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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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hat ein schönes Mädchen wie du denn in so einer Gegend verloren?«
    »Ich glaube, sie sucht nach einer Begleitung.«
    »Da kommen wir doch wie gerufen.«
    Wieder Gelächter.
    Max beschleunigte seinen Schritt und kam gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, was der Grund für ihre Belustigung war. Eine Dame war in Not geraten. Sechs ziemlich brutal aussehende Hafenarbeiter hatten einen Halbkreis um sie gebildet und drängten sie immer weiter zurück. Die Frau war vielleicht dreißig oder fünfunddreißig, so genau konnte er das nicht erkennen. Sie trug schwarze Stiefel, einen langen roten Rock und eine ebensolche Bluse nebst Handschuhen. Ihre weinroten Haare waren hochgesteckt und wurden von einem indigofarbenen Hütchen mit Perlenbesatz gekrönt. In ihrer Hand hielt sie einen Fächer, den sie schützend vors Gesicht hielt. Max konnte nur ihre Augen erkennen, aber selbst auf diese Entfernung bemerkte er, dass sie leuchtend grün waren. Der Kreis der Männer zog sich immer enger zusammen. Hinter der Frau ragte eine mannshohe Holzkiste auf, die jede Flucht unmöglich machte.
    »He, Sie da!«, brüllte er. »Lassen Sie die Lady in Ruhe!«
    Die Männer fuhren herum. Als sie Max Pepper sahen, brandete erneut Gelächter auf.
    »Na, was haben wir denn da?«, rief einer, während er sein Messer zog. »Einen echten Kavalier.«
    »Kommt einfach in unser Revier und hat noch nich’ mal ’ne Waffe dabei.«
    Mit einem Mal sah Max überall Klingen aufblitzen.
    Leider hatten sie recht. Außer seinem Spazierstock trug er nichts am Leib, was sich als Waffe gebrauchen ließ.
    Er sah sich um. Weit und breit keine Menschenseele.
    Er überlegte fieberhaft, ob er zurückrennen und Hilfe holen solle. Aber dann würde er die Frau ihrem Schicksal überlassen.
    Eine verzwickte Lage.
    Er tat das, was ihm in dieser Situation als das einzig Richtige erschien. Seinen Stock fest umklammernd, trat er auf die Männer zu. »Lassen Sie den Unsinn!«, rief er ihnen entgegen. »Wir können doch über alles reden. Wenn Sie hier Scherereien machen, laufe ich los und hole Hilfe. Das Büro der Hafenpolizei ist keine achthundert Meter von hier entfernt und ich bin ein sehr schneller Läufer. Wir können das so machen oder wir regeln das wie Männer. Was wollen Sie? Wollen Sie Geld? Ich habe Geld.« Er zog seine Brieftasche heraus und hielt sie hoch. »Damit können Sie sich einen schönen Abend in einem Freudenhaus leisten. Im Gegenzug lassen Sie die Lady frei.«
    Die Männer zögerten. Abgesehen von einem, der immer noch blöd grinste, schienen sie sich Peppers Angebot durch den Kopf gehen zu lassen. Max nutzte die Gelegenheit und holte einige Scheine heraus.
    »Ich habe hier sechs brandneue Dollarnoten. Für jeden von Ihnen eine. Das dürfte für einen vergnüglichen Abend mehr als ausreichen. Ich lege sie hier auf den Boden, sobald Sie mir die Lady rübergeschickt haben.«
    Unruhe entstand. Die Männer fingen an zu diskutieren. Die Frau selbst war aus dem Blickfeld ihres Interesses geraten. Genau wie Max gehofft hatte.
    »Na gut, Meister«, sagte einer der Kerle. Augenscheinlich der Anführer. »Da haben Sie Ihre Schnepfe.« Er packte die Frau und stieß sie unsanft nach vorn. »Aber keine faulen Tricks!« Pepper nickte zufrieden und legte die sechs Dollar auf den Boden. Damit sie nicht vom Wind davongeweht wurden, platzierte er vorsorglich noch einen Stein darauf.
    Die Frau ging ein paar Schritte, dann blieb sie stehen. Sie drehte sich um, sodass sie den Hafenarbeitern Auge in Auge gegenüberstand. Max begann sich zu fragen, warum sie nicht weiterging. Langsam zog sie sich das Hütchen vom Kopf. Sie löste den Gürtel an ihrem Wickelrock und ließ beides zusammen neben ihre Kopfbedeckung zu Boden sinken. Mit Erstaunen sah Max, dass sie lederne Reithosen trug. Die Matrosen starrten sie an, als wäre sie eine Fata Morgana. Als wäre es der Merkwürdigkeiten noch nicht genug, hob sie ihren Arm und schleuderte den Fächer mit einer fließenden Bewegung in die Luft. Wie von Zauberhand flog er in einem weiten Bogen um die Männer herum. Noch während sich alle Augen auf das merkwürdige Wurfgerät hefteten, schoss aus ihrem linken Ärmel eine Wurfschlinge. Blitzschnell wickelte sie sich um den Hals des Burschen, der am weitesten abseits stand. Die Frau zog ruckartig an der Leine und der Mann brach mit einem würgenden Laut zusammen. Dann löste sie das Kabel von ihrem Handgelenk. Der Fächer befand sich auf dem Rückflug. Plötzlich blitzten an seinen äußeren

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