Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
Vom Netzwerk:
hätte. Der Himmel vor dem kleinen Fenster wirkte bereits dunkel; es konnte also nicht mehr lange dauern. Vielleicht wollte er sie ja wirklich heiraten. Vielleicht wollte er ihr ja tatsächlich alles geben, was ein Mädchen sich nur wünschen konnte.
    Doch plötzlich hörte Tessa die Stimme ihrer Tante Harriet in ihrem Kopf: Wenn du einen Mann gefunden hast, den du heiraten möchtest, Tessa, dann denk daran: Nicht an seinen Worten, sondern an seinen Taten wirst du erkennen, welch eine Sorte Mann er ist.
    Und natürlich hatte Tante Harriet recht: Kein Mann, den sie jemals würde heiraten wollen, hätte dafür gesorgt, dass sie wie eine Gefangene und eine Sklavin behandelt wurde. Und er hätte auch nicht ihren Bruder eingesperrt oder sie im Namen ihrer »Begabung« foltern lassen. Das Ganze war ein Hohn und ein Witz. Gott allein wusste, was dieser Magister mit ihr vorhatte, wenn er sie erst einmal in seine Finger bekam. Und falls er sie am Leben ließ, würde sie sich wahrscheinlich bald wünschen, lieber tot zu sein.
    Himmel, was für eine nutzlose Begabung sie doch besaß! Die Macht, ihr Erscheinungsbild zu verändern. Wenn sie doch nur die Macht besäße, Dinge in Flammen aufgehen oder Metall zerbersten oder Messer aus ihren Fingern wachsen zu lassen! Oder wenn sie die Macht hätte, sich selbst unsichtbar zu machen oder auf die Größe einer Maus zu schrumpfen ...
    Plötzlich wurde Tessa still, so still, dass sie das Ticken des Klockwerk-Engels an ihrer Brust hören konnte. Sie brauchte sich doch gar nicht auf die Größe einer Maus zu schrumpfen, oder? Sie musste sich lediglich so klein machen, dass die Fesseln um ihre Handgelenke locker herabhingen.
    Sie wusste, dass sie sich ein zweites Mal in eine bestimmte Person verwandeln konnte, ohne irgendeinen Gegenstand zu berühren, der diesem Menschen gehört hatte. Die Dunklen Schwestern hatten ihr eingebläut, wie das funktionierte. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Tessa froh über eine ihrer Zwangslektionen.
    Sie drückte sich fest in die harte Matratze und rief sich die Bilder wieder vor Augen: die Gasse, die Küche, die tanzende Nadel, den Schein der Gaslaterne. Durch reine Willensanstrengung leitete Tessa die Verwandlung ein. Wie heißt du? Emma. Emma Bayliss ...
    Die Verwandlung überrollte sie wie ein rasender Zug, nahm ihr fast den Atem, während sich ihre Haut veränderte und ihre Knochen sich neu zusammensetzten. Tessa unterdrückte den Schrei in ihrer Kehle und bäumte sich auf ...
    Und dann war es vollbracht. Blinzelnd starrte sie an die Decke, anschließend zur Seite auf ihr Handgelenk und die Fesseln. Da waren sie: Emmas Hände, zart und zerbrechlich, und das Seil lag locker um ihre dünnen Gelenke. Triumphierend riss Tessa ihre Hände aus den Fesseln, setzte sich auf und rieb sich die roten Striemen auf der Haut.
    Ihre Füße waren jedoch noch nicht freigekommen. Rasch beugte Tessa sich vor und fingerte fieberhaft an den Knoten herum. Wie sich herausstellte, war Mrs Black im Umgang mit Tauwerk geschickt wie ein Seemann: Als sich das Seil endlich löste, waren Tessas Finger eingerissen und blutig. Hastig richtete sie sich auf und sprang vom Bett.
    Da Emma wesentlich dünnere und feinere Haare als Tessa besessen hatte, waren mehrere Strähnen aus den Klammern gerutscht, die Tessas Locken zurückgehalten hatten. Ungeduldig warf sie sie nach hinten und schüttelte sich, um Emmas Gestalt abzulegen. Die Verwandlung fiel von ihr herab und es dauerte nicht lange, bis Tessa wieder ihre eigenen, kräftigen Haare zwischen den Fingern spürte. Ein Blick in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand verriet ihr, dass die kleine Emma Bayliss tatsächlich verschwunden und sie wieder sie selbst war.
    Ein Geräusch hinter ihr ließ sie herumwirbeln. Der Knauf ihrer Zimmertür drehte sich - vor und zurück, als hätte die Person auf der anderen Seite Schwierigkeiten, die Tür zu öffnen.
    Mrs Dark, durchfuhr es Tessa. Die Dunkle Schwester war zurückgekehrt, um sie auspeitschen zu lassen. Um sie zum Magister zu bringen. Tessa stürmte durch das Zimmer, schnappte sich den Porzellankrug vom Waschtisch und huschte lautlos neben die Tür. Dabei hielt sie den Krug so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
    Der Knauf drehte sich erneut und die Tür sprang auf. In der Dunkelheit konnte Tessa lediglich einen Schatten sehen, der nun das Zimmer betrat. Verzweifelt stürzte sie aus ihrem Versteck hervor und schwang den Krug mit aller Kraft ...
    Die schemenhafte

Weitere Kostenlose Bücher