City Vampire - Nacht ueber New York
gewesen, die ihn abwechselnd zu verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen begleiteten. Aber, auch wenn er blendend aussah und es ihm an Verehrerinnen bestimmt nicht mangelte, so schien er auch nicht der Typ dafür zu sein. Aleksay Komanrov war ein Einzelgänger. Er war der Typ „einsamer Wolf“. Maggie musste unwillkürlich lächeln, als ihr diese Assoziation durch den Kopf schoss. Einsamer Wolf. Das passte gut.
Es war ein wundervoller Abend. Sie tranken Champagner und unterhielten sich über mehr als nur die Gemälde. Maggie lernte eine Seite an Aleksay kennen, die sie sie nicht vermutet hätte: Er war begeisterungsfähig. Bei einem Mann wie ihm war das durchaus etwas Besonderes.
Aleksay stellte Maggie den Künstler vor, einen jungen Mann in den Zwanzigern mit wildem blondem Haar und einem gepflegten Ziegenbärtchen. Er war genau so, wie man sich einen aufstrebenden Künstler in New York vorstellte: überdreht, etwas neurotisch, aber hochbegabt und von überschäumender Kreativität. Es stellte sich heraus, dass Aleksay ihn entdeckt hatte. Zwei Jahre war das her, da war er noch Straßenkünstler gewesen und hatte sich mehr schlecht als recht über Wasser gehalten. Aleksay hatte großes Talent in ihm gesehen und ihn den richtigen Leuten vorgestellt. Mittlerweile war er ein gefragter Mann der Szene; Privatsammler rissen sich um seine düsteren Werke. Der Künstler bedankte sich mehr als einmal überschwänglich bei seinem Mäzen und konnte nicht anders, als Maggie mehrfach zu versichern, was für ein großartiger Mensch Aleksay Komanrov sei. Ganz offensichtlich hielt er die beiden für ein Paar. Aleksay war die Lobhudelei sichtlich unangenehm, doch Maggie fand es geradezu amüsant. Als Aleksay es endlich geschafft hatte, den Maler wieder loszuwerden und sich zu verabschieden, lachte sie: „Und wieder entdecke ich eine neue Seite an Ihnen.“ Sie zwinkerte ihm keck zu. „Nicht nur Händler, sondern auch Förderer der Jugend.“
„ So würde ich das nicht sagen“, wich er aus. „Ich mache das nicht regelmäßig. Es war ein reiner Zufall, dass ich ein paar seiner Bilder sah. Und sie haben mich fasziniert. Etwas in mir geweckt. Ein solches Talent verdient es, beachtet zu werden. Und“, er drehte sich grinsend noch einmal zu der Galerie um, „wäre ich etwas geschickter gewesen, wüsste er gar nicht, wer ihm damals seine erste Vernissage ermöglicht hat. Ich hoffe, irgendwann hört er auf damit, mich zu beweihräuchern.“ Er grinste wieder.
Sie waren am Wagen angelangt und Aleksay hatte keine Eile, Maggie nach Hause zu bringen. Also fuhren sie gemächlich durch das nächtliche New York. Jeder der beiden genoss die Gesellschaft des anderen. Die glitzernden Wolkenkratzer huschten vorbei und die Stadt zeigte sich von ihrer besten Seite. Für den Moment war alles perfekt.
Schließlich begleitete Aleksay Maggie noch zur Tür ihres Hauses. Maggie rang mit sich: War es angebracht, ihn noch auf einen Drink hinein zu bitten? Und konnte er das womöglich als eindeutige Einladung werten? Umständlich schloss sie die Haustür auf, blieb dann auf der Schwelle stehen und drehte sich zu ihm um. Unschlüssig, was sie tun sollte, sagte sie nur: „Das war ein wunderschöner Abend. Vielen Dank, dass Sie mich in die Galerie mitgenommen haben.“
„ Ich habe zu danken“, erwiderte Aleksay. „Ohne Sie wäre es bei weitem nicht so amüsant gewesen.“ Einen langen Moment sah er sie einfach nur an. Maggie stand da wie erstarrt, unfähig, sich von der Stelle zu rühren oder etwas zu erwidern. Die Spannung zwischen ihnen wuchs von Sekunde zu Sekunde, bis sich Aleksay ganz langsam zu ihr vorbeugte. Maggie konnte den Blick nicht von seinen Lippen abwenden. Eine Ewigkeit verging, eine Ewigkeit der Erwartung, bis Maggie endlich den sanften Druck seines Mundes auf dem ihren spürte. Sie umfasste seine breiten Schultern und zog ihn dichter zu sich heran. Er ließ es zu, umschlang sie seinerseits mit den Armen und ergab sich ganz dem berauschenden Glücksgefühl, das ihn durchströmte. Lange standen sie so da, im Licht der Straßenlaternen und nahmen nichts mehr wahr außer den Lippen und der Leidenschaft des anderen. Dann, viel zu früh, löste er sich aus der Umarmung. Maggie hätte die ganze Nacht dort stehen bleiben und ihn küssen können.
„ Ich muss gehen“, sagte er und hob ihr Kinn sanft mit dem Finger an. Sein Blick fuhr durch ihre Augen hindurch direkt auf den tiefsten Grund ihrer Seele. „Gute Nacht, Maggie.“ Er
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