« fragte ich. »Ich noch nicht. Ich hab’ nur … es geschah alles so schnell hintereinander, und ich habe sie eigentlich nicht einmal aufgeschlagen. Aber du hättest den Geist von Roger an der Bar sehen müssen und hören, was er gesagt hat, als er mir die Bücher beschrieben hat.«
    »Sie sind phantastisch, großartig. Du wirst sie lieben. Du wirst dich in den kommenden Jahren immer wieder an ihnen erfreuen, wenn du sie, eine Kerze neben dir, betrachtest. Ich habe gerade erst begonnen, mich damit zu beschäftigen, darin zu lesen. Mit einem

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