Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
von dir und mir ist klar geworden, dass ich nicht hinnehmen will, dich zu verlieren — weder jetzt noch irgendwann in der Zukunft.« Sanft legte er seine Hände um Alecs Gesicht. »Mit anderen Worten: niemals.«
»Und was machen wir jetzt?«, flüsterte Alec.
Magnus zuckte die Achseln und lächelte dann; mit seinen wirren schwarzen Haaren und dem Funkeln in seinen goldgrünen Augen wirkte er plötzlich wie ein verschmitzter Teenager. »Das, was alle anderen auch machen«, erwiderte er. »Wie du schon gesagt hast: hoffen.«
Als Alec und Magnus sich in eine Ecke des Raums zurückgezogen und zu knutschen begonnen hatten, wusste Simon nicht, wo er hinsehen sollte. Er wollte nicht, dass sie sich von ihm in diesem intimen Moment beobachtet fühlten, aber wohin er auch sonst schaute, überall traf er nur auf die stechenden Blicke der Schattenjäger. Obwohl er ihnen geholfen hatte, Camille in der Bank gefangen zu nehmen, musterte keiner der Nephilim ihn besonders freundlich. Es war eine Sache, dass Isabelle ihn akzeptiert und in ihr Herz geschlossen hatte, aber die große Masse der Schattenjäger war eine völlig andere Geschichte. Er konnte ihnen genau ansehen, was sie dachten: »Vampir, Schattenweltler, Feind«, stand förmlich auf ihren Stirnen geschrieben. Und er war enorm erleichtert, als die Tür erneut aufflog und Jocelyn in die Eingangshalle stürmte, noch immer in ihrem blauen Partykleid und dicht gefolgt von Luke.
»Simon!«, rief sie in dem Moment, in dem sie ihn erblickte, und kam sofort zu ihm gelaufen. Zu seiner Überraschung zog sie ihn an sich und umarmte ihn kräftig, ehe sie ihn wieder freigab. »Simon, wo ist Clary? Ist sie …«
Simon öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus. Wie sollte er Jocelyn erklären, was im Laufe des Abends passiert war? Ausgerechnet Jocelyn, die mit Entsetzen würde feststellen müssen, dass so viele von Liliths Gräueltaten — die von ihr ermordeten Kinder, das von ihr vergossene Blut — nur dazu gedient hatten, weitere Kreaturen wie Sebastian zu erschaffen. Kreaturen wie Jocelyns eigener toter Sohn, dessen Leichnam nun in einem Sarg auf der Dachterrasse lag, wo Clary sich genau in diesem Moment zusammen mit Jace befand.
Das kann ich ihr nicht erzählen, dachte Simon, das kann ich ihr unmöglich erklären. Hilflos schaute er an ihr vorbei zu Luke, der ihn aus seinen ruhigen blauen Augen erwartungsvoll anblickte. Hinter Clarys Familie konnte Simon sehen, dass die Schattenjäger sich um Isabelle drängten, die vermutlich die Ereignisse des Abends für sie zusammenfasste.
»lch …«, setzte er hilflos an, doch dann öffnete sich die Aufzugstür abermals und Clary trat aus dem Fahrstuhl. Sie hatte ihre Schuhe verloren, ihr hübsches Satinkleid hing in blutigen Fetzen von ihr herab und ihre nackten Arme und Beine waren mit bereits verblassenden Blutergüssen übersät. Aber sie lächelte — sie strahlte sogar und wirkte glücklicher, als Simon sie seit Wochen erlebt hatte.
»Mom!«, rief sie und ihre Mutter stürmte zu ihr, riss sie in die Arme und drückte sie fest an sich. Clary schenkte Simon über Jocelyns Schulter hinweg ein kleines Lächeln.
Simon schaute sich kurz in der Eingangshalle um. Alec und Magnus waren noch immer mit sich selbst beschäftigt, Maia und Jordan hatten sich verdrückt und Isabelle war weiterhin von Nephilim umringt — er konnte hören, wie sie entsetzt keuchten und verwundert nach Luft schnappten, als die junge Schattenjägerin ihre Geschichte erzählte. Irgendwie hatte er den Verdacht, dass sie diesen Teil insgeheim sehr genoss. Isabelle liebte es, im Mittelpunkt zu stehen — egal, was der Grund für diese Aufmerksamkeit war.
Plötzlich spürte Simon, wie jemand ihm von hinten eine Hand auf die Schulter legte: Luke. »Und, ist mit dir alles in Ordnung, Simon?«, fragte er.
Simon schaute zu ihm hoch. Luke sah aus wie immer: solide, professorenhaft, absolut zuverlässig. Nicht im Geringsten darüber verärgert, dass sein Polterabend von einem plötzlichen dramatischen Notfall unterbrochen worden war.
Simons Vater war vor so langer Zeit gestorben, dass er sich kaum noch an ihn erinnern konnte. Seine Schwester Rebecca wusste noch ein paar Details — er hatte einen Bart gehabt und er hatte ihr immer geholfen, aus Bauklötzen tolle Türme zu stapeln —, doch Simon besaß keinerlei Erinnerung an ihn. Und genau diese Tatsache zählte zu den Dingen, von denen er immer angenommen hatte, dass er sie mit Clary gemein hatte … dass sie
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