Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
beobachtet hätte, legte er ein ruhiges Lied auf,
das regelrecht zu einem Tanz einlud. Jack streckte seine rechte Hand nach vorne
und versteckte die linke hinter dem Rücken. Eine kleine Kniebeuge andeutend,
fragte er: „Darf ich bitten?“ und schaute Laura mit dem Blick eines verliebten
Teenagers an.
Laura
grinste nun und ahmte Jacks Verneigung nach. „Ich kann mir nichts sehnlicher
vorstellen, als mit Ihnen zu tanzen, werter Herr“, antwortete sie und legte
ihre Hand in die seine. Mit seinen starken Armen umschloss er ihre Taille und
fing an, sich rhythmisch zu bewegen. Laura lehnte den Kopf an seine Brust und
ließ sich von ihrem Mann führen.
Nach
dem Tanz küssten sie sich innig und tranken die angebrochene Rotweinflasche bis
zum Ende aus. Mit jedem Glas Alkohol wurden sie lockerer und ein wenig
verrückter. Der Rausch entfachte die Leidenschaft der frisch Vermählten und
ließ ihre Hormone verrückt spielen.
Als
es schon weit nach Mitternacht war und sie davon ausgehen konnten, dass die
Mädchen bereits friedlich in ihren Betten schliefen, gingen sie nach oben in
ihr Zimmer und liebten sich.
Sie
liebten sich lange und temperamentvoll. Der Rotwein in ihrem Körper machte sie
leichtsinnig, sodass sie weder auf den Schlaf ihrer Töchter noch auf den ihrer Nachbarn
Rücksicht nahmen. Erst als die ersten Sonnenstrahlen den Beginn des neuen Tages
verkündeten, ließen sie sich erschöpft und von der Liebe benebelt ins weiche
Bett fallen.
Jack
brauchte den Schlaf, um wieder zu Kräften zu kommen. Auch Laura hatte eine Erholungspause
mehr als nötig, denn seit dieser Nacht beherbergte sie neues Leben in ihrem
Bauch.
* * *
Die
halbe Nacht konnte Sydney kaum ein Auge zumachen. Zunächst lag sie nur
regungslos in ihrem Bett und dachte an Anthony – an sein Gesicht, das sie
regelrecht verehrte, seinen Körper und die Art, sich zu bewegen. Bei dem
Gedanken an ihn klopfte ihr Herz wie wild und das Blut strömte mit pochenden
Schlägen durch ihre Adern. Die Gedanken an den Jungen waren wie Wachmacher, wie
eine große Tasse starken Kaffees.
Nach
einer Weile wurde ihr langweilig; sie stand auf, nahm Waflor in die Arme und
kuschelte sich mit ihm unter die Decke. Sie strich ständig durch sein weiches
Fell, und das beruhigte sie. Kurz bevor sie jedoch einnicken konnte, um den
wohlverdienten Erholungsschlaf zu finden, hörte sie ihre Eltern die Treppe
heraufkommen. Sie schienen von ihrem Wein angeheitert zu sein und machten keine
Anstalten, Rücksicht auf ihre schlafenden Töchter zu nehmen. Jack stieß sich
mehrmals an den Wänden und fluchte leise. Laura lachte daraufhin, und das
Kichern drang durch die dünnen Wände bis in Sydneys Zimmer. Danach liebten sie
sich. Mensch, wie peinlich. Mit aller Kraft versuchte Sydney, sich das zweite
Kopfkissen auf die Ohren zu drücken, um die Laute aus dem benachbarten Zimmer
einzudämmen. Irgendwann schlief sie endlich ein.
Auch
wenn sie am nächsten Tag müde und erschöpft sein musste, strotzte sie nur so
vor Energie. Die peinlichen Ereignisse der letzten Nacht verschwiegen alle
gekonnt und sprachen nicht über die durch den Alkohol beeinflusste
Lärmbelästigung. Erst als die beiden Mädchen sich abends im Bad trafen, um sich
auf das bevorstehende Date mit den Jungs und auf das Sankt-Lukas-Fest
vorzubereiten, fing Marri an, leise zu kichern. Sydney verstand sofort den
Grund und folgte ihrem Beispiel.
„Das
möchte ich nicht noch mal erleben“, sagte Marri schließlich, als sie sich
beruhigt hatte. „Es ist wohl das Schlimmste, was man seinen Kindern antun
kann.“
„So
etwas sollte gesetzlich verboten oder zumindest mit einer Geldstrafe belegt
werden“, stimmte Sydney mit ihrer Stiefschwester überein.
Marri
war aufgeregt und gab sich alle Mühe, gut auszusehen. Sie empfand das Treffen
als ihre Chance, Aragon etwas näher zu kommen. Mit jedem Tag war ihre
Schwärmerei für den Jungen größer geworden, sodass es auch dem blindesten
Menschen in ihrer Nähe auffallen musste. Nicht nur Sydney und Elias, sondern
auch ihren Eltern entgingen die Gefühle nicht.
Sydney
dagegen verlor mit jedem weiteren Tag das anfänglich große Interesse an Elias.
Zu Beginn war er ihr sehr sympathisch und seine Nähe gefiel ihr, doch seitdem
sie Anthony das erste Mal gesehen hatte, konnte sie an keinen anderen Jungen
mehr denken als an den dunkelhaarigen und teils geheimnisvollen Burschen.
Deshalb konnte sie die euphorische Aufregung ihrer Schwester nicht ganz teilen.
Sie war lediglich
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