City of Lost Souls
Ich kann dich von Sebastian trennen. Ich kann ihn töten, ohne dich dabei zu verletzen … «
Sein Gesicht zuckte. Seine Augen leuchteten in derselben Farbe wie das Feuer des Schwerts. Oder reflektierten sie nur das Licht? Clary war sich nicht sicher.
Doch als sie ihn musterte, erkannte sie, dass es keine Rolle spielte. Denn sie sah Jace und dann auch wieder nicht: ihre Erinnerungen an ihn, den wunderschönen Jungen, den sie vor Monaten kennengelernt hatte und der am Anfang rücksichtslos gegen sich und andere gewesen war und erst im Laufe der Zeit gelernt hatte, fürsorglich und vorsichtig zu sein. Clary erinnerte sich wieder an jene Nacht, die sie in Idris gemeinsam verbracht hatten, die Hände über dem schmalen Bett verschränkt. Dann an den blutüberströmten Jungen, der sie in Paris mit gehetzten Augen angesehen und ihr gestanden hatte, dass er jemanden umgebracht hatte.
»Sebastian töten?«, herrschte der Jace, der nicht Jace war, sie nun an. »Hast du völlig den Verstand verloren?«
Clarys Gedanken kehrten zu jenem Abend am Lyn-See zurück, als Valentin Jace das Schwert in die Brust gerammt und sie mit dem Gefühl zurückgelassen hatte, dass mit Jace’ Blut auch ihr Leben endete.
Sie hatte ihn dort sterben sehen, am Ufer dieses Sees in Idris. Und nachdem sie ihn zurückgeholt hatte, war er zu ihr gekrochen und hatte sie angeschaut, mit seinen Augen, die so brannten wie dieses Schwert – wie das weiß glühende Blut eines Engels.
Ich war in der Dunkelheit, hatte er gesagt. Dort gab es nichts außer Schatten und auch ich war ein Schatten … Doch dann hörte ich deine Stimme.
Aber seine Worte wurden von anderen überlagert, von Worten, die Jace erst kurz zuvor ausgesprochen hatte: Im Wohnzimmer von Valentins Wohnung, wo er Sebastian gegenübergestanden und Clary erklärt hatte, er wäre lieber tot als so weiterzuleben.
Auch jetzt konnte sie ihn hören: Er befahl ihr, das Schwert freiwillig herauszurücken, andernfalls würde er es ihr einfach wegnehmen. Seine Stimme klang hart, ungeduldig – der Ton eines Menschen, der mit einem ungezogenen Kind spricht. In diesem Moment wusste Clary, dass nicht nur Jace nicht mehr er selbst war, sondern auch sie nicht mehr die Clary, die er liebte. Dieses Mädchen war nur eine Erinnerung, ein verschwommenes, verzerrtes Bild einer gefügigen, folgsamen Person; einer Person, die nicht verstand, dass Liebe, die nicht freiwillig und ehrlich geschenkt wurde, in Wahrheit keine Liebe war.
»Gib mir das Schwert.« Er hatte die Hand ausgestreckt, das Kinn angehoben und befahl herrisch: »Gib mir endlich das Schwert, Clary!«
»Du willst das Schwert?« Clary hob Glorious an, so wie er es ihr beigebracht hatte, und balancierte es in den Händen, obwohl es sich sehr schwer anfühlte. Im nächsten Augenblick begann die darin eingeschlossene Flamme aufzulodern, bis zur Spitze und dann darüber hinaus, als würde das Feuer bis zu den Sternen reichen.
Jace war nur eine Schwertlänge von Clary entfernt; seine goldenen Augen funkelten ungläubig. Selbst jetzt schien er nicht glauben zu können, dass sie ihn ernsthaft verletzen würde.
Clary atmete tief ein. »Dann hol’s dir doch.«
Sie sah seine Augen aufblitzen wie damals am See – und dann rammte sie ihm das Schwert in die Brust, exakt wie Valentin es getan hatte. Clary verstand nun, dass es auf diese Weise getan werden musste. Denn genau so war er gestorben. Sie hatte ihn den Klauen des Todes entrissen, doch nun war dieser zurückgekehrt.
Man kann den Tod nicht betrügen. Letztendlich wird er sein Recht einfordern.
Glorious versank tief in Jace’ Brust und Clary spürte, wie ihre blutigen Hände über das Heft rutschten, als sich die Klinge zwischen die Rippen seines Brustkorbs bohrte und durch ihn hindurchfuhr, bis ihre Faust gegen seinen Rumpf stieß und sie erstarrte. Jace hatte sich nicht gerührt und Clary stand nun direkt vor ihm und umklammerte Glorious, während das Blut aus der Wunde in seiner Brust hervorzusickern begann.
Gleichzeitig ertönte ein gellender Schrei – eine Mischung aus Wut und Schmerz und Angst, das Kreischen einer Person, die brutal auseinandergerissen wurde. Sebastian, dachte Clary sofort. Sebastian, der laut brüllte, als sein Bund mit Jace durchtrennt wurde.
Aber Jace … Jace gab keinen Mucks von sich. Trotz allem wirkte sein Gesicht ruhig und friedlich – wie das einer Statue. Er schaute auf Clary hinab und seine Augen funkelten, als füllten sie sich mit Licht.
Dann ging er in
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