Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
Vom Netzwerk:
länger auf den Sitzen halten können und johlten und knurrten und stießen unmenschliche, hungrige Laute aus.
    Will saß dagegen noch immer reglos inmitten der tosenden Menge, leicht vornübergebeugt wie ein Jagdhund, der darauf brennt, von der Leine gelassen zu werden. Langsam schob er seine linke Hand in die Westentasche und zog sie mit einem kupferfarbenen Gegenstand zwischen den Fingern wieder hervor.
    Der Phosphorisator.
    Hinter Tessa schob Magnus die Tür auf. »Schnell«, drängte er.
    Doch Tessa zögerte und schaute zur Bühne zurück, wo de Quincey nun hinter dem Gefangenen stand. Sein breit grinsender Mund war blutverschmiert. Theatralisch griff er nach vorn und packte die Spitze der schwarzen Haube, die der Gefangene noch immer über dem Kopf trug.
    Will erhob sich nun ebenfalls, den Phosphorisator in der hochgereckten Hand. Magnus fluchte leise und zog Tessa am Arm, die sich halb umdrehte, als wollte sie ihm folgen. Doch im nächsten Moment erstarrte sie mitten in der Bewegung, als de Quincey dem Gefangenen die schwarze Haube vom Kopf riss.
    Das Gesicht, das darunter zum Vorschein kam, war geschunden und mit blauen Flecken übersät, ein Auge war schwarz angelaufen und zugeschwollen und die blonden Haare klebten blutverkrustet und schweißgetränkt an seinem Schädel. Doch all dies spielte keine Rolle - Tessa hätte ihn immer wiedererkannt, überall und jederzeit. Und jetzt wusste sie auch, warum ihr der gellende Schmerzensschrei des Mannes so vertraut gewesen war.
    Der Gefangene auf der Bühne war Nathaniel.

11
WEN'GE NUR SIND ENGEL
    Wir alle sind nur Menschen,
Schwachheit ist unser Erb', und wen'ge nur,
Weil noch im Fleisch, sind Engel.
    WILLIAM SHAKESPEARE,
»KÖNIG HEINRICH VIII.«
    Tessa stieß einen gellenden Schrei aus.
    Keinen menschlichen Schrei, sondern den eines Vampirs. Das Geräusch, das aus ihrer Kehle drang, war ihr selbst fremd: Der schrille Schrei klang wie splitterndes Glas. Erst einen Moment später erkannte sie, dass sie statt unartikulierter Laute tatsächlich Worte ausstieß - allerdings nicht den Namen ihres Bruders, wie sie vermutet hätte.
    »Will!«, kreischte sie. »Will, jetzt! Tu es jetzt!«
    Ein empörtes Keuchen ging durch den Salon und Dutzende weiße Gesichter drehten sich ruckartig zu Tessa um: Ihr Schrei hatte die Vampirgemeinschaft aus ihrem Blutrausch gerissen. De Quincey stand reglos auf der Bühne. Selbst Nathaniel hatte den Kopf gehoben und starrte benommen in ihre Richtung, als fragte er sich, ob ihre Schreie nur eine Halluzination waren, hervorgerufen durch seine Todesqualen.
    Will, dessen Finger auf dem Knopf des Phosphorisators lag, zögerte und sein Blick traf sich quer durch den Raum mit Tessas.
    Der Blickkontakt dauerte nur einen Sekundenbruchteil, aber de Quincey bemerkte ihn dennoch. Schlagartig veränderte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht - als könnte er in ihren Augen lesen - und er riss eine Hand hoch und zeigte direkt auf Will. »Der Junge!«, fauchte er. »Haltet ihn auf!«
    Will riss sich von Tessas Anblick los. Die ersten Vampire bewegten sich bereits auf ihn zu, mit vor Zorn und Hunger funkelnden Augen, doch Will schaute an ihnen vorbei zu de Quincey, der mit wutverzerrter Miene auf ihn hinabstarrte. Dagegen zeigte Wills Gesicht keinerlei Gefühlsregung, als er dem Blick des Vampirs begegnete - keine Furcht, kein Zögern, keine Überraschung. »Ich bin kein Junge«, erwiderte er. »Ich bin ein Nephilim!«
    Und dann drückte er auf den Knopf.
    Tessa wappnete sich für einen blendenden Elbenlichtblitz. Stattdessen ertönte jedoch ein lautes Zischen, als sämtliche Kerzenflammen plötzlich grell aufflackerten und bis zur Decke emporschlugen. Funken flogen durch die Luft, bedeckten den Boden mit glimmender Glut, entzündeten die Vorhänge und steckten die Roben der Frauen in Brand. Im Nu war der Raum mit schwarzem Qualm und gellenden Schreien erfüllt - hohe, von Todesangst gepackte Schreie.
    Will war nicht mehr zu sehen. Tessa versuchte, nach vorn zu stürmen, doch Magnus - dessen Anwesenheit sie fast völlig vergessen hatte - packte sie am Handgelenk und riss sie zurück. »Miss Gray, nicht!«, rief er, und als Tessa nur noch fester zog, fügte er hinzu: »Miss Gray! Sie sind jetzt eine Vampirin! Wenn Sie Feuer fangen, werden Sie wie Zündholz in Flammen aufgehen ...«
    Und wie zur Unterstreichung seiner Worte landete in diesem Moment ein Funken auf Lady Delilahs weißer Perücke, die sofort in Brand geriet. Mit einem Aufschrei versuchte die

Weitere Kostenlose Bücher