Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
konnte er Wärme fühlen — wie ein elektrisches Spannungsfeld, das zwischen ihnen pulsierte. »Isabelle«, sagte er leise. Nicht Iz oder Izzy, sondern Isabelle . »Darf ich …«
Im selben Moment hielt der Aufzug mit einem deutlichen Ping im Erdgeschoss an; die Tür schwang auf und Alec, Maia und Jordan stürmten in die Eingangshalle. Alec warf seiner Schwester einen stirnrunzelnden Blick zu, als Simon und Isabelle hektisch auseinanderfuhren, doch bevor er irgendetwas sagen konnte, flog die Foyertür weit auf und etliche Schattenjäger drängten in das Gebäude. Simon erkannte Kadir und Maryse, die sofort quer durch den Raum auf Isabelle zustürzte, sie an den Schultern packte und wissen wollte, was genau passiert war.
Schweigend stand Simon auf, trat ein paar Schritte beiseite — er fühlte sich irgendwie unbehaglich — und wäre beinahe fast von Magnus umgerannt worden, der auf Alec zustürmte. Der Hexenmeister schien ihn nicht einmal wahrgenommen zu haben. Denn in ein- oder zweihundert Jahren wird es nur noch dich und mich geben. Wir zwei sind dann alles, was noch übrig ist, hatte Magnus zu ihm im Sanktuarium gesagt. Plötzlich fühlte Simon sich schrecklich einsam inmitten der Menge aus Nephilim und Schattenweltlern und drückte sich an die Wand, in der vergeblichen Hoffnung, dass man ihn nicht bemerkte.
Alec schaute in der Sekunde auf, als Magnus bei ihm war, ihn packte und fest an sich zog. Seine Finger tasteten das Gesicht des jungen Schattenjägers ab, als wolle er es auf Wunden oder Prellungen überprüfen, dann murmelte er leise: »Wie konntest du nur — einfach so zu verschwinden und mir nichts davon zu sagen … Ich hätte euch doch helfen können …«
»Lass das.« Mit rebellischer Miene wich Alec einen Schritt zurück.
Magnus hielt abrupt inne und richtete sich auf. »Es tut mir leid«, sagte er mit ernüchterter Stimme. »Ich hätte die Party nicht verlassen sollen. Ich hätte bei dir bleiben sollen. Camille ist ohnehin fort. Niemand weiß, wohin sie verschwunden ist, und da man Vampire nicht mithilfe von Runen orten kann …« Er verstummte und zuckte die Achseln.
Bewusst verdrängte Alec Camilles Bild aus seinem Gedächtnis — ihren Anblick, wie sie an das Leitungsrohr gefesselt gewesen war und ihn mit ihren eindringlichen grünen Augen flehentlich angesehen hatte. »Macht nichts«, sagte er. »Sie spielt doch keine Rolle. lch weiß, dass du nur helfen wolltest. jedenfalls bin ich nicht sauer, weil du von der Party abgehauen bist.«
»Aber du warst verärgert«, sagte Magnus. »Ich weiß, dass du wütend warst. Deswegen hab ich mir ja solche Sorgen gemacht. Einfach davonzulaufen und dich selbst in Gefahr zu bringen, nur weil du wütend auf mich bist …«
»Ich bin ein Schattenjäger«, erwiderte Alec. »Magnus, das ist meine Berufung. Das hat nichts mit dir zu tun. Beim nächsten Mal solltest du dich lieber in einen Schadenssachverständigen verlieben oder …«
»Alexander«, sagte Magnus ernst, »es wird kein nächstes Mal geben.« Dann lehnte er seine Stirn gegen Alecs und schaute ihm aus seinen goldgrünen, katzenartigen Pupillen tief in die blauen Augen.
Alecs Herz begann, schneller zu schlagen. »Warum nicht?«, fragte er. »Du lebst ewig — was aber nicht auf alle anderen zutrifft.«
»Ich weiß, dass ich das gesagt habe«, räumte Magnus ein. »Aber, Alexander …«
»Hör auf, mich so zu nennen«, forderte Alec. »Alexander nennen mich nur meine Eltern. Und vermutlich ist es sehr reif von dir, meine Sterblichkeit so schicksalsergeben hinzunehmen — alles muss eines Tages vergehen, blablabla —, aber was glaubst du, wie ich mich dabei fühle? Normale Paare können wenigstens hoffen — hoffen, gemeinsam alt zu werden, gemeinsam ein langes Leben zu führen und zum selben Zeitpunkt zu sterben. Aber wir können uns diese Hoffnung abschminken. Ich weiß ja noch nicht einmal, was du eigentlich willst.«
Alec war sich nicht sicher, welche Reaktion er erwartet hatte, Wut oder defensives Verhalten oder sogar eine humorige Antwort, doch Magnus senkte nur die Stimme und erwiderte heiser: »Alex … Alec, wenn ich dir den Eindruck vermittelt habe, ich hätte die Vorstellung deines zukünftigen Todes einfach so akzeptiert, kann ich mich nur entschuldigen. Ich habe es versucht, wirklich, und dennoch habe ich dich auch die nächsten fünfzig, sechzig Jahre immer nur an meiner Seite gesehen. Ich dachte, dass ich dann vielleicht bereit wäre, dich gehen zu lassen. Aber wir reden hier
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