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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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Glasscheiben kamen ins Rotieren, gleichzeitig war ein langgedehntes schwaches Zischen zu hören.
    Cirrus konnte den Blick nicht von Bottle Top wenden, der absolut still und mit ruhigem Gesicht dalag. Er dachte an die Millionen Nadeln, von denen er vorher gesprochen hatte, und bekam feuchte Hände.
    Dann, als er die Spannung nicht länger ertragen konnte und jeden Augenblick damit rechnete, sein Freund könnte sich plötzlich selbst in einem Blitz entladen, streckte Bottle Top die Hände zum Boden, und wie durch Zauberei schwebten sämtliche Federn, die er vorher auf die Bühne gestreut hatte, nach oben und blieben an seiner Haut hängen. Bottle Top war zu einem menschlichen Magnet geworden!
    Cirrus fiel begeistert in den Applaus ein, der wie eine Welle über die Bühne schwappte. Wieder entzückte Bottle Top die Zuschauer mit seinem strahlenden Lächeln.
    »Sehen Sie die Wunder der Natur in den Händen eines Kindes!«, sagte Mr Leechcraft, der weiterhin mit der Kurbel die Glasräder antrieb. »Und sehen Sie nun, welche Kräfte wir seiner Seele außerdem entlocken können.«
    Die Räder drehten sich schneller und schneller, und im Publikum wurde es wieder unruhig. Cirrus konnte nun die Anstrengung erkennen, die sich allmählich im Gesicht des Freundes ausbreitete. Schweißperlen rollten über seine Stirn, und seine funkelnagelneuen Zähne waren schmerzvoll zusammengepresst. Trotzdem ließ Mr Leechcraft nicht nach, sondern drehte ununterbrochen weiter.
    Schließlich erschienen kleine Spinnennetze aus Licht zwischen Bottle Tops Fingern, ein Blitz schoss über die Bühne und fuhr in eine etwa vier Meter entfernte Messingkugel. Das Publikum kreischte und brach in tosenden Beifall aus, in dem Bottle Tops schwache Schmerzensschreie untergingen.
    Ängstlich gespannt beobachtete Cirrus seinen Freund, der sich bemühte, keinen Mucks von sich zu geben, obwohl ihm Tränen über das Gesicht liefen.
    »Ich präsentiere Ihnen, meine Damen und Herren, den wahren Funken des Lebens«, sagte Mr Leechcraft mit einer langen, tiefen Verbeugung.
    Bottle Top wischte sich mit dem Ärmel die Tränen ab und wandte das Gesicht dem Publikum zu, aber sein Lächeln wirkte gezwungen.
    Mr Leechcraft war jedoch immer noch nicht fertig. Kaum hatte sich das Publikum beruhigt, bat er eine Dame auf die Bühne.
    »Madam, möchten Sie einen Engel küssen?«, fragte er und reichte ihr galant den Arm.
    Er geleitete die kleine pummelige Dame mit staubgrauer Perücke zu einem Schemel, der unmittelbar vor Bottle Tops Schaukel stand. Bottle Top wand sich unbehaglich, als er die Frau sah: Sie war alt, verhärmt, und auf ihrem Kinn prangte ein riesiger Schönheitsfleck, der aussah wie ein zerquetschtes Insekt. Sie kramte eine Münze aus ihrem Portemonnaie und gab sie Bottle Top, dann schloss sie die Augen, spitzte den Mund und beugte sich vor, um ihn zu küssen.
    Mr Leechcraft trat zurück und drehte wieder die Kurbel. Da zuckte ein Lichtblitz zwischen Bottle Top und der Frau auf, sie schrie und fiel in Ohnmacht. Bottle Top fuhr sich mit dem Finger über seine geschwollenen Lippen.
    Die Zuschauer brachen in schallendes Gelächter aus und erhoben sich, die Vorstellung war zu Ende.
    Nach und nach verließen die Besucher den Raum, begleitet von Ezekiel und Job, die sie mit erhobenen Kerzen durch das dunkle Museum zum Ausgang führten.
    Unterdessen eilte Mr Leechcraft zu dem Herrn von der Akademie. »Bitte, Sir, was halten Sie von unserer kleinen Vorführung?«, fragte er.
    Mr Sidereal sagte nichts, sondern sah immer noch zur Bühne, wo Bottle Top jetzt darauf wartete, herabgelassen zu werden. Statt ihn jedoch zu befreien, war Micah auf die Bühne gehuscht und machte sich an der Kurbel zu schaffen, sodass die Maschine einen neuen Energiestoß durch die Fußsohlen des Jungen jagte.
    Als Bottle Top vor Schmerz aufschrie, stürmte Cirrus aus dem dunklen Hintergrund auf die Bühne und wollte seinem Freund zu Hilfe eilen.
    Kaum war er jedoch auf den Schemel gestiegen, fuhr ihm ein Blitz in die Brust und schleuderte ihn zu Boden. Er schlug mit dem Kopf dumpf auf den Holzbrettern auf. Lichter hüpften und zuckten vor seinen Augen.
    Reglos blieb er liegen. In seinem Körper war ein Schmerz, als würde etwas zersplittern, und erst nach einer Weile konnte er sich langsam aufrichten.
    Plötzlich aber umkreiste ein Lichtschimmer, der von seiner Brust ausging, seinen Kopf. Als Cirrus über seine Kleider tastete, stellte er verblüfft fest, dass sich die Kugel unter seiner Jacke

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