Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)
ehe man Ihre Abwesenheit bemerkt?“
Doch Hassan hörte gar nicht zu, zumindest nicht seinem Referenten. Mit erhobener Hand gebot er Stille und neigte lauschend den Kopf. Sein Körper war angespannt wie eine Stahlfeder. Hatte er nicht etwas gehört? Oder vielmehr jemanden? Oder hatten ihn die vergangenen harten Monate im Kampfgetümmel so misstrauisch werden lassen, dass er überall Gefahr witterte?
Dabei hätte er schwören können, der Raum wäre leer gewesen, als er sich hierher geflüchtet hatte. „Haben Sie nicht auch etwas gehört, Benedict?“, fragte er scharf und spürte ein vertrautes Prickeln auf der Haut.
„Nein, Euer Hoheit . Mir ist nichts Ungewöhnliches aufgefallen.“
Hassan zögerte einen Augenblick, dann nickte er und fühlte seine Anspannung nachlassen. Dieser Abend mochte ihm als übelste Party aller Zeiten in Erinnerung bleiben, aber wenigstens schien der Sicherheitsdienst im Palast zu funktionieren.
„Also auf! Kehren wir zu dieser Farce einer Verlobungsfeier zurück“, sagte er zynisch. „Vielleicht begegnet mir ja noch ein weibliches Wesen, das ausreichend attraktiv ist, um es auf die Tanzfläche zu schleppen.“ Er lachte hart auf. „Am besten eine Frau, die das genaue Gegenteil von Allegra Jackson und ihrem vulgären Familienklan verkörpert!“
Damit verließen die beiden Männer das dämmrige Foyer, während Ella Jackson in ihrem Versteck hinter einer antiken Holztruhe vor Wut am liebsten laut aufgekreischt hätte.
Wie konnte er es wagen?
Sekundenlang hielt sie den Atem an, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich allein war, bevor sie schnaubend aus ihrer Ecke kroch. Dabei stieß sie einen unterdrückten Laut aus, weil sich die aufgestickten Perlen ihres Kleids schmerzhaft ins weiche Fleisch ihrer nackten Arme drückten. Ella reckte die steifen Glieder und atmete tief durch, da sie zwischendurch immer wieder die Luft hatte anhalten müssen, um sich nicht zu verraten. Als dieser arrogante Typ glaubte, etwas gehört zu haben, befürchtete sie schon das Schlimmste und war noch nachträglich froh darüber, nicht entdeckt worden zu sein.
Was fiel diesem Menschen ein, nicht nur ihre Schwestern Allegra und Izzy, sondern ihre gesamte Familie aufs Übelste zu beleidigen?
Der andere Mann hatte ihn mit Euer Hoheit angesprochen. Und trotz seiner krassen Ausdrucksweise klang der Kerl ziemlich hochgestochen. Dazu diese dunkle Stimme mit dem leichten Akzent und der dominante, stolze Unterton.
Ob er dieser sagenumwobene Scheich war, um den alle so einen Aufstand machten? Der älteste Freund des zukünftigen Bräutigams, dessen Erscheinen jedermann entgegengefiebert hatte, als handle es sich um einen berühmten Hollywoodstar?
Egal, Manieren besaß er jedenfalls keine!
Gereizt strich Ella sich mit einer heftigen Geste die rotbraune Lockenflut aus dem erhitzten Gesicht. Eigentlich müsste sie ihre derangierte Frisur auffrischen, ehe sie sich wieder in die Verlobungsparty ihrer Schwester Allegra mit dem Kronprinzen von Santina stürzte. Dabei hätte sie liebend gern auf einen Monatslohn verzichtet, um nicht wieder in den Ballsaal zurückkehren zu müssen.
Was für eine Ironie, dass sie aus dem gleichen Grund geflüchtet war wie dieser unangenehme Scheich! Sobald Izzy die Bühne enterte, würde sie sich am liebsten in ein Mauseloch verkriechen! Dabei liebte sie ihre Schwester wirklich aufrichtig, wenn die sich nur nicht ständig zur Närrin machen würde. Wie konnte man nur darauf kommen, vor allen Leuten zu singen, obwohl man absolut talentfrei auf diesem Gebiet war?
Nachdem Ella sich in den Vorraum gerettet hatte, hatte sie sich beim Klang der Schritte instinktiv hinter einer riesigen, geschnitzten Truhe versteckt. Dann wurde die Tür geschlossen, sie war auf ihrem unfreiwilligen Lauschposten gefangen und musste hilflos mit anhören, wie dieser unangenehme Mensch ihre Familie in den Dreck zog.
Das Schlimmste daran war, dass er eigentlich nur die Wahrheit gesagt hatte.
Die Liste der Frauen ihres Vaters war tatsächlich ellenlang, wobei er wenigstens zwei von ihnen geheiratet hatte, die eine sogar gleich doppelt! Dazu kamen noch etliche Geliebte, von denen glücklicherweise nicht alle in den Schlagzeilen der Presse auftauchten.
Die hoffnungslose Liebe zu einem Mann, der einfach nicht treu sein konnte, hatte auch das Leben ihrer eigenen Mutter ruiniert. Ihre ebenso liebenswerte wie naive Mutter, aus deren blauäugiger Sicht der umtriebige Gatte ohne Fehl und Tadel war. Darum war sie
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