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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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Circulus Finalis erfahren haben. Wir haben den größten Teil des Weges schon zurückgelegt. Es kann kein Zufall sein, dass du jahrelang dort ein und aus gegangen bist, wo die letzte Botschaft versteckt war oder vielleicht noch immer ist. Wir geben dir Gelegenheit, dich jetzt aus freiem Willen zu äußern. Erfahren werden wir die Wahrheit auf jeden Fall, so oder so. Du wirst uns nicht länger den Weg versperren.“

    Ich schwieg. Nichts mehr würde ich sagen, nichts sollten sie von mir hören, das in ihrem verqueren System eine passende Auslegung erführe, und es noch weiter festigen würde. Auch wusste ich nicht, was ich hätte tun können, damit sie mir glaubten, und so wartete ich einfach, wie lange es dauern würde, bis sie begriffen, dass ich nichts mehr zu sagen hatte.
    Es dauerte weniger lange als vermutet. Vielleicht war das Warten fü r sie schwerer als für mich. Nach zwei oder drei Minuten trat Metz wieder vor. Ich sah ihn am Perfusor hantieren und eine moderate Durchflussrate einstellen, die von roten Digitalziffern angezeigt wurde. Dann drückte er auf Start, das Gerät gab ein kurzes, elektronisches Signal von sich, und durch den Schlauch, der es mit der Kanüle in meiner Vene verband, begann die durchsichtige Flüssigkeit zu rinnen.
    Da ich schon so lange gefangen war, schien mir das alles weniger als ein Akt der Gewalt, sondern als etwas Fließ endes, das schon vor langer Zeit begonnen hatte, oder als eine Art Auflösung. Ich beobachtete die spiralige, unendlich langsame Drehung des Kolbens am Perfusor. Die gegenwärtige Zeit, sonst so schwer zu fassen, dehnte sich in später, plötzlicher Großzügigkeit aus und gestattete mir das Verweilen im Augenblick. Ich bewunderte die Gestalt der Tropfen, die sich im langsamen Fall geringfügig verformte, schon bereit, ein Teil von mir zu werden.
    Vielleicht war das alles auch nur ein Trick? Ich spü rte die beginnende Müdigkeit und probierte Vorstellungen aus, so wie man vorsichtig mit der Zunge einen Zahn befühlt: dass der Perfusor nur eine Kochsalzlösung enthielte, Glucose oder ein stark verdünntes Beruhigungsmittel. Und wenn nicht – welchen Unterschied würde es für mich machen, im Augenblick? Würde ich nicht einschlafen, so oder so, und was machte es, ob ich einmal mehr aufwachte oder doch nicht? Man muss wissen, wann es Zeit ist, loszulassen.
    Von irgendwoher kamen mir meine ersten Schuljahre in den Sinn; ich musste an den Sportunterricht denken und hatte plö tzlich den Geruch der speckigen, blauen Turnmatten in der Nase. Wir spielten Völkerball: zwei Mannschaften, die sich, jede in ihrem eigenen Feld, gegenüberstehen. Ich sehe den Ball noch vor mir, mit dem wir spielten, aus dunkelrotem, an der Oberfläche zerpflücktem Schaumstoff, verschlissen vom häufigen Gebrauch. Man versuchte, die gegnerischen Spieler mit dem Ball zu treffen. Denn wer getroffen wurde, ohne den Ball fangen zu können, der war heraus aus dem Spiel, tot sozusagen, und musste sich in den jenseitigen Bereich um das gegnerische Feld begeben. Man war draußen, und obwohl das Spiel weiterging, nahm man nur sehr reduziert daran teil.
    Ich war gut darin, ausgesprochen gut, lange im Spiel zu bleiben; nicht so sehr, weil ich ein geschickter Fä nger war, sondern weil ich mich auf unvorhergesehene Weise ducken, auf den Boden werfen, oder wilde Sätze aus dem Stand heraus machen konnte. Ich vergaß, dass es sich um einen schaumstoffweichen Ball handelte, vor dem ich floh, und sprang um mein Leben. Und wenn, früher oder später, das Unvermeidliche geschah und ich getroffen wurde, dann war es wirklich wie ein kleiner Tod.
    Ich dachte an Klavierstü cke, die ich geliebt hatte und deren Töne unter meinen Fingern entstanden waren, und so oft ich sie auch gespielt hatte, so sehr ich mit manchen Stellen gekämpft hatte, manchmal fast bis zur Verzweiflung – wenn ich mich den letzten Akkorden näherte, dann war mir, als gehe etwas unwiederbringlich zu Ende, auch das ein kleines Sterben.
    Und plö tzlich zersprang meine innere Ruhe unter dem Druck einer ungeheuren, spontanen Wut. Ich wollte nicht am Rand stehen, während das Spiel ohne mich weiter gespielt wurde, das Geschehen weiter seinen Lauf nahm, von meinem Fehlen kaum Notiz nehmend. Ich wollte nicht verklingen, sondern die Musik von Neuem hören. Und mehr als alles in der Welt rührte meine Wut daher, dass ein paar Männer, fehlgeleitet von einer obskuren Lüge, die ihre Eitelkeit und ihre Neigung zum Makaberen ansprach, über mein

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