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Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince

Titel: Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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auf der gegenüberliegenden Sitzbank Platz genommen hatte. Sie verstand nun, warum eine wohlerzogene junge Dame niemals einwilligen würde, allein in einer Kutsche mit einem Gentleman zu reisen, der nicht mit ihr verwandt war. Das Ganze hatte etwas eigenartig Intimes an sich. Aber natürlich hatte sie selbst längst alle Anstandsregeln für junge Damen gebrochen - und zwar in der Nacht zuvor, auch wenn es ihr schien, als ob diese eine halbe Ewigkeit zurückliegen würde. »Will«, setzte sie erneut an.
    »Die Dame quält eine weitere Frage ... Ich kann es deinem Tonfall anhören. Wirst du denn nie müde, mich zu löchern, Tess?«
    »Nicht, bis ich alle gewünschten Antworten erhalten habe«, entgegnete sie. »Will, wenn Hexenwesen aus der Verbindung eines Dämons mit einem Menschen entstehen, was würde passieren, wenn es sich bei einem der Elternteile um einen Nephilim handelt?«
    »Ein Nephilim würde niemals zulassen, dass es überhaupt so weit kommt«, erklärte Will kategorisch.
    »Aber im Codex steht, dass die meisten Hexenwesen das Ergebnis einer ... Schändung sind«, wandte Tessa ein, wobei ihre Stimme einen Moment über dieses hässliche Wort stolperte. »Oder ein Gestaltwandlerdämon hat die äußere Hülle eines geliebten Menschen angenommen und den Partner durch einen Trick verführt. Jem hat mir erzählt, dass das Blut der Nephilim immer dominant ist. Und auch im Codex habe ich gelesen, dass die gemeinsamen Nachkommen von Schattenjägern und Werwölfen oder Feenwesen immer Schattenjäger sind. Wäre es dann nicht auch möglich, dass das Engelsblut in einem Nephilim den Dämonenanteil neutralisiert und dazu führt ...«
    »Es würde zu gar nichts führen.« Will zog den Vorhang einen Spalt auf. »Der Nachwuchs käme tot zur Welt. Sämtliche diese Kinder sind Totgeburten. Das Ergebnis einer Verbindung zwischen einem Dämon und einem Nephilim ist der Tod.« Im schwachen Lichtschein, der in die Kutsche fiel, warf Will Tessa einen skeptischen Blick zu. »Warum willst du das alles wissen?«
    »Ich möchte wissen, wer oder was ich bin«, erläuterte Tessa. »Ich glaube nämlich, bei mir handelt es sich um eine ... Kombination, die es so noch nicht gegeben hat. Halbelfe oder was weiß ich ...«
    »Hast du je daran gedacht, dich einmal in einen deiner beiden Elternteile zu verwandeln?«, fragte Will. »In deine Mutter oder deinen Vater? Dann hättest du doch Zugriff auf ihre Erinnerungen, oder?«
    »Ja, ich habe daran gedacht. Natürlich habe ich das. Aber ich besitze nichts mehr, was einst meinem Vater oder meiner Mutter gehört hat. Alles, was ich noch hatte und auf die Reise nach England mitgenommen habe, wurde mir von den Dunklen Schwestern abgenommen und weggeworfen.«
    »Und was ist mit deinem Klockwerk-Engel?«, hakte Will nach. »Hat er nicht deiner Mutter gehört?«
    »Ja, schon, aber ...« Tessa schüttelte den Kopf. »Ich habe es versucht, konnte jedoch nichts mehr von ihr darin aufspüren. Der Engel ist schon so lange in meinem Besitz, dass sich die Spuren meiner Mutter vollkommen aufgelöst haben, vermute ich.«
    Wills Augen funkelten in der Dunkelheit. »Vielleicht bist du ja ein Klockwerk-Mädchen. Möglicherweise hat Mortmains Vater, dieser Hexenmeister, dich zusammengebaut und jetzt will Mortmain sein Geheimnis herausfinden ... das Geheimnis, wie es seinem Vater gelungen ist, solch ein perfektes Lebensabbild zu schaffen, während Mortmain nur diese hässlichen Monstrositäten basteln kann. Womöglich schlägt in deiner Brust ja ein Herz aus Metall.«
    Tessa hielt erschrocken die Luft an und einen Moment wurde ihr schwindlig. Seine leise Stimme klang so überzeugend ... und dennoch ... »Nein«, widersprach sie scharf. »Du vergisst, dass ich mich an meine Kindheit erinnere. Aber mechanische Kreaturen verändern und entwickeln sich nicht. Außerdem würde das auch nicht meine besondere Gabe erklären.«
    »Ich weiß«, räumte Will grinsend ein, wobei seine Zähne in der Dunkelheit kurz aufleuchteten. »Ich wollte nur sehen, ob ich dich überzeugen kann.«
    Tessa musterte ihn ruhig. »Ich bin nicht diejenige von uns beiden, die kein Herz besitzt.« Obwohl sie Wills Gesicht im Dämmerlicht nicht gut erkennen konnte, spürte sie, dass er feuerrot anlief. Doch bevor er etwas erwidern konnte, kam die Kutsche abrupt zum Stehen. Sie hatten ihr Ziel erreicht.

12
DER BALL
    Nun senk’ ich ins Grab hinunter
Den toten Hass; mich bindet der Eid.
So froh und hell ist all mein Sinn,
Von jener Leichenlast

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