Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
hätte sie sich jetzt in die Arme ihrer Mutter geworfen und losgeheult, selbst wenn sie Jocelyn nie hätte erklären können, weshalb sie weinte. Aber da das nun mal nicht möglich war, erschien es ihr als das Beste, sich an das Bett ihrer Mutter zu setzen und dort zu weinen.
Im Restaurant hatte sie sich noch ziemlich gut unter Kontrolle gehabt und Jace zum Abschied sogar kurz umarmt. Erst in der U-Bahn war sie in Tränen ausgebrochen und hatte hemmungslos geheult – wegen allem, was passiert war, wegen Jace und Simon und Luke und ihrer Mutter und sogar wegen Valentin. Sie weinte so laut, dass der Mann neben ihr wortlos ein Taschentuch zückte und es ihr anbot, woraufhin sie Was glotzen Sie denn so, Blödmann? gefaucht hatte, weil man das in New York nun mal so machte. Danach hatte sie sich etwas besser gefühlt.
Als sie sich nun dem oberen Ende der Treppe näherte, bemerkte sie eine Frau, die vor der gläsernen Eingangstür stand. Sie trug einen langen Umhang über einem Anzug – keine Kleidung, die man üblicherweise auf den Straßen Manhattans zu sehen bekam. Der Umhang war aus dunklem Samtstoff gefertigt und besaß eine weite Kapuze, die die Trägerin hochgeschlagen hatte, um ihr Gesicht zu verbergen. Clary sah sich rasch um und erkannte, dass offensichtlich niemand der anderen Krankenhausbesucher die Erscheinung vor dem Eingang wahrnahm. Es musste sich also um einen Zauberglanz handeln.
Auf dem Treppenabsatz angekommen, blieb Clary stehen und schaute die Frau an, deren Gesicht sie aber noch immer nicht sehen konnte. »Hören Sie, wenn Sie wegen mir hier sind, sagen Sie mir einfach, was Sie von mir wollen. Ich bin im Moment nicht in der Stimmung für Zauberglanz und diesen ganzen geheimnistuerischen Kram.«
Sie bemerkte, dass ein paar Leute um sie herum innehielten, um das verrückte Mädchen anzustarren, das offensichtlich mit einer Einbildung redete. Clary unterdrückte den Drang, ihnen allen die Zunge herauszustrecken.
»Also gut.« Die Stimme der Gestalt klang sanft und seltsam vertraut. Die Frau schob ihre Kapuze nach hinten und eine Fülle silberweißer Haare ergoss sich über ihre Schultern. Es war die Schattenjägerin, die Clary vor dem Eingang zur Stillen Stadt eingehend gemustert hatte, die Frau, die sie an der Tür des Instituts vor Maliks Messer bewahrt hatte. Aus der Nähe betrachtet, wirkte ihr Gesicht sehr kantig – zu spitz, um wirklich hübsch auszusehen –, aber ihre Augen leuchteten in einem warmen Haselnussbraun. »Ich heiße Madeleine. Madeleine Bellefleur.«
»Und …?«, fragte Clary. »Was wollen Sie von mir?«
Die Frau – Madeleine – zögerte. »Ich kenne deine Mutter, Jocelyn, von früher, aus Idris«, sagte sie. »Wir waren eng befreundet.«
»Tut mir leid, aber Sie können jetzt nicht zu ihr«, erwiderte Clary. »Keine Besucher außer den engsten Familienangehörigen, bis es ihr wieder besser geht.«
»Aber es wird ihr nicht besser gehen.«
Clary hatte das Gefühl, als hätte die Frau ihr ins Gesicht geschlagen. »Wie bitte?«
»Entschuldige, ich wollte dich nicht beunruhigen«, sagte Madeleine. »Es ist nur so: Ich weiß, was Jocelyn fehlt, und ich weiß auch, dass kein irdisches Krankenhaus irgendetwas für sie tun kann. Das, was mit ihr passiert ist … das hat sie sich selbst zugefügt, Clarissa.«
»Nein. Sie verstehen das nicht. Valentin …«
»Sie hat es getan, ehe Valentin sie in die Finger bekam. Auf diese Weise konnte er keine Informationen aus ihr herauspressen. Sie hatte das Ganze lange vorher geplant. Es war ein Geheimnis – ein Geheimnis, das sie nur mit einem einzigen Menschen teilte. Nur dieser Person hat sie anvertraut, wie der Zauberbann, den sie sich selbst auferlegt hat, umgekehrt werden kann. Diese Person bin ich.«
»Sie meinen …«
»Ja«, sagte Madeleine, »ich kann dir zeigen, wie sich deine Mutter wieder aufwecken lässt.«
Der dritte Band der Chroniken der Unterwelt mit dem Titel City of Glass erscheint voraussichtlich im Juli 2009.
D ANKSAGUNG
Dieses Buch wäre nicht entstanden ohne die Unterstützung und Ermutigung meiner Schreib-AG: Holly Black, Kelly Link, Ellen Kushner, Delia Sherman, Gavin Grant und Sarah Smith. Und ohne das NB-Team wäre ich ebenfalls aufgeschmissen gewesen: Justine Larbalestier, Maureen Johnson, Margaret Crocker, Libba Bray, Cecil Castellucci, Jaida Jones, Diana Peterfreund und Marissa Edelman. Weiteren Dank schulde ich Eve Sinaiko und Emily Lauer für ihre Hilfe (und ihre
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