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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Alvarez die Begrüßung seiner Gäste. Dann klatschte er in die Hände. Ein Diener erschien. Ein Mann unbestimmbaren Alters, mit indianischen Gesichtszügen und Augen, die wie zwei kleine Kohlen glühten. »Exzellenz?«
    »Was darf ich Ihnen anbieten?«, wandte der Gouverneur sich an seine Gäste. »Wasser, Fruchtsaft oder Wein? Ein erlesener Tropfen, gekeltert aus den Reben meines eigenen Weinbergs.«
    Humboldt und Eliza entschieden sich für den Wein, während Oskar und Charlotte Saft nahmen. Der Indio verbeugte sich und verschwand.
    »Ihr Diener versteht unsere Sprache?«, erkundigte sich Oskar.
    »Ein wenig«, erwiderte Alvarez. »Seit den Tagen Alexander von Humboldts pflegt Peru einen intensiven diplomatischen Kontakt mit Ihrem Land. Deutsch zu sprechen gehört in den gehobenen Kreisen zum guten Ton, auch in der Dienerschaft. Aber Sie ahnen gar nicht, wie schwer es ist, diesen indianischen Halunken einen gepflegten Umgangston anzutrainieren. Kaum hat man ihnen ein paar Brocken beigebracht, haben sie sie auch schon wieder vergessen. Es ist wie der Kampf gegen Windmühlen.«
    »Cervantes«, murmelte Oskar. »Don Quichotte und Sancho Panza.«
    Alvarez hob die Augenbrauen. »Du hast Don Quichotte de la Mancha gelesen?«
    »Eines meiner Lieblingsbücher«, antwortete Oskar und es war nicht mal gelogen. Er liebte die Geschichte von diesem verrückten kleinen Landadeligen, der als Ritter durch die Lande zog und sich todesmutig in alle Gefahren stürzte.
    »Einen sehr belesenen Diener haben Sie da, Senior Humboldt, ich bin beeindruckt«, sagte Alvarez. »Ich muss gestehen, ich bin auch ein wenig neidisch. Sie haben nicht zufällig vor, ihn mir zu verkaufen?«
    »Nein«, lachte der Forscher. »Seine Dienste werden noch gebraucht.«
    »Schade.«
    Der Indianer war wieder erschienen und trug ein voll beladenes Tablett. Er stellte es auf einen Tisch und schenkte die Gläser voll, wobei er der Gruppe unentwegt seltsame Blicke zuwarf. Als er sich daranmachte, Humboldts Glas zu füllen, rächte sich seine Unaufmerksamkeit und er verschüttete etwas. Alvarez lief rot an und hieb dem Indianer mit der Reitgerte über den Rücken. »Ungeschickter Tölpel!«, brüllte er und ließ eine Tirade spanischer Schimpfwörter folgen. »Bist du nicht mal in der Lage, ein Glas Wein einzuschenken? Mach das sauber, und zwar schnell.«
    »Jawohl.«
    Wieder sauste die Reitgerte auf den Rücken des armen Mannes. »Wie hast du mich anzureden?«
    »Mit ›Señor‹.«
    »Merk dir das gefälligst.«
    »Si, Señor.«
    Oskar spürte, wie er sich innerlich verkrampfte. Er hasste es, wenn Stärkere auf Schwächere einschlugen, er hatte es selbst oft genug miterlebt. Alvarez mochte dem Indianer zwar körperlich unterlegen sein, aber er besaß die Macht und er nutzte sie gnadenlos aus. Oskar ballte die Fäuste. Plötzlich spürte er Humboldts Hand auf seiner Schulter.
    Der Forscher bedachte ihn mit einem strengen Blick. An Alvarez gewandt, fuhr er fort: »Lassen Sie doch, Gouverneur. Es ist ja nichts passiert. Er war nur von unserem Anblick abgelenkt. Offenbar bekommen Sie hier nicht allzu oft Besuch aus Europa.«
    Alvarez funkelte den Indianer immer noch böse an, dann stieß er ihn weg. »Verschwinde!«, fauchte er. Vor Anstrengung schnaufend, wandte er sich wieder an die Reisenden. »Sie können sich gar nicht vorstellen, was ich durchzumachen habe«, sagte er. »Es ist so gut wie unmöglich, in diesem Land gutes Personal zu bekommen. Diese Indianer …« Er ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.
    Der Indio verbeugte sich, dann huschte er zurück an seinen Platz und wartete ab, ob sein Herr weitere Befehle für ihn hatte. Ob er dankbar war, dass Humboldt sich für ihn eingesetzt hatte? Diese dunklen, ausdruckslosen Augen ließen nicht erkennen, was der Mann dachte.
    Alvarez erhob das Glas. »Auf Sie!«, proklamierte er lautstark. »Möge Ihre Reise in Peru unter einem guten Stern stehen.«
    Oskar führte sein Glas zum Mund und tat so, als würde er trinken, doch er schluckte keinen Tropfen hinunter.
    Von diesem Mann wollte er nichts geschenkt.
    Nach einem überschwänglichen Austausch von Komplimenten und der Würdigung Alexander von Humboldts, der dem kalten Meeresstrom, der hier vorbeifloss, seinen Namen gegeben hatte, stellte Alvarez sein Glas ab und begab sich hinter seinen Schreibtisch. »Darf ich fragen, was Sie in unser Land führt?«
    Aha, dachte sich Oskar, jetzt kommt der geschäftliche Teil.
    »Ich befinde mich auf einer Reise zu Ehren

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