Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
darauf gespannt, endlich zu erfahren, worum es sich bei dem
berühmten Fest genau handelte. Und auch wenn sie es keinem sagen wollte, hoffte
sie doch insgeheim, Anthony dort zu treffen. Vielleicht war er ja außerhalb der
Schule anders und würde sie womöglich sogar ansprechen.
Die
Türglocke läutete zwei Mal und Marris Herzschlag setzte aus.
„Sie
sind da“, sagte sie fast hysterisch und sprühte sich die letzte Schicht
Haarlack über den Kopf. Einige Extraspritzer Parfüm, und sie war endlich
bereit, sich ins Nachleben zu stürzen.
„Passt
schön auf unsere Mädchen auf, hört ihr!“ Als Marri und Sydney die Treppen
hinuntersahen, hielt Jack bereits seine bekannte Vaterrede und fuchtelte
ermahnend mit dem Zeigefinger hin und her.
„Sie
haben unser Wort, Mr. Goodwin“, sagte Elias, und Aragon nickte zustimmend mit
dem Kopf.
„Wir
sind so weit“, verkündete Marri triumphierend und ging aufgeregt und mit
schlotternden Knien die Treppe hinunter.
Die
ganze Stadt schien in der heutigen Nacht draußen zu sein. Mancher Bewohner war
bereits angetrunken oder auf dem besten Weg dahin. Viele von ihnen waren
verkleidet, und Sydney kam sich vor, als ob sie gerade auf einer
Halloween-Party wäre, jedoch mit dem einzigen Unterschied, dass sich bei diesem
Fest nicht die Kinder, sondern vor allem die Erwachsene ausgelassen benahmen.
Die
Innenstadt sah am schönsten aus. Ein Meer aus Lichterketten schmückte die
Hausfassaden und ließ die Nacht zu einem bunten Lichterfest werden. Die
Besitzer der kleinen Läden in der Einkaufsstraße von Portland hatten ihre
Aufgabe mit Bravour gemeistert. Sydney staunte über die Schönheit der Läden,
die nun kein trostloses und langweiliges, sondern ein fröhliches und
aufmunterndes Bild vermittelten.
Der
Menschenstrom schien in eine bestimmte Richtung zu laufen. Dort war wohl der
Mittelpunkt des festlichen Geschehens. Elias und Aragon schlugen ohne Umwege
die gleiche Richtung ein, obwohl man auch denken konnte, dass sie dabei einfach
dem Strom der Menschenmasse folgten.
Nach
mehreren Umwegen wurde auch Sydney klar, wieso das Fest bei den Bewohnern so
beliebt war. Vor ihnen erstreckte sich ein Meer an Spielbuden, Kiosken, die
Süßwaren und andere Leckereien verkauften, Karussellen jeder Art und
Attraktionen, die von einem Gruselkabinett bis zu einer lustigen Sketchshow
reichten. Es war ein Paradies für jeden, der Spaß haben wollte, und eine
willkommene Abwechslung für eine unglücklich verliebte Person wie Sydney.
Nichts konnte einen besser aufmuntern als ein kandierter Apfel und Autoskooter,
dachte Sydney bei sich und lächelte entspannt. Ihre Schwester sah das Grinsen,
ahmte es nach und packte sie am Arm.
„Los,
ich kann’s kaum abwarten. Was sollen wir ans Erstes ausprobieren?“ Marri hielt
Sydney am Oberarm und zerrte sie hinter sich als sie ihre Gehgeschwindigkeit
erhöhte und fast zu rennen begann.
„Halt,
nicht so schnell“, rief Sydney zurück, doch es war bereits zu spät. Sie rannte
ihrer Stiefschwester hinterher und versuchte, mit ihr Schritt zu halten.
Bevor
Sydney sich versah, saß sie bereits mit einem vor Zucker triefenden roten Apfel
in der Hand auf dem Beifahrersitz eines blauen Flitzers. Es war ihr ein Rätsel,
wie Elias erraten konnte, worauf sie Lust hatte. Kurz nach ihrer Ankunft auf
dem Festgelände hatte er mit einem breiten Grinsen neben ihr gestanden und ihr
den kandierten Apfel entgegengehalten. Er selbst gönnte sich eine in dünne
Teighaut eingewickelte und mit Schokoladenguss umzogene Banane, die bereits zu
einem Drittel vertilgt war.
Die
Winson-Brüder saßen in einem blauen Skooter und schauten gierig in Richtung der
Mädchen. Sie waren fest entschlossen, ihnen zu beweisen, dass Männer die
besseren Autofahrer seien, auch wenn es sich dabei nur um eine Miniaturausgabe
derselben handelte. Marri hielt das Lenkrad fest umklammert und wollte die
Herausforderung annehmen und die selbstsicheren Jungs vom Gegenteil überzeugen.
„Halte
deinen Apfel gut fest, es wird gleich das eine oder andere Mal heftig rumpeln“,
sagte Marri und richtete ihren Blick starr nach vorne, ihre Gegner nicht aus
den Augen lassend.
Jedes
Mal, wenn die kleinen Wagen aneinanderstießen, mussten Sydney und Marri lachen.
Spielerisch lenkte Marri das Auto und wendete geschickt, um die beiden Jungs zu
überraschen und sie von der Seite anzufahren. Sydneys Nackenmuskulatur war
nicht besonders erfreut über die Zusammenstöße. Ihr Kopf schwankte oft von
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