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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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bringen. Vielleicht lassen Sie ja auch noch einmal mit sich reden, was Ihren Diener betrifft.« Er warf Oskar einen begehrlichen Blick zu.
    »Tut mir leid«, sagte Humboldt. »Ein Verkauf meines Dieners steht nicht zur Debatte.«
    Alvarez zuckte mit den Schultern und breitete seine Hände in einer Geste des Bedauerns aus. »Sie müssen Verständnis für meine Lage haben. Die Verwaltung eines solch großen Bezirkes bringt Kosten mit sich. Schon allein die Löhne, die ich meinen Angestellten zahlen muss …« Er nahm die Röhre und ließ sie wieder in der Schublade verschwinden. Dann ließ er die Hände auf den Tisch fallen. »So. Und jetzt muss ich mich von Ihnen verabschieden«, sagte er. »Meine Zeit ist äußerst knapp bemessen. Es hat mich sehr gefreut.« Mit ausgestrecktem Arm geleitete er sie zur Tür. »Ich erwarte Sie dann übermorgen Vormittag. Sagen wir um zehn? Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen die Papiere dann umgehend ausgehändigt werden. Genießen Sie solange unsere schöne Stadt.« Er drückte den Damen einen weiteren schmierigen Kuss auf den Handrücken, schüttelte Humboldt die Hand und klopfte Oskar auf den Rücken. »Adios, meine Freunde.« Zu dem Indio gewandt, sagte er: »Capac, du begleitest unsere Gäste hinaus. Und verlauf dich nicht wieder.« Der indianische Diener nickte, wartete, bis alle das Arbeitszimmer verlassen hatten, und schloss dann die Tür hinter seinem Herrn.
    »Das hat mir gerade noch gefehlt«, hörte Oskar den Forscher brummeln. »So ein verdammter Wucher! Wo soll ich binnen zweier Tage so viel Geld hernehmen?«
    Er sah, wie Eliza die Hand des Forschers nahm und leise flüsterte. »Nur nicht die Hoffnung verlieren. Es wird schon alles gut werden.«
    »Schön wär’s«, sagte Humboldt. »Das Geld war so eingeteilt gewesen, dass es für die Mulis und den Proviant gereicht hätte. Mit einem solch unverschämt hohen Wegezoll habe ich nicht gerechnet. Dieser Alvarez ist ein Blutsauger, wie er im Buche steht.« Wütend stürmte er voran in Richtung Ausgang. Oskar wollte sich gerade beeilen, ihn wieder einzuholen, als er plötzlich eine Stimme neben sich hörte, die leise flüsterte: »Problemas con el dinero?«
    Es war Capac, der Indianer.
    Verwundert blieb Oskar stehen. »Verzeihung«, sagte er, »ich verstehe leider kein Spanisch.«
    »Probleme mit Geld?«
    Oskar nickte. »Sieht ganz so aus.«
    Der Indianer blickte ihn aufmerksam an. »Kann helfen.«
    Oskar legte die Stirn in Falten. »Helfen? Wie?«
    Der Indianer deutete nach draußen auf die Sonne und machte dann eine Geste, als wolle er schlafen gehen. »Puesta del sol«, sagte er.
    »Puesta …?«
    »Si. Sonnenuntergang. Du kommen. Mejor solo, am besten allein.« Er blieb vor einem Fenster stehen und deutete nach draußen. Die Außenmauer, die das gesamte Gelände umgab, rückte an dieser Stelle bis auf etwa dreißig Meter an das Haus heran. Eine Leiter, wie sie für Gartenarbeiten benutzt wurde, lehnte an der Wand. Capac gab Oskar zu verstehen, er solle von außen auf einen Baum klettern, ein Stück auf der Mauer entlanglaufen und dann über die Leiter in den Garten kommen.
    Oskar verstand nicht. »Warum?«
    »Mein Herr gibt heute Abend cena … Abendessen. Du kommen, aber cutdado …«
    »Was meinst du?«
    Capac suchte nach Worten. »Aufpassen. Überall Wachen.« Er deutete aus dem Fenster. Die Wand war an dieser Stelle mit Weinranken bewachsen. Ein kleiner Balkon befand sich darüber.
    »Ich hier warten«, sagte er. »Geben dir dinero.«
    »Warum?«
    Der Indio legte seinen Finger auf die Lippen. »Muss helfen. Rapido. Freunde warten schon.« Er deutete auf die Gruppe, die sich draußen an der Kutsche versammelt hatte.
    Oskar versuchte, sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Hatte er den Indio richtig verstanden, dass er ihnen Geld geben wollte? Capac hasste seinen Herrn, so viel war klar. Indem er ihnen half, schadete er dem Gouverneur. Oskar beschloss, es darauf ankommen zu lassen. Was hatten sie schon groß zu verlieren? Er verabschiedete sich und beeilte sich, den anderen zu folgen.
    Humboldt hatte Wilma wieder eingefangen und schickte sich an, den beiden Damen in die Kutsche zu folgen. »Was habt ihr beide denn zu bereden gehabt?«, fragte er. »Sah ja sehr geheimnisvoll aus. Ich hoffe, du hast nichts über das Ziel unserer Reise verraten.«
    »Nein, nein«, sagte Oskar. »Capac hat uns bloß eine gute Reise gewünscht und gesagt, dass wir uns vorsehen sollen.«
    »Aha.« Der Forscher warf ihm einen

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