Clancy, Tom
die Dubai Waterfront, ein siebzig
Kilometer ins Meer hinausragender Halbmond; das Unterwasserhotel Hydropolis;
der Sports-City-Komplex und der Ski Dome; die Space Science World. In weniger
als einem Jahrzehnt hatte sich Dubai von einem abgelegenen Hafenstädtchen zu einem
der wichtigsten Ferienorte der Welt entwickelt, zu einem Spielplatz der
Superreichen. Nicht mehr lange, dachte Badr, und der Luxus und die Attraktionen
von Dubai würden auch Las Vegas übertreffen. Aber vielleicht wuchsen selbst
hier die Bäume nicht in den Himmel, ermahnte er sich selbst. Die
Weltwirtschaftskrise hatte schließlich auch die VAE nicht verschont. Viele der
über der Stadt aufragenden Kräne standen in Wirklichkeit still, weil den
Bauherren der Großprojekte das Geld ausgegangen war. Badr vermutete die Hand
Allahs hinter den Pleiten. Solche Dekadenz in einem arabischen Land war einfach
undenkbar.
»Großartig,
nicht wahr?«, hörte Badr hinter sich und drehte sich um.
»Entschuldigen
Sie bitte die Verspätung«, sagte der Immobilienmakler, »aber Ihnen ist sicher
aufgefallen, dass hier alles voller Baustellen ist. Mr. Almasi?«
Badr
nickte. Das war natürlich nicht sein richtiger Name, und der Makler konnte sich
das denken, aber einer von Dubais vielen Vorzügen war allgemeines Verständnis
für den Wunsch nach Diskretion und Anonymität bei den Heerscharen der Banker,
Broker und Makler vor Ort. Geschäft war Geschäft und Geld war Geld, und beides
galt mehr als belanglose und völlig subjektive Höflichkeitsregeln.
»Der bin
ich«, erwiderte Badr. »Vielen Dank, dass Sie die Zeit gefunden haben.«
»Nichts zu
danken. Hier entlang, bitte.«
Der Makler
ging zu einem wartenden Golfwagen hinüber. Badr stieg ein, und sie fuhren den
Pier entlang.
»Vermutlich
ist Ihnen aufgefallen, dass das Dock nicht aus Beton besteht«, bemerkte der
Makler.
»Ja, ist
mir aufgefallen.« Die Oberfläche sah ein bisschen wie Terrakotta aus.
»Das ist
ein Kompositmaterial - etwas Ähnliches wie synthetischer Decksbelag, wie ich
gehört habe, aber sehr viel stabiler und dauerhafter und absolut farbecht. Die
Designer hielten es für attraktiver als den üblichen grauen Beton.«
Sie
hielten vor einem Lagerhaus am Ende des Piers und stiegen aus. »Sie erwähnten,
dass Ungestörtheit wichtig sei«, sagte der Agent. »Entspricht das hier Ihren
Wünschen?«
»Ja, ich
glaube schon.«
»Wie Sie
sehen, steht es an der Ecke und hat daher zwei Anlegestellen, vorn und an der
Seite. Hier können gleichzeitig zwei Hundert-Meter-Frachter anlegen. Ladekräne
können bei Bedarf selbstverständlich gemietet werden.«
In Wahrheit
kannte Badr von dem, was seine Auftraggeber benötigten, eigentlich nur Größe
und Lage des Lagerhauses und die gewünschte Dauer. Leichter Zugang und
Ungestörtheit, so hatte man ihm gesagt, war das Wichtigste.
»Darf ich
mich drinnen ein wenig umschauen?«, fragte er.
»Selbstverständlich.«
Der Makler
nahm eine Codekarte, wie man sie in Luxushotels verwendet, und zog sie durch
ein Lesegerät neben der Tür. Ein sanftes Piepen war zu hören, und der Makler
drückte seinen Daumen auf ein Päd neben dem Lesegerät. Augenblicke später
öffnete sich das Schloss mit einem Klicken.
»Schlüsselkarten
und biometrisches Lesegerät sind vom Mieter frei programmierbar. Sie, und nur
Sie, können dann kontrollieren, wer Zugang zu der Halle hat.«
»Wie macht
man das?«
Ȇber
unsere gesicherte Website. Wenn wir Ihren Account eingerichtet haben, loggen
Sie sich einfach ein, programmieren die Karten und scannen die Fingerabdrücke
ein. Sämtliche Daten werden mit TLS - Transport
Layer Security - und digitalen Echtheitszertifikaten verschlüsselt.«
»Ausgezeichnet.
Und die Polizei?«
»Die
polizeilichen Anträge auf Durchsuchungsgenehmigungen für unsere Hallen in den
letzten zehn Jahren kann ich an einer Hand abzählen. Natürlich wurden sie bis
auf einen alle vom Gericht abgelehnt. Wir sind stolz auf die Sicherheit und
Anonymität, die wir unseren Kunden bieten - selbstverständlich im gesetzlichen
Rahmen der Emirate.«
Sie traten
ein: etwa 200 Quadratmeter, leer. Boden und Wände bestanden aus demselben
Kompositmaterial wie das Dock, hier allerdings hellbeige eingefärbt. Fenster
gab es keine, was ebenfalls auf der Wunschliste seines Kunden gestanden hatte.
Nicht zwingend, aber vorteilhaft. Die Luft war kühl, um die zwanzig Grad, wie
er schätzte.
»Angenehm,
nicht?«, fragte der Makler.
Badr
nickte. »Lösch- und
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