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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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jüngerer Zeit dazu übergegangen ist, Fotos auf Filmmaterial zu belichten.«
    »Ich erkenn da gar nichts.«
    »Du musst sie im richtigen Winkel zum Licht halten. Hier, probier es am besten selbst aus. Aber vorsichtig, sie ist von unschätzbarem Wert.« Humboldt reichte ihm die Platte. »Eigentlich ist diese Technik veraltet«, fuhr er fort. »Wer immer diese Aufnahme gemacht hat, muss jemand sein, dem es gelungen ist, die Kamera auf ein handliches Format zu verkleinern. Ein Spezialist vermutlich.«
    Oskar nahm das Metallblech und hielt es schräg gegen das Licht. Plötzlich erkannte er etwas. Ein Bild erschien. Es war völlig farblos, besaß aber trotzdem Tiefe und Details. Die Darstellung war so fein, dass man jeden Stein und jeden Grashalm erkennen konnte. Messerscharf ragte ein Zweig durchs Bild, an dem fächerartige Blätter hingen. Dahinter waren Häuser zu sehen. Merkwürdige Gebäude, die wie Wespennester aussahen und die, wie es schien, in eine Felswand hineingebaut worden waren. Strickleitern verbanden sie miteinander, während Hängebrücken die größeren Abgründe überspannten. Das Überraschendste aber waren die dunklen Flecken. Was Oskar anfangs für Wolken gehalten hatte, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Luftfahrzeuge. Schiffe, Boote und zigarrenförmige Ballons, große und kleine, wohin das Auge reichte. Manche von ihnen hatten entfernte Ähnlichkeit mit Libellen, andere mit Schneeflocken, wieder andere waren völlig fremdartig. Sie alle waren bemannt und schwebten durch die Luft wie die Samen einer Pusteblume. Oskar lief ein Schauer über den Rücken. Es kostete ihn einige Mühe, sich von dem Anblick loszureißen.
    »Faszinierend, nicht wahr?« Der Forscher nahm die Platte wieder an sich, schlug sie in die Tücher und legte sie zurück ins Fach.
    »Wo haben Sie die her?«, fragte Oskar.
    Humboldt deutete auf einen Fluss. »Gerüchten zufolge befand sie sich in einer Ledertasche, in der noch mehr von den Platten waren. Sie wurden an einen Sammler unbekannter Herkunft verkauft. Es war ein Riesenglück, dass ich überhaupt an diese eine gekommen bin. Gefunden wurde sie in einem Fluss namens Camana.« Er tippte auf die Karte. »Er entspringt hier oben in den Bergen und durchquert das Gebiet des Canon del Colca. Die Aufnahme muss also irgendwo hier gemacht worden sein.« Er umkreiste ein Gebiet von der Größe eines Daumennagels. »Ich werde demnächst dorthin aufbrechen und ich möchte, dass du mich auf dieser Reise begleitest. Betrachte es einfach als eine Art Bewährungsprobe. Entwickelt sich alles zu meiner Zufriedenheit, bekommst du von mir eine feste Stelle angeboten. Wenn nicht … nun, dann trennen sich unsere Wege. Was hältst du von dem Vorschlag?«
    Oskar hörte nur mit halbem Ohr hin. Er war immer noch ganz benommen von der Vision, die er gerade gehabt hatte. Das Bild auf der Kupferplatte hatte sich ihm ins Gedächtnis geprägt wie das Brandzeichen in den Rücken einer Kuh. Es war ihm unmöglich, es wieder abzuschütteln.
    »Wann geht es los?«, murmelte er gedankenverloren.
    »Unser Schiff startet in zehn Tagen.«

4
     
    Zur selben Zeit in New York …
     
    Der Zweispänner raste mit halsbrecherischer Geschwindigkeit entlang Manhattans 5th Avenue in Richtung Central Park. Die Pferde hatten Schaum vor dem Maul und ihre Flanken glänzten vor Nässe. Der Mann auf dem Kutschbock scherte sich keinen Deut um die Protestrufe der Passanten und die Flüche der Kutschenbesitzer, die Mühe hatten, ihre Pferde im Zaum zu halten. Immer wieder ließ er die Peitsche knallen, während er seine Tiere zu noch mehr Eile anfeuerte.
    Endlich tauchte das Gebäude des Global Explorer an der Kreuzung zur 58th East auf. Das Firmenlogo in Form eines gigantischen X schimmerte hoch über den anderen Dächern im Licht der Morgensonne. Zehn Flaggen, die eine Weltkugel, umrahmt von dem Firmenslogan ›Xplore the world in one day‹, zeigten, flatterten in der frischen Brise, die vom Hudson herüberwehte.
    Max Pepper war spät dran. Sein Chef, der Firmengründer und Zeitungsmogul Alfons T. Vanderbilt, war kein Mann, den man warten ließ. Er hatte die Pforten des Sitzungszimmers, in dem an diesem Nachmittag Punkt 17 Uhr eine außerordentliche Redaktionssitzung stattfinden sollte, bereits vor fünf Minuten öffnen lassen. In weiteren fünf Minuten würden sich die Türen, die zum Sitzungssaal führten, unwiederbringlich schließen. Waren sie erst einmal zu, öffneten sie sich erst wieder, wenn Vanderbilt es

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