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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Enden Klingen auf. Als einer der Männer das merkwürdige Geräusch des Wurfgerätes hörte und sich umdrehte, geschah es. Zischend fuhren die Klingen über seine Wange. Kreischend schlug der Mann die Hände vors Gesicht, während Blut zwischen seinen Fingern hindurchsickerte. Die Waffe landete punktgenau in der Hand der Frau. Sie klappte sie zusammen und lief auf die Männer zu. Ihre Bewegungen waren alles andere als damenhaft. Sie zeugten von einer ungeheuren Kraft und Dynamik. Max sah mit großen Augen, wie sie sich vom Boden abdrückte, einen enormen Sprung ausführte und zweien der Männer gleichzeitig aus der Drehung einen Tritt gegen das Kinn verpasste. Es gab ein Krachen, als ob trockene Äste zerbrächen. Die Männer taumelten zurück, fielen über die Kante des Piers und klatschten drei Meter tiefer ins Wasser. Leicht wie eine Feder landete die Frau auf ihren Füßen.
    Die verbliebenen zwei Männer brauchten eine Weile, um ihren Schreck zu überwinden. Sie warfen sich einen kurzen Blick zu, dann stürzten sie sich wutentbrannt auf den Racheengel, der da in Form dieser eleganten Dame auf sie wartete. Die Frau fächelte sich gelassen etwas Luft zu. Als die Männer nur noch drei Meter entfernt waren, ging sie in einen Handstand über und wirbelte mit weit gespreizten Beinen um ihre eigene Achse. Ihre Füße mähten die Angreifer um wie eine Sense das Gras. Dann stieß sie sich mit den Armen ab und landete wieder auf den Füßen. Ehe die beiden Männer auch nur daran denken konnten, sich aufzurichten und den Kampf fortzusetzen, war die Frau schon über ihnen. Dem einen das Knie ins Genick gedrückt und den anderen mit den Klingen ihres Fächers in Schach haltend, ließ sie keinen Zweifel daran, dass der Kampf zu Ende war.
    Max’ Beine fühlten sich an, als wären sie aus Gummi. In seinem ganzen Leben hatte er noch niemanden gesehen, der sich so schnell bewegen konnte.
    »Hören Sie auf«, keuchte er. Seine Stimme klang seltsam dünn in seinen Ohren. »Sie haben gewonnen. Lassen Sie sie gehen.«
    »Oder was?«, zischte die Frau und funkelte ihn mit ihren grünen Augen an. Max wusste nicht, was er darauf sagen sollte, darum hielt er den Mund.
    Die Frau nickte. »Sie haben recht. Das Pack ist es nicht wert.« Sie nahm den Schlägern die Waffen ab und warf sie in die Bay. Ehe sie aufstand, schlug sie dem einen noch einmal kräftig mit der flachen Seite ihres Stahlfächers auf den Hinterkopf. »Das war für die Schnepfe.«
    Die Männer robbten winselnd aus der Gefahrenzone.
    Mit geschickten Bewegungen band sie sich ihren Wickelrock um, nahm das Hütchen und klopfte den Staub ab. Dann ging sie zum ersten Opfer und löste ihm die Drahtschlinge vom Hals. Nach Luft ringend, kroch der Mann davon.
    Max betrachtete die Frau. Zum ersten Mal hatte er Zeit, sich ihr Gesicht anzusehen. Sie war außerordentlich hübsch. Eine schmale Nase, hohe Wangenknochen und Augen, die ein wenig asiatisch anmuteten. Das Einzige, was nicht ins Bild passte, war eine schmale Narbe, die sich quer über die rechte Schläfe bis zum Mund zog. Als ihre Blicke sich trafen, huschte ein Lächeln über ihre dunkelroten Lippen.
    »Mein Retter.« Das Lächeln bekam etwas Ironisches. »Ich vermute, Sie warten auf ein kleines Dankeschön. Nun gut, Sie haben es. Das war sehr mutig von Ihnen. Sinnlos, aber mutig.«
    »Die Männer waren bereit aufzugeben«, sagte Max.
    »Ja, das waren sie.«
    »Warum haben Sie sie trotzdem angegriffen?«
    »Erstens, weil ich es kann«, sagte sie. »Und zweitens, weil sie es verdient haben. Zu sechst gegen eine wehrlose Frau, das hat keinen Stil.«
    »Frau, ja – aber wehrlos?« Max hatte sich so weit erholt, dass er schon wieder Spaße machen konnte. Zögernd streckte er ihr die Hand entgegen. »Mein Name ist Max Pepper vom Global Explorer. Ich bin auf dem Weg zur Morning Star. Darf ich Sie ein Stück begleiten?«
    Die Frau nahm seine Hand gelassen entgegen. »Gerne. Wie es der Zufall so will, haben wir denselben Weg. Mein Name ist Stone. Valkrys Stone.«

14
     
     
    Die dampfbetriebene Barkasse schaukelte wie ein Korken auf den Wellen, während sie den Hochseedampfer Sakkarah hinter sich zurückließ und langsam auf die Küste Perus zu tuckerte. Unter der Last von vier Passagieren samt ihrem Gepäck stampfte und schnaufte das kleine Fährboot wie eine Lokomotive, die zu stark beladen ist. Drei Wochen Seereise lagen hinter ihnen. Drei Wochen schlechtes Essen, Geschaukel und enge Kabinen. Oskar konnte es kaum erwarten, seine

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