Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)
ersten Mal wurde sich Ella der fremden Umgebung bewusst – und der absoluten Stille in dem kühlen, dämmrigen Korridor, der ein Stück weiter in ein unübersichtliches Gewirr weiterer Flure und Gänge überging. Da sie einfach blindlings losgelaufen war, wusste sie weder, wo sie sich befand, noch wie weit sie sich vom Haupttrakt des Palasts und den anderen Gästen entfernt hatte.
Sollte sie ihm das etwa gestehen und sich dadurch noch angreifbarer machen, als sie sich ohnehin schon fühlte? „Ich finde mich schon zurecht“, behauptete sie stur.
„Sicher? Der Palast ist nämlich ein wahres Labyrinth. Und die Vorstellung, dass Sie womöglich stundenlang in den dunklen Gängen herumirren, gefällt mir gar nicht.“
„Und als Wüstenprinz mit einem eingebauten Navi bereitet es Ihnen wahrscheinlich keine Probleme, sich zurechtzufinden?“
„Abgesehen davon, dass ich tatsächlich über einen ausgezeichneten Orientierungssinn verfüge, habe ich in diesem Palast viel Zeit verbracht, als Alex und ich noch Kinder waren.“
Ella hielt ihre Schuhe wie ein Schutzschild vor die Brust. Sich den hochgewachsenen Mann mit dem harten dunklen Gesicht als abenteuerlustigen Jungen vorzustellen, machte sie seltsam wehrlos. Am liebsten wäre sie erneut Hals über Kopf losgerannt.
Doch als sie seinem amüsierten Blick begegnete, beschloss Ella spontan, sich nicht länger zu zieren und sich von ihm helfen zu lassen. Danach musste sie ihn schließlich nie wiedersehen, außer vielleicht bei der Hochzeit, wenn ihre Schwester den Prinzen tatsächlich heiraten sollte! Allein deshalb war es wohl besser, wie zivilisierte Menschen auseinanderzugehen, zumal der Scheich sich offensichtlich bereit zeigte, ihre Champagnerattacke zu vergessen.
Diesmal war ihr Lächeln echt und fast entspannt. „In dem Fall … gern.“
„Gut, dann lassen Sie uns gehen“, erwiderte Hassan sanft und wusste genau, welchen Weg er einschlagen musste, um zum Ziel zu kommen.
Nahezu lautlos bewegten sie sich durch endlose Flure mit hohen Decken. Abgesehen davon, dass Hassan mit seinem breiten Rücken einen Teil des reichhaltigen Dekors um sie herum verdeckte, war Ella viel zu nervös, um die spektakuläre Umgebung zu würdigen, die zunehmend prachtvoller wurde, je näher sie dem Haupttrakt kamen. Ob der Scheich seine Umgebung immer so dominierte?
„Bleiben Sie noch länger auf der Insel?“, fragte er mitten in ihre Gedanken hinein.
„Mein Rückflug nach London ist für morgen gebucht.“
„Nach dem Lunch?“
Ella zuckte mit den Schultern. Beim Gedanken an ein weiteres formelles Essen im Kreis von Leuten, die auf ihre Familie herabsahen, war ihr gar nicht wohl. Eigentlich hatte sie gehofft, gleich nach dem Frühstück in Richtung England verschwinden zu können, hatte dann aber lernen müssen, dass man zu Royals nicht Nein sagte.
„Ja“, antwortete sie schließlich.
Die Resignation in ihrer Stimme war nicht zu überhören und verblüffte Hassan. Dieses Jackson-Mädchen verhielt sich äußerst werkwürdig. Dafür, dass er ihr nichts nachtrug, hätte er wenigstens eine Spur Dankbarkeit erwartet. Und auf die verführerische Aktion mit ihren Schuhen hätte jede andere Frau mit einer wahren Flirtoffensive reagiert. Doch sie hielt den Blick fest nach vorn gerichtet – wie eine Langstreckenläuferin, die nur auf ihr Ziel fixiert war.
Gab es vielleicht jemanden, der sie erwartete? Oder kämpfte sie gegen das Verlangen an, das er in ihren Augen gesehen hatte, seit sie sich begegnet waren? Wohlgefällig und mit steigender Lust ließ Hassan seinen Blick über ihren phänomenalen Körper gleiten. Seltsamerweise wirkten die nackten Füße mit den silbernen Zehennägeln auf ihn weitaus erotischer als die schärfsten High Heels.
„Wie wäre es mit einem letzten Glas Champagner, bevor Sie gehen?“, fragte er, „oder hieße das, erneut Ärger zu provozieren?“
„Champagner?“, fragte Ella verblüfft. Was sie noch mehr als sein spontaner Vorschlag irritierte, war der unterschwellige Humor in der dunklen Stimme. „Tut mir leid, aber ich will auf keinen Fall zurück in den Ballsaal.“
„Durchaus nachvollziehbar, aber da wir hier direkt neben meiner Suite stehen, dachte ich, Sie wollten sie vielleicht sehen?“ Sein Lächeln nahm ihr den Atem. „Besonders, weil dort einige wirklich bemerkenswerte Gemälde hängen.“
Ironischerweise hatte er damit das einzige Thema angesprochen, bei dem ihr Herz tatsächlich höher schlug. Doch in dem, was er damit
Weitere Kostenlose Bücher