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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Stadt der Stille abtransportiert, wo sie sorgfältig untersucht werden sollten. Vier dunkle Dellen im Boden deuteten die Stelle an, an der einst das Bett gestanden hatte.
    In den übrigen Räumen sah es auch nicht anders aus. Will versuchte gerade, das Fenster in einem der Zimmer zu öffnen, als er Jem hörte, der ihm aus dem letzten Raum auf der linken Seite des Ganges etwas zurief. Hastig lief Will zu seinem Freund und fand ihn in einem großen, quadratischen Zimmer, das Elbenlicht in der hoch erhobenen Hand. Und er war nicht allein: Ein einziges Möbelstück stand in der Raummitte - ein Polstersessel. Und in dem Sessel saß eine Frau.
    Sie war jung, vermutlich kaum älter als Jessamine, und trug ein schäbiges Kattunkleid. Ihre mattbraunen Haare waren im Nacken zu einem Knoten gesteckt, ihre Hände rau und gerötet und ihre Augen weit aufgerissen.
    »Ach herrje«, murmelte Will, zu überrascht für einen wortgewandteren Kommentar. »Ist sie ...«
    »Ja, sie ist tot«, bestätigte Jem.
    »Bist du ganz sicher?« Will konnte den Blick einfach nicht vom Gesicht der jungen Frau abwenden. Sie war bleich, aber nicht leichenblass und die im Schoß gefalteten Hände wirkten fast lebendig und nicht wie von Totenstarre erfasst. Vorsichtig trat Will an das Mädchen heran und legte ihr eine Hand auf den Arm, der sich unter seinen Fingern kalt und steif anfühlte. »Nun ja, sie reagiert nicht auf meine Annäherungsversuche, daher muss sie tot sein«, bemerkte er munterer, als ihm eigentlich zumute war.
    »Oder sie ist eine Frau mit Geschmack und Verstand.« Jem kniete sich vor den Sessel und schaute dem Mädchen ins Gesicht. Ihre blassblauen, hervorstehenden Augen starrten an ihm vorbei und wirkten vollkommen tot, wie aufgemalt. »Miss«, sagte Jem und griff nach ihrem Handgelenk, um ihren Puls zu überprüfen.
    Im selben Moment bewegte sie sich, zuckte unter seiner Berührung zusammen und stieß ein tiefes, unmenschliches Stöhnen aus. Hastig richtete Jem sich auf. »Was in aller Welt ...«
    Die Frau hob den Kopf und starrte weiterhin mit leerem Blick geradeaus, doch ihre Lippen bewegten sich mit einem knirschenden Geräusch. Plötzlich schrie sie laut »Hütet euch!«, was Will dazu veranlasste, erschrocken einen Schritt zurückzuweichen.
    Die Stimme der Frau klang wie ein knirschendes Getriebe, als sie fortfuhr: »Hütet euch, Nephilim! So wie ihr andere richtet, so werdet auch ihr gerichtet werden. Euer Engel kann euch nicht vor dem schützen, das weder Gott noch der Teufel schuf, ein Heer, das weder im Himmel noch in der Hölle erwuchs. Hütet euch vor der menschlichen Hand. Hütet euch!« Bei den letzten Worten wurde ihre Stimme immer schriller und sie zuckte im Sessel hin und her wie eine Marionette, die von unsichtbaren Fäden dirigiert wurde. »HÜTET EUCH ... HÜTETEUCHHÜTETEUCHHÜTETEUCH ...«
    »Gütiger Gott«, murmelte Jem.
    »HÜTET EUCH!«, kreischte die Frau ein letztes Mal, stürzte dann aus dem Sessel und blieb reglos auf dem Boden liegen, alle Gliedmaßen von sich gestreckt.
    Mit offenem Mund starrte Will auf die leblose Gestalt. »Ist sie ...?«, setzte er an.
    »Ja«, bestätigte Jem. »Ich denke, dieses Mal ist sie ziemlich tot.« Doch Will schüttelte den Kopf. »Tot? Nein, da bin ich anderer Ansicht, Jem.«
    »Wieso? Was meinst du denn dann?«
    Statt einer Antwort kniete Will sich neben die Frau, legte ihr zwei Finger auf die Wange und drehte ihren Kopf behutsam, bis er ihr Gesicht sehen konnte. Ihr Mund war weit aufgerissen, das rechte Auge starrte an die Decke. Aber das linke Auge baumelte etwa auf Höhe ihres Wangenknochens - es war mit einem spiralförmigen Kupferdraht in der Augenhöhle befestigt und hatte sich aus der Halterung gelöst.
    »Sie lebt nicht mehr, ist aber auch nicht tot«, sagte er. »Ich glaube, sie ist so etwas wie ... wie eine von Henrys technischen Spielereien.« Vorsichtig berührte er ihr Gesicht. »Wer kann ihr so etwas angetan haben?«
    »Ich kann nur Vermutungen anstellen. Aber sie hat uns Nephilim genannt. Sie wusste also, wer wir sind.«
    »Oder jemand anderes wusste es«, erwiderte Will. »Ich vermute einmal, dass sie gar nichts weiß. Meines Erachtens haben wir es hier mit einer Maschine, einer Art Uhrwerk zu tun - und ihre Zeit ist abgelaufen.« Langsam richtete er sich auf. »Nichtsdestoweniger sollten wir sie ins Institut schaffen; ich könnte mir vorstellen, dass Henry sie gern gründlich inspizieren würde.«
    Jem schwieg, den Blick auf die reglos daliegende Frau

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