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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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hart genug gestraft. Alles andere müssen Sie dann mit sich selbst abmachen…“
    Zu Schlagers Tod machte ich keine weiteren Andeutungen, denn es gab ja keine Beweise, und die Sicherheit, mit der ich im Keller behauptet hatte, Wegmann sei sein Mö rder, war verflogen und ungeheuerlich. Ich hatte nicht die Absicht, mich mit dem Gedanken zu beschäftigen, die kurzfristige Überzeugung, mit der Kanüle im Arm, sei mehr gewesen als eine vage Ahnung.

    Und meine ehemaligen Kollegen? Sie waren zum größten Teil mangels Fluchtgefahr auf freiem Fuß, nur zwei in Untersuchungshaft, aber man nannte mir die Namen nicht, und ich fragte nicht nach. Es würde einen Prozess geben, aber meine Zeugenaussage war von geringer Bedeutung für die Beweisführung, da alle im Sinne der Anklage geständig waren. Metz würde den größten Teil der Schuld auf sich nehmen, da war ich mir sicher, und Härting das Leid der Welt weiter aus der Hubschrauberperspektive lindern. Es gäbe Bewährungsstrafen für lauter bisher unbescholtene Bürger, die in ihrer beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit unzähligen Menschen zur Hilfe geeilt waren.
    Einmal fragten die Beamten mich, wie hoch die kriminelle Energie der Tä ter und die von ihnen ausgehende Gefährdung einzuschätzen sei. Ich antwortete, dass sie subjektiv nicht aus niederen Motiven gehandelt, sondern sich einer höheren Wirklichkeit verpflichtet gefühlt hätten. Immerhin, kurz vor dem Ende hatten sie mein Leben gerettet, das war ein hübsches Paradox: Nicht der Mord an sich war undenkbar, ja; doch entschieden sie sich im letzten Augenblick dafür, mich zurück ins Diesseits zu holen, weil ihre Überzeugung sie zwang, meine Worte ernst zu nehmen, auch wenn diese ihre Überzeugung verneinten. Vielleicht war es auch einfach eine milde Art von Verwirrung, der mich rettete: der letzte verbliebene Zweifel am Absolutheitsanspruch einer Idee.

    Ein fremder Geruch umfing mich, als ich meine Wohnung nach insgesamt beinahe sechs Wochen zum ersten Mal wieder betrat, etwas Künstliches, Anorganisches. Ich riss die Fenster auf, sie waren trüb und regenfleckig, Staub hatte sich angesammelt. Am beschlagenen Glas der Duschkabine noch die Abdrücke von Natalias Händen. Ich konnte putzen, aber das Gefühl, hier zu Hause zu sein, war zur Erinnerung geworden. Zum ersten Mal kam mir in den Sinn, ein Buch zu schreiben.

    Erneuter Besuch beim Polizeipsychologen: Man riet zwar zu einem Neuanfang, einem Wechsel des Wohnortes, befand mich einer neuen Identität oder gar der Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm jedoch nicht für würdig. Teilte meine eigene Einschätzung hinsichtlich der geringen kriminellen Energie der Täter. Mit weiteren Übergriffen sei nach menschlichem Ermessen nicht zu rechnen.

    Ich kündigte die Wohnung. Überall zusätzliche Kosten, sechs Monatsmieten wegen der frühzeitigen Beendigung des Vertrages, aber mein ohnehin nur vager Bezug zum Wert des Geldes hatte durch die Ereignisse weiter an Substanz verloren. Meine Uniform schickte ich mit dem Botendienst und ohne weiteren Kommentar zurück zur Wache, zu Händen von Lambertus.

    Ein letzter Blick zurück noch, bevor ich die Wohnung verließ: An einem verwehten, wechselhaften Frühlingstag, an dem der Wind auf mich Pfiff, während die Lichtfinger der Sonne sich durch eine schmale Wolkenlücke drängten, um den leeren Raum zu erhellen. Das Telefon, erst zum Ende des Monats abgemeldet, läutete. Nach kurzem inneren Zwist stellte ich den Seesack ab und griff nach dem Hörer.
    „ Hallo?“
    „ Bernd hier. Borsberger. Hallo.“ Eine Pause, dann von mir, angestrengt,
    „ Was kann ich für dich tun?“
    Er zö gerte kurz.
    „ Lambertus. Er hatte einen Schlaganfall.“
    Aus irgendeinem Grund fiel es mir leicht, mir diesen beweglichen, aktiven Mann gezeichnet und beeinträ chtigt, mit halbseitiger Lähmung vorzustellen.
    „ Schlimm?“, fragte ich, obwohl die Antwort klar war.
    „ Schlimm.“
    Wi eder eine Pause.
    „ Dachte, du solltest das wissen.“
    „ Wieso? Sollte ich mich vielleicht schuldig fühlen?“ Ich sah wieder Lambertus, stellte mir vor, wie sein Hirn nur mehr eingeschränkt funktionierte, so als ob die Hälfte der Schubladen klemmten, und fragte mich, welche Erinnerungen noch intakt sein mochten und welche vielleicht nicht. Vielleicht durchquerte er immer wieder die gleichen Abgründe, vielleicht war sein Geist an einem Ort des Trosts und der Wärme.
    „ Irgendwie hängen die Dinge zusammen.“
    Ich atmete durch,

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