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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ironisch eine Augenbraue in die Höhe. »Was hätte einer wie Sie jemandem wie mir schon anzubieten?«
    »Ich will, dass du mich auf meiner nächsten Reise begleitest.«
    »Wie bitte?«
    »Du wirst deine Strafe durch harte Arbeit abtragen«, fuhr der Forscher fort. »Waschen, putzen, Waffen reinigen, Besorgungen machen. Ich brauche einen Diener, der mir zur Hand geht und das tägliche Einerlei erledigt. Ein Junge, der es gewohnt ist, selbstständig zu handeln, und sich nicht fürchtet, wenn es mal brenzlig wird. Meine letzte Reise stand unter einem – sagen wir mal – ungünstigen Stern.« Der Forscher wechselte einen Blick mit Eliza, die immer noch stumm im Hintergrund stand. »Ich wurde beraubt und meine Diener ließen mich im Stich. Allesamt Leute, die ein ellenlanges Register an Referenzen vorzuweisen hatten. Menschen, die in den feinsten Häusern Berlins gearbeitet hatten. Und alle haben sie mich enttäuscht. Als sie merkten, dass kein Geld mehr da war, schwirrten sie auf und davon. Eliza und ich standen von einer Sekunde auf die andere ohne Personal da. Keine Diener, keine Träger, keine Führer. Wir mussten unverrichteter Dinge wieder heimkehren.
    Damals habe ich mir geschworen, nur noch mit einer kleinen Gruppe auf Reisen zu gehen. Mit Leuten, die sich in jeder Lage zu helfen wissen und die – wenn es die Situation erfordert – Dinge organisieren können, wenn du verstehst, was ich meine. Es würde zu lange dauern, dir das jetzt alles auf einmal erklären zu wollen, darum mache ich dir einen Vorschlag.« Er sah Oskar prüfend an. »Ich zeige dir mein Labor und erkläre dir, worum es geht. Du übernachtest hier und lässt dir die Sache durch den Kopf gehen. Wenn du dich morgen früh entscheidest zu gehen, werde ich dich nicht hindern. Wärst du mit diesem Angebot einverstanden?«
    Oskar blickte skeptisch. »Das ist doch ein Trick, habe ich recht?«
    »Kein Trick. Nur ein offenes und ehrliches Angebot.«
    Ha, dachte Oskar. Offen und ehrlich, dass ich nicht lache. Vermutlich genauso ehrlich wie diese Nummer mit dem Kompass. Andererseits: Was, wenn doch etwas dran war? Die Sache hatte auch ihren Reiz. Misstrauisch blickte er zwischen dem ungleichen Paar hin und her. In Anbetracht einer fehlenden Alternative nickte er vorsichtig. Morgen früh könnte er sich immer noch aus dem Staub machen.
    »Abgemacht«, sagte er. »Eine Nacht.«
    »Prächtig.« Humboldt rieb sich die Hände und stand auf. »Dann folge mir in mein Laboratorium. Ich bin sicher, es wird dir gefallen. Oh, ich vergaß zu fragen: Hast du Hunger? Eliza macht dir gerne eine Kleinigkeit. Dann kannst du dich etwas stärken, während ich dich herumführe.«

3
     
     
    Die Treppe, die in den Keller hinunterführte, roch alt und modrig. Die Stufen waren von der Feuchtigkeit ganz rutschig und aus dem Mauerwerk drang Schimmel. Die Petroleumlampe in Humboldts Hand spendete nur dürftiges Licht. Ihr flackernder Schein warf merkwürdige Schatten auf die grob behauenen Steine, sodass sie manchmal aussahen wie hämische Fratzen. So hatte Oskar sich immer mittelalterliche Folterkeller vorgestellt. In banger Erwartung eines Schreies oder des Klirrens von Ketten nahm er noch einen Bissen von seinem Brot. Eliza hatte es mit irgendeiner scharfen Wurst und exotisch schmeckenden Gemüsestückchen belegt. Der Geruch von Gewürzen und frischen Kräutern stieg ihm in die Nase.
    »Eine interessante Haushälterin haben Sie da«, bemerkte er. »Ein wenig seltsam, aber das Essen schmeckt sehr gut. Wo findet man so jemanden?«
    Humboldt war stehen geblieben und drehte sich zu ihm um. »Eliza ist weit mehr als nur eine Haushälterin«, sagte er. »In ihrem Land war sie eine mächtige Zauberin. Sie verfügt über Fähigkeiten, die du dir nicht einmal im Ansatz vorstellen kannst. Eine davon ist die Telepathie. Schon mal davon gehört?«
    Oskar schüttelte den Kopf.
    »Es ist eine Gabe, die es einem ermöglicht, über weite Entfernungen hinweg mit anderen Menschen zu kommunizieren, allein mittels der Kraft der Gedanken.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin nie dahintergekommen, wie sie es macht, aber sie kann es, das ist unbestritten. Echte Magie, wenn du so willst. Aber um deine Frage zu beantworten: Ihre Heimat ist Haiti, der westliche Teil der Insel Hispaniola, in der Karibik gelegen. Ein wildes und urtümliches Land. Seine Einwohner verstehen sich auf alle Sorten von Magie, manche gutartig, manche böse. Erinnerst du dich an das Pulver, das ich dir ins Gesicht geblasen

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