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Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince

Titel: Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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vom Bock sprang, um den Schlag aufzureißen.
    Ein junges Mädchen kletterte aus dem Gefährt. Tessa schätzte ihr Alter auf vierzehn oder fünfzehn Jahre. Jedenfalls war sie noch nicht alt genug, um eine Hochsteckfrisur zu tragen, denn ihre langen schwarzen Haare wehten im Wind wie ein dunkler Seidenvorhang. Ihr blaues Kleid war schlicht, aber geschmackvoll. Das Mädchen nickte dem Kutscher zu, stieg die Stufen zur Eingangstür hinauf und hielt plötzlich inne. Langsam drehte sie sich um und schaute dann direkt in die Richtung, wo Jem, Will und Tessa kauerten. Es schien fast, als würde das Mädchen sie sehen, obwohl Tessa keinen Zweifel daran hatte, dass ihnen das hohe Gras genügend Schutz bot.
    Die Entfernung war jedoch zu groß, um die Züge des Mädchens zu erkennen - Tessa konnte lediglich ein blasses, ovales Gesicht unter den dunklen Haaren ausmachen. Sie wollte Jem gerade nach seinem Fernrohr fragen, als Will ein unterdrücktes Geräusch ausstieß - ein Geräusch, das Tessa noch nie zuvor gehört hatte, ein mattes, grässliches Keuchen, als hätte ihm jemand mit einem fürchterlichen Schlag auf die Rippen jegliche Luft genommen.
    Doch dann wurde ihr klar, dass es kein Keuchen war. Es war ein Wort. Aber nicht irgendein Wort, sondern ein Name. Und nicht irgendein Name, sondern einer, den sie bereits einmal aus seinem Munde vernommen hatte.
    »Cecily.«

6
UNTER DER STILLE SIEGEL
    Des Menschen Herz birgt heil’ge Schätze
Unter der Stille Siegel zart versteckt
Freuden, Träume und der Hoffnung Netze
Ihr Zauber bräche, würden sie entdeckt
    CHARLOTTE BRONTË,
»TROST FÜR DIE ABENDSTUNDEN«
[12]
    Die Tür des Herrenhauses schwang auf und das Mädchen verschwand im Inneren des Gebäudes. Gleichzeitig setzte die Kutsche sich wieder in Bewegung und ratterte um die Ecke, in Richtung Remise.
    Taumelnd kam Will auf die Beine; sein Gesicht hatte eine fahle graue Tönung angenommen, wie die Asche eines verloschenen Feuers. »Cecily«, stieß er erneut hervor, wobei in seiner Stimme eine Mischung aus Verwunderung und Entsetzen mitschwang.
    »Wer um alles in der Welt ist Cecily?«, fragte Tessa, richtete sich auf und wischte sich Gras und Disteln vom Kleid. »Will ...«
    Jem stand bereits neben seinem Freund und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Will, nun red doch endlich. Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    Will holte gequält Luft. »Cecily ...«
    »Ja, das sagtest du bereits«, bemerkte Tessa spitz. Als sie den scharfen Unterton in ihrer Stimme hörte, nahm sie sich vor, sich etwas zurückzuhalten. Es war nicht sehr nett, so mit jemandem zu reden, der offensichtlich völlig aus der Fassung gebracht war - selbst wenn derjenige darauf bestand, gedankenverloren in die Ferne zu blicken und in regelmäßigen Abständen »Cecily« zu murmeln.
    Aber es schien im Grunde keine Rolle zu spielen - Will hatte sie offenbar gar nicht gehört. »Meine Schwester«, erklärte er. »Cecily. Sie war damals ... du lieber Himmel, sie war neun, als ich mein Elternhaus verließ.«
    »Deine Schwester«, sagte Jem.
    Tessa spürte, wie das bedrückende Gefühl verschwand, das bis eben schwer auf ihrem Herzen gelastet hatte, und gleichzeitig verfluchte sie sich innerlich dafür. Welchen Unterschied machte es schon, ob Cecily Wills Schwester war oder ein Mädchen, das er liebte? Das Ganze betraf sie schließlich nicht im Geringsten.
    Im nächsten Moment setzte Will sich in Bewegung und stürmte blindlings den Hügel hinunter, quer durch Heide und Ginster.
    Sofort setzte Jem ihm nach und hielt ihn am Ärmel fest. »Will, nicht ...«
    Doch Will versuchte, seinen Arm aus Jems Griff zu befreien. »Wenn Cecily dort unten ist, müssen die anderen ... muss der Rest meiner Familie auch dort sein.«
    Tessa beeilte sich, zu den beiden aufzuschließen, und zuckte heftig zusammen, als sie über einen losen Geröllbrocken strauchelte und sich fast den Knöchel verstauchte. »Aber es ergibt doch gar keinen Sinn, dass deine Familie hier ist, Will. Dieses Anwesen hat einst Mortmain gehört. Das hat Starkweather erzählt und es stand auch in dem Dokument ...«, versuchte Tessa zu erklären.
    »Das weiß ich«, fauchte Will.
    »Cecily könnte möglicherweise bei jemandem zu Besuch sein ...«
    Will warf ihr einen zweifelnden Blick zu. »Hier, im tiefsten Yorkshire, ganz allein? Außerdem war das eben unsere Kutsche. Ich habe sie wiedererkannt. Und in der Remise steht kein anderes Gefährt. Nein, du kannst sagen, was du willst, aber ich

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