Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
leichtes Lächeln.
Doch die anfängliche Freude wurde sofort von der nun auf ihm lastenden Verantwortung aufgezehrt. Dieser Mann gehörte zu dem Volk, dem sie bereits seit Jahren auf der Fährte waren, und nun gab es endlich eine heiße Spur, auf die sie so lange gewartet hatten. Sie mussten sich jetzt nur noch an seine Fersen heften und ihn verfolgen; eines Tages würde er sie schon an ihr Hauptziel führen.
Kalte Schauder liefen seinen Rücken hinauf. Sein Körper zitterte leicht vor Aufregung und riss ihn dadurch aus seiner Tagträumerei heraus.
„Wir müssen hier weg, Bruder“, sagte er schließlich zu Jeremy, ohne ihn weiter über seine neue Erkenntnis zu informieren.
„Der Bulle hat uns nicht erkannt“, antwortete Jeremy immer noch geistesabwesend.
„Zum Glück“, sagte Anthony und klopfte seinem Freund locker auf die rechte Schulter. „Komm, wir haben nicht mehr viel Zeit. Lass uns etwas Spaß haben!“
* * *
Kurz vor sechs Uhr erreichten sie das Hotelgelände. Sie lagen gut in der Zeit und mussten nicht mit einer Verspätung rechnen, womit sie sich auch eine Menge Ärger ersparten.
Für die Straßen New Yorks spielte die Uhrzeit keine Rolle. So wie an dem Abend zuvor wimmelte es auch zu dieser Stunde nur so von Passanten, die mit starrem Blick nach vorne aneinander vorbeiliefen. Keiner interessierte sich für den anderen, sondern versuchte nur, rechtzeitig zur U-Bahn-Station oder zu einem freien Taxi zu kommen. Der einzige Unterschied zum Vorabend war, dass es sich hierbei nicht mehr um feierdurstige Gesellschaften, sondern um das arbeitende Volk handelte.
Auch die Bettler und Obdachlosen krochen so langsam aus ihren nächtlichen Lagern heraus, die oft nur aus alten Zeitungen oder übereinandergestapelten Kartons zusammengezimmert waren, und begannen mit ihrer täglichen Suche nach etwas Essbarem.
Als ob sie sich untereinander abgesprochen hätten, näherten sich auch die übrigen Mitglieder ihrer Gruppe zur selben Zeit dem Hoteleingang. Ohne sich zu begrüßen, schritten nun alle zum Aufzug, der sie zu ihrem Boss bringen würde.
Von einer entspannenden Melodie begleitet, fuhren sie Stockwerk für Stockwerk nach oben. Anthony schaute sich die Gesichter der anderen an. Die kurze Auszeit hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Auf jedem Antlitz zeigte sich eine gewisse Zufriedenheit.
„Was sie wohl getrieben haben?“, fragte er sich und schaute auf die digitale Etagenanzeige, auf der fast im Sekundentakt neue Zahlen erschienen.
Im Grunde genommen interessierte ihn das überhaupt nicht. Er war immer noch von der Euphorie ergriffen, die sein Gemüt seit den Vorkommnissen an der Tankstelle wie nie zuvor beflügelten.
Keiner der Anwesenden wusste von seiner Fähigkeit. Noch nicht einmal Jeremy hatte er sein neues Geheimnis anvertraut. Obwohl sich alle Gruppenmitglieder mit der Kraft ihrer Gedanken jederzeit verständigen konnten, war es dem Einzelnen immer möglich, sich von den anderen abzukapseln.
Der leise Klang einer Glocke wies sie darauf hin, dass der Aufzug die gewünschte Etage erreicht hatte.
Anthony betrat erneut als letzter das Hotelzimmer und ließ diesmal die Tür langsam ins Schloss gleiten.
„Ich hoffe, ihr habt es euch gut gehen lassen“, hörte er sofort die vertraute und zugleich verhasste Stimme seines Bosses aus dem Inneren der Suite. „In den kommenden Wochen und Monaten werdet ihr nicht mehr so viel Freiheit zu spüren bekommen.“
Keiner der Anwesenden wagte etwas zu erwidern oder gar ein enttäuschtes Stöhnen von sich zu geben. Der Boss schritt mit dominantem Gang durchs Zimmer und schaute jedem einzelnen seiner Männer genau ins Gesicht.
„Unsere Suche neigt sich dem Ende zu. Seit gestern haben wir wieder Grund zur Hoffnung. Einer von ihnen befindet sich hier in dieser Stadt, und ich habe ihn erkannt.“ Die Aufmerksamkeit der anderen war nun geweckt. Mit weit geöffneten Augen starrten sie ihren Boss an und warteten gespannt auf seine nächsten Worte. Dieser setzte seine Inspektion fort und kam nun zu Anthony. „Wir müssen uns nur an seine Fersen heften, und er wird uns zu ihr führen. Sie alle werden unbewusst von ihr angezogen. Früher oder später werden wir sie schließlich kriegen.“
Ein Zucken durchlief die Gesichtsmuskulatur des Sprechers. Er starrte mit seinen dunkelbraunen Augen direkt in Anthonys Pupillen. Lange konnte Anthony diesem mentalen Druck nicht standhalten und senkte den Blick zu Boden.
Plötzlich ertönte ein markerschütterndes
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