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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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Symbol dafür, dass ich die nötige Entschlossenheit, vielleicht auch eine gewisse Geringschätzung Unglück und Tod gegenüber mitbrachte.
    Mir kam das alles merkwürdig vor. Ein Jurist hätte einen – angesichts des Einsatzauftrags minder schweren – Fall von Fahrerflucht gesehen. Aber vielleicht war Lambertus Schlimmeres gewohnt. Vielleicht hatte jeder hier sich unter zweifelhaften Umständen bewährt, vielleicht hatte jeder hier schon einen Verstoß begangen, der es ihm unmöglich machte, sich über die anderen zu erheben.
    Vielleicht machte ich mir auch einfach zu viele Gedanken. Ist es nicht so, dass die meisten Menschen Erfolg sich selbst zuschreiben, den Misserfolg gerne ungünstigen Umständen? Warum konnte ich das nicht einfach auch so halten?

    Es gibt so viele unterschiedliche Wertesysteme wie Interessengebiete, und jedes ist ein kleiner Mikrokosmos für sich. Ein Wunder, wenn die Welt mit all diesen Paralleluniversen nicht in so viele Fragmente zersplittert, wie Menschen in ihr leben.
    Denn wer will, vielleicht auch, wer nicht mit profanen materiellen Gü tern wie Haus, Auto oder Boot punkten kann, dem bleibt die Möglichkeit, sich aufgrund seiner Leistungen und Kenntnisse, seiner Ausrüstung oder auch nur seines Engagements beim Fliegenfischen, Blitzschach, Orientierungslauf oder beim Sammeln von Überraschungseiern anderen überlegen zu fühlen. Es finden sich leicht Argumente dafür, die Bereiche, in denen man stark ist und sich zuhause fühlt, als maßgeblich anzusehen: eine schlichte Quelle konstanter Selbstbestätigung, was nicht schlimm wäre, aber mitunter auch von Geringschätzung und Herablassung.
    In gewisser Weise funktioniert das natü rlich umso besser, je esoterischer das auserwählte Betätigungsfeld ist, und was wäre dem alltäglichen Leben mehr enthoben als der Rettungsdienst, dessen Ausübung eine Abfolge von Notfall- und Extremsituationen mit sich bringt.
    Das klingt vielleicht etwas konstruiert; auch Flie genfischer und Modelleisenbahner können wahrscheinlich ohne große Mühe erklären, was das Einzigartige an dem ist, was sie tun, und warum es womöglich geeignet ist, darauf einen Teil seines Selbstverständnisses aufzubauen. Eines jedoch bleibt: Die Rettungswache, auf der ich nach erfolgreich absolviertem Auffrischungskurs meinen Dienst begann, war eine Welt für sich, und sie hatte ihre eigenen Gesetze. Was passiert ist, hätte sonst nicht passieren können, und es lässt sich nur verstehen, wenn man sich auf diese Welt einlässt.

    Die Wache war klein, aber fein, mit einem rund um die Uhr betriebenen Rettungswagen sowie zwei Krankenwagen, die hauptsächlich für Verlegungen und Routineeinsätze geeignet und normalerweise nur tagsüber besetzt waren. Sie lag in einem Gewerbegebiet unklarer Ausrichtung, aber nicht weit entfernt vom Zentrum, in Sichtweite der Betonstelzen der Stadtautobahn und einer Autobahnauffahrt. Ganz in der Nähe ragte der Wasserturm auf, fast so etwas wie ein Wahrzeichen: auf einer runden, sich vom Schmutz der Stadt langsam dunkel färbenden Betonsäule eine Plattform mit einer umlaufenden Reihe schon lange nicht mehr zukunftsweisend aussehender weißer Fenster, die zeitweise für Besucher zugänglich war. Doch was gab es schon zu sehen von dort oben? Die sich teilenden und vereinigenden Stränge der Autobahnen, in deren Schatten bescheidene Einfamilienhäuser aus der Nachkriegszeit an Wert verloren, und, durch die Abgase der vielfältigen Prozesse chemischer Produktion hindurch, natürlich den Fluss.
    Der Wachr aum verfügte über ein glänzend weißes Kontrollpult mit millimetergenau ausgesägten Einpassungen für diverse Schalter und Kommunikationseinrichtungen. Es gab eine Küchenzeile, die sauber zu hinterlassen eine Ehrensache war, und deren meist gebrauchten Einrichtungsgegenstände Mikrowelle und Kaffeemaschine waren. Eine anspruchslose, braune Couch und zwei Sessel standen, stets auf den Schirm des Fernsehers ausgerichtet, bereit. Im Nebenraum, durch eine Falttür aus Plastik getrennt, ermöglichten zwei Stockbetten soviel Nachtruhe, wie es die Rettungsleitstelle oder das Schnarchen der Kollegen zuließ. Das alles befand sich im ersten Stock; nicht über eine Rutschstange, sondern über eine Treppe war die Fahrzeughalle zu erreichen, in dem der fünftonnige Mercedes-Rettungswagen stand, der trotz Finanzierung durch die Stadt ganz und gar unser Rettungswagen war. Die Ausrüstung über vollständig, hier und da hatte man noch zusätzlich

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