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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Morgens und schien eine Art Fortsetzung der eingebildeten Unterhaltung zu sein, die man an jenem turbulenten Karfreitag vernommen hatte. Der junge Mann stritt scharf mit sich selbst und machte sich Vorwürfe, dann war eine deutlich verständliche, schallende Auseinandersetzung von zwei unterschiedlichen Stimmen zu hören, von denen die eine scheinbar etwas forderte und die andere dies ständig verweigerte. Mrs. Ward lief rasch die Treppe hinauf und lauschte an der Tür. Sie konnte nur Bruchstücke wahrnehmen, deren einzig verständlichen Worte »muss es rot halten für drei Monate« lauteten. Als sie anklopfte, verstummten sogleich alle Geräusche. Als Charles später von seinem Vater dazu befragt wurde, sagte er, es gäbe gewisse Konflikte zwischen Bewusstseinssphären, die nur durch größte Fertigkeit zu umgehen seien, die er aber auf andere Ebenen zu übertragen versuche.
    Ungefähr Mitte Juni trug sich in der Nacht etwas Seltsames zu. Am frühen Abend waren aus dem Labor Lärm und dumpfes Poltern zu hören gewesen. Mr. Ward wollte schon nachsehen, was denn los sei, als alles auf einen Schlag wieder still wurde. Um Mitternacht, als die Familie sich schon zurückgezogen hatte, verschloss der Butler die Haustür für die Nacht, als nach seiner Aussage Charles irgendwie aufgelöst und unsicher mit einem großen Koffer in der Hand am Fuß der Treppe auftauchte und Zeichen gab, dass er hinauswolle. Der junge Mann sagte kein Wort, doch der pflichtgetreue Butler aus Yorkshire erhaschte einen Blick auf dessen fiebrige Augen und erschauderte ohne ersichtlichen Grund. Er öffnete die Tür und ließ den jungen Ward hinaus, doch am Morgen teilte der Butler Mrs. Ward seine Kündigung mit. Es habe, sagte er, etwas Unheiliges in dem Blick gelegen, mit dem Charles ihn angesehen hatte. Es sei nicht statthaft, dass ein junger Gentleman einen ehrlichen Mann derart anblicke, und er könne keine weitere Nacht in diesem Haus verbringen.
    Mrs. Ward ließ den Mann gehen, maß seiner Aussage aber keine größere Bedeutung bei. Es erschien ihr ziemlich lächerlich, sich Charles in dieser Nacht in einem derart grimmigen Zustand vorzustellen, denn solange sie wach gewesen war, hatte sie oben aus dem Labor leise Geräusche gehört, Geräusche wie von Schluchzen, auf und ab gehenden Schritten und ein Seufzen, das klang wie aus den bodenlosesten Tiefen der Verzweiflung. Mrs. Ward hatte sich angewöhnt, in der Nacht auf jedes Geräusch zu lauschen, denn das Rätsel um ihren Sohn ließ sie alles andere vergessen.
    Am Abend schnappte Charles Ward sich – ganz wie an einem anderen Abend fast drei Monate zuvor – sehr früh die Zeitung und ließ den Hauptteil verschwinden. Daran erinnerte man sich erst später, als Dr. Willett sich daranmachte, lose Enden miteinander zu verknüpfen und hier und da nach fehlenden Bindegliedern zu suchen. Im Archiv des Journal fand er den Teil, den Charles beseitigt hatte, und strich zwei Artikel als möglicherweise bedeutsam an. Es handelte sich um Folgendes:
    Weitere Grabungsaktionen auf dem Friedhof
    Heute Morgen entdeckte Robert Hart, Nachtwächter auf dem Nordfriedhof, dass auf dem ältesten Teil des Friedhofes erneut Grabschänder am Werk gewesen waren. Das Grab des Ezra Weeden, der laut seinem umgestoßenen und schwer beschädigten Granitgrabstein 1740 geboren wurde und 1824 verstarb, fand man ausgehoben und durchwühlt vor, was anscheinend mit einem aus einem anliegenden Werkzeugschuppen gestohlenen Spaten geschehen war.
    Was das Grab über ein Jahrhundert nach der Bestattung noch enthalten haben mochte, war bis auf ein paar Splitter vermoderten Holzes verschwunden. Es gab keine Reifenspuren, doch die Polizei hat einzelne Fußspuren in der näheren Umgebung entdeckt und vermessen, die auf einen Mann in teuren Stiefeln hinweisen.
    Hart neigt dazu, diesen Vorfall mit der verhinderten Grabungsaktion vom letzten März in Verbindung zu bringen, als eine Gruppe von Männern mit Lastwagen die Flucht ergriff, nachdem sie ein tiefes Loch gegraben hatte. Wachtmeister Riley von der Zweiten Polizeiwache hingegen verwirft diese Theorie und weist auf die erheblichen Unterschiede in den beiden Fällen hin. Die Grabung im März hatte an einer Stelle stattgefunden, an der keine Grabstätte bekannt ist, aber dieses Mal sei ein deutlich gekennzeichnetes und gepflegtes Grab offensichtlich mit Vorsatz durchwühlt worden, wobei in der Zerstörung des Grabsteins, der bis zum Vortag noch intakt gewesen war, eine bösartige Absicht

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