Ciao Mayer
Ellenbogen auf den Tisch gestützt. „Ich versteh’ es nicht“, flüsterte er, „ich versteh’ es nicht.“
Elisabetta hatte der Szene wie versteinert zugesehen.
„Massimo“, sagte sie jetzt. „Massimo, was ist los?“
Er reagierte nicht.
„Massimo, um Himmels willen, sag’ doch etwas. Was ist denn passiert?“
„Das war’s“, antwortete der, „ich bin erledigt, endgültig erledigt!“
Sie erhob sich, schob ihren Stuhl ganz nahe an seinen, setzte sich darauf und zog Massimos Kopf an ihre Brust. Sie umfasste ihn mit ihren Händen, streichelte ihn. „Hey, Liebling, was hast du?“
Stammelnd begann Massimo mit kommentierenden Satzfetzen, aus denen Elisabetta nicht schlau wurde. Doch nach einigen Rückfragen gelang es ihm, zunächst sein weiteres, unabwendbares Schicksal und danach auch den Grund dafür zu schildern.
Der Chef, soviel stand fest, würde ihn rausschmeißen, und das zu Recht. Er, Massimo, hatte völlig versagt, total. Als Journalist war er eine absolute Niete, schon allein wegen des Handys, des ausgeschalteten, aber auch generell. Seine Zukunft als Reporter war verspielt, er war das Gespött seiner Zunft geworden. Nicht einmal aus dem Haus würde er noch gehen können, weil er das Gelächter einfach nicht ertragen würde. Ende, aus.
Seine Geschichte, seine Story, seine Lösung des Mordfalls Motti hatten alle, alle Zeitungen Italiens - nur seine Zeitung, die hatte die Story nicht! Weil der zuständige Reporter mit seiner Freundin ausgegangen war und weil er zu dämlich war, ein Handy einzuschalten! Weil er mit seinem Mädel im Bett lag, als alle Kollegen die Superstory aufschrieben! Weil er zu ruhen geruhte als alle anderen arbeiteten!
Wieso sie seine Story hatten? Ja, das wusste er doch nicht! Er hatte ja geschlafen! Gegessen und geschlafen! Wie sollte er da etwas wissen! Jedenfalls stand seine Geschichte in „Repubblica“ und „Corriere“, und wenn die sie hatten, dann hatten sie auch alle anderen.
Fünf Seiten hatte „Repubblica“ dazu gemacht. Einen Kasten auf der Titelseite, eine ganze Seite im Vermischten und natürlich den römischen Lokalaufmacher, der überhaupt nicht mehr enden wollte, seitenlang weiterging.
Und das Schlimmste wäre, jammerte Massimo weiter, es war alles so verdammt richtig, es stünde alles haar genauso in beiden Blättern, als ob er es geschrieben hätte - hatte er aber leider nicht!
Als er dies etwa drei- bis viermal erzählt hatte und schwieg, riet Elisabetta ihm, den Chefredakteur anzurufen. Jetzt gleich. „Gestehe alles! Erzähle, wie es war. Das ist mit Sicherheit besser, als zu warten, bis alles auf dem Weg ist und du nichts mehr ändern kannst.“
Nachdem sie ihren Rat drei- bis viermal in unterschiedlichen Formulierungen begründet hatte, griff er zum Telefon.
„Na du Held“, ging ihn die Sekretärin des Chefs fröhlich an, kaum dass er sich gemeldet hatte, „ich stell’ dich gleich durch, er wartet schon sehnsüchtig.“
Diese Art von Spott konnte Massimo jetzt am wenigsten leiden. Blöde Kuh, dachte er, obwohl er sie doch sonst so gut leiden konnte.
Der nächste Schlag kam unmittelbar danach.
„Einen schönen guten Morgen wünsch’ ich unserem neuen Starreporter“, meldete sich sein Chef.
Massimo war drauf und dran, das Gespräch abzubrechen. Er hatte Mist gebaut, okay, aber dieser Sarkasmus war nun wirklich nicht angebracht. Warum kann er nicht schreien, dachte er, und sagte: „Chef, glauben Sie mir, ich mache mir selber die schwersten Vorwürfe. Ich habe einfach wieder einmal vergessen, das blöde Handy einzuschalten und...“
„Wohl wahr“, unterbrach ihn sein Chef, „ich habe bestimmt fünfmal versucht, dich zu erreichen, aber immer vergebens. Mayer, du muss wirklich mal dein Verhältnis zu dieser wunderbaren Technik überdenken. Ein Reporter, der sein Handy hasst und es deswegen immer abmurkst...“ Er lachte über seinen Witz.
Massimo war nicht zum Mitlachen.
„Okay Chef, ich habe das Handy ausgeschaltet, ich war mit meiner Freundin, ähm, meiner Verlobten zum Essen am Meer und da habe ich das blöde Telefon einfach vergessen...“
„Ja, ja Mayer“, ging der Chef wieder dazwischen, „aber jetzt lass’ mal das Telefon weg, so interessant ist es ja nun auch wieder nicht. Außer dir benutzen es alle und basta, stundenlang darüber reden muss man nicht. Ich habe ja schon gesagt, ich habe versucht, dich zu erreichen, hatte aber keinen Erfolg. Natürlich hättest du sonst die Geschichte schreiben können. Es
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