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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Reederfamilien in dieser Stadt. Stavros ist der Juniorchef, habe ich recht?«
    »Genau in dieser Funktion war er bei mir. Es geht um die verschwundenen Schiffe.«
    Jetzt wusste Papastratos, woher der Wind wehte. Natürlich hatte er die Geschichten gehört. Gerüchte von riesigen Seeungeheuern und mysteriösen Angriffen. Und jetzt kam dieser Humboldt damit ausgerechnet zu ihm.
    »Haben Sie davon gehört?«
    »Natürlich«, erwiderte Papastratos. »In den Kneipen wird viel darüber spekuliert. Wildes Seemannsgarn, das kann ich Ihnen erzählen. Ich wüsste aber nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen könnte. Vielleicht versuchen Sie es mal bei der Schifffahrtsbehörde.«
    Humboldt seufzte. »Da waren wir schon. Ebenso beim marinebiologischen Institut der Universität. Wir sind von Pontius zu Pilatus gelaufen, aber niemand glaubt an die Geschichte vom Seeungeheuer. Alle gehen davon aus, dass die Schiffsunglücke irgendwelche natürlichen Ursachen haben. Seebeben, Stürme, Alkoholismus, die Liste ist lang. Um ehrlich zu sein, ich habe mir so etwas gedacht, ich wollte nur erst alle Fakten beisammenhaben, ehe ich mir ein abschließendes Urteil bilde. Es gibt da allerdings eine Sache, die mich aufhorchen ließ. Vor etwa zehn Jahren schien schon einmal ein Unglück passiert zu sein. Eine Katastrophe, die erstaunliche Ähnlichkeit mit den jüngsten Fällen hat und die bis heute nicht aufgeklärt wurde. Wissen Sie etwas darüber?«
    Papastratos faltete die Hände, schwieg aber.
    »Herr Dekan, bitte. Was wissen Sie über einen Mann namens Livanos? Man sagte mir, Sie wären derjenige, der ihm am nächsten stand. Ein Spezialist, sozusagen. Man sagte mir, wenn ich etwas über ihn in Erfahrung bringen wolle, wären Sie der richtige Ansprechpartner.«
    Der Professor blickte auf. »Livanos«, sagte er. »Das ist ein Name, den ich seit einer langen Zeit nicht mehr gehört habe. Einer sehr langen Zeit …«
    Die Augen des Forschers weiteten sich hoffnungsvoll. »Dann können Sie uns also weiterhelfen?«
    Papastratos versank in Schweigen. Einerseits war er mit Arbeit eingedeckt, andererseits ließ der Name Livanos alte Erinnerungen wach werden.
    Er überlegte einen Augenblick, dann stand er auf. »Bitte entschuldigen Sie mich einen kurzen Moment.« Er öffnete die Tür und verließ das Zimmer. Als er seinen Assistenten sah, winkte er ihn zu sich. »Gregorios, ich will, dass du für heute alle Termine absagst. Ich möchte nicht gestört werden.«
    »Aber Ihr Treffen mit dem Direktor um zwei …?«
    »Ich sagte alle. Besorge uns ein paar Tassen Tee und etwas Gebäck, und zwar schnell, wenn ich bitten darf.« Er klatschte in die Hände und beobachtete, wie sein Assistent davoneilte, dann drehte er sich um und kehrte zu seinen Gästen zurück.
    Der Forscher hatte in der Zwischenzeit einen kleinen grauen Kasten hervorgeholt und ihn auf den Tisch gestellt. Papastratos blieb in der halb geöffneten Tür stehen.
    »Was ist denn das?«
    »Eine Übersetzungsmaschine«, erklärte Humboldt. »Sie wird unsere Unterhaltung erleichtern und gleichzeitig dafür sorgen, dass wir nicht belauscht werden. Möchten Sie sie einmal ausprobieren?«

 
9
     
     
    Oskar verfolgte die Unterhaltung mit gespannter Erwartung. Professor Papastratos war ein eleganter, gut gekleideter Mann Mitte fünfzig, mit einem kleinen Spitzbart, einem feinen Anzug und einem Zwicker auf der Nase. Sein graues Haar war ordentlich gescheitelt und hinter die Ohren gekämmt. Der Mann sah vertrauenswürdig aus. Sein Assistent, ein neugierig dreinblickender Wuschelkopf mit leuchtenden Augen, hatte in der Zwischenzeit ein Tablett mit Tee und Blätterteiggebäck gebracht und war neugierig in der Tür stehen geblieben. Oskar sah ihm an, wie gerne er das Gespräch verfolgt hätte. Doch der Professor winkte ihn energisch hinaus. Widerstrebend verließ der Junge den Raum. Als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, stand der Professor auf.
    »Sie wollen etwas über Alexander Livanos wissen? Nun, ich glaube, ohne Übertreibung sagen zu dürfen, dass ich ihm nahestand wie kein zweiter – obwohl wir so unterschiedlich waren wie Tag und Nacht. Er war etwas jünger als ich, doch er wusste schon damals genau, was er wollte. Livanos war eines der größten Genies unserer Zeit. Ein Mann, der gleichermaßen umstritten wie verkannt war. Alles, was er sagte, was er tat und dachte, war von einer Klarheit und Reife, wie man sie gewöhnlich nur bei wesentlich älteren Männern antrifft.« Er ging zu einem

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