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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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nicht einmal betreten müßtest. Du könntest das Tuch verbrennen, schätze ich. Aber es wäre doch interessant, wenn es nicht Feuer finge, oder? Aber gehen wir davon aus, es würde brennen, stell dir vor, es würde schwarz und flammte auf wie das Holz im Kamin, wenn du es mit der telekinetischen Kraft deines Geistes entzündetest. Was dann?«
    Ich brach in Tränen aus. Nein, so etwas konnte ich nicht tun. Ich konnte einfach nicht. Und schließlich war ich mir nicht sicher, war mir einfach nicht sicher. Wenn Gott mich nun hereingelegt hatte, nach Seinem Willen, galt das dann für uns alle?
    »Lestat!« Er funkelte mich an, oder besser gesagt, er durchbohrte mich mit seinem starren, autoritären Blick. »Ich werde dir jetzt etwas sagen, und hör mir gut zu! Pflege nie wieder so vertrauten Umgang mit den Menschen! Führe ihnen nicht noch mehr Wunder vor. Du kannst nichts weiter tun. Laß Dora erzählen, was und wie sie es will, von Engelsboten und allem sonst. Das ist sowieso schon Geschichte.«
    »Laß mich noch einmal mit den Reportern sprechen!«
    »Nein!«
    »Ich werde auch samtpfotig und brav sein diesmal, ich verspreche dir, ich werde niemanden erschrecken. Ich schwör’s dir, David…«
    »Zu gegebener Zeit, Lestat, wenn du dann noch willst … zu gegebener Zeit…«
    Er beugte sich vor und strich mir besänftigend übers Haar. »Komm jetzt mit mir. Wir gehen.«

Kapitel 25
    E s war kalt in dem Kloster. In den Räumen mit ihren dicken Ziegelmauern herrschten niedrigere Temperaturen als draußen. Mir schien, daß ich mich daran von meinem letzten Besuch her noch erinnern konnte. Warum hatte Dora mir das geschenkt? Warum? Sie hatte es mir überschrieben und Rogers Kunstschätze und Reliquien dazu. Was bedeutete das? Doch nur eins, daß sie sich davongemacht hatte, so wie ein Komet übers Firmament huscht.
    Gab es noch ein Land auf diesem Planeten, in dem ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre Geschichte mit dem Schweißtuch noch nicht in den Nachrichtensendungen aufgetaucht war?
    Doch wir waren daheim, dies war unsere Stadt, New Orleans, unser heimeliges Land, und hier fiel kein Schnee. Hier gab es nur den zarten Duft der Olivenbäume und der Magnolien in dem alten Klostergarten, die gerade ihre rosa Blütenblätter abwarfen. Sieh an, rosafarbene Blüten liegen am Boden.
    So ruhig hier. Niemand wußte von diesem Ort. So hatte also das »Biest« seinen Palast und konnte die Erinnerung an die »Schöne« pflegen und in alle Ewigkeit darüber grübeln, ob Memnoch in seiner Hölle weinte oder ob sie beide - die Söhne Gottes - im Himmelreich lachten!
    Ich betrat die Kapelle. Ich hatte geglaubt, ich fände Verpackungen, aufgehäufte Kisten und Kartons vor. Statt dessen fand ich hier ein Heiligtum in Vollendung. Alles war aufgestellt, wie es sich gehörte, ausgepackt, abgestaubt, standen die Dinge im dämmrigen Licht. Standbilder des heiligen Antonius, der heiligen Lucia, das Jesuskind von Prag in seinem spanischen Aufputz, und an den Wänden waren die Ikonen aufgehängt, fein säuberlich befestigt.
    »Aber wer hat das gemacht?«
    David war fort. Wohin? Er würde zurückkommen. Unwichtig. Ich hatte die zwölf Bücher. Ich brauchte ein warmes Plätzchen, wo ich mich niederlassen konnte, vielleicht die Altarstufen, und Licht brauchte ich. Mit nur einem Auge brauchte ich etwas mehr als den Schimmer, den die Nacht durch die hohen farbigen Glasscheiben warf.
    Eine Gestalt stand im Vestibül. Geruchlos. Ein Vampir. Mein Zögling, zweifellos. Jung. Es konnte nur Louis sein.
    »Hast du das alles gemacht?« fragte ich. »Hast du das alles hier so wunderschön angeordnet?«
    »Es schien mir das einzig Richtige zu sein.« Er kam auf mich zu. Ich sah ihn unverzerrt, obwohl ich den Kopf etwas zur Seite drehen mußte, um ihn mit dem einen Auge richtig ins Blickfeld zu bekommen; dabei mußte ich mich ständig zurückhalten, mein linkes, nicht vorhandenes Auge nicht aufreißen zu wollen.
    Groß, bleich, ein wenig ausgezehrt. Das schwarze Haar kurz. Die grünen Augen sehr sanft. Der anmutige Gang eines Wesens, das es nicht mag, zu lärmen oder Aufsehen zu erregen oder gesehen zu werden. Schmuckloser schwarzer Anzug - wie ihn die Juden in New York trugen, die sich draußen um die Kathedrale versammelt hatten und das ganze Spektakel beobachteten, oder wie die Amish-People, die mit dem Zug gekommen waren -, so einfach und schlicht wie der Ausdruck seines Gesichts.
    »Komm mit mir nach Hause«, sagte er.
    Diese menschliche Stimme. So

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