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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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wollten Claras blaue Augen sagen: Das finde ich auch .
    »Es ist gut, sich an die Verstorbenen zu erinnern«, wandte Lizzie Rose ein. »Meine Mutter und mein Vater sind vor eineinhalb Jahren an Diphtherie gestorben. Es macht mich traurig, wenn ich an sie denke, aber es ist auch schön. Ich denke an meinen Vater, wenn ich Musik mache, weil er mir beigebracht hat, Instrumente zu spielen. Und ich schlafe mit der Bibel meiner Mutter unter dem Kopfkissen. Ich habe ihre Schlittschuhe und ein Paar goldgefasste Korallenohrringe. Natürlich bin ich noch zu jung, um mir Ohrlöcher stechen zu lassen, und deshalb hebt Mr Grisini sie für mich auf. Aber sobald ich sechzehn bin, bekomme ich sie.«
    Parsefall schnaubte. Er wusste haargenau, wo Grisini Lizzie Roses Ohrringe aufhob. Er hatte den Schein vom Pfandleiher gesehen. Dann deutete er auf die Teekanne und Clara griff danach. »Möchtet ihr noch eine Tasse Tee?«
    Beide Kinder nickten. Parsefall entdeckte noch eine letzte Scheibe Toast in der Schale, teilte sie und reichte Lizzie Rose die eine Hälfte. Die verdrehte die Augen, um ihm zu verstehen zu geben, dass sich das nicht gehörte, aber Parsefall kümmerte das nicht.
    Clara leerte ihre Tasse. Parsefall fiel auf, dass sie gar keinen Toast gegessen hatte. Ihre Augen wanderten zur Bühne.
    »Möchtest du dir die Puppen ansehen?«, fragte Lizzie Rose und Claras Gesicht leuchtete. »Komm, wir zeigen sie dir.«
    Die Kinder standen vom Tisch auf, Parsefall noch mit einem Stück Toast in der Hand. »Wir transportieren die Puppen in Beuteln aus Baumwollstoff, damit sie sauber bleiben«, erklärte Lizzie Rose stolz. Die Kattunbeutel waren ihre Idee gewesen. »Von dem rußigen Nebel wird alles schmutzig. Vor der Aufführung packen wir sie aus und hängen sie an das Gestell –«
    »An den Galgen«, verbesserte sie Parsefall. Er schenkte Clara ein schauriges Grinsen. »Es heißt Galgen. Wir hängen sie am Galgen auf genau wie Menschen.« Clara war jedoch zu gebannt, um zimperlich zu reagieren.
    »Jede Puppe muss genau am richtigen Platz sein, weil es unter dem Vorhang dunkel ist«, fuhr Lizzie Rose fort. »Die Kostüme schneidere ich. Grisini kann genauso gut nähen, nur tut er es nicht gern. Gerade habe ich ein neues Gewand für Rotkäppchen genäht. Ist es nicht hübsch?«
    Clara bewunderte die Puppe mit auf dem Rücken verschränkten Händen. Man schien sie regelmäßig zu ermahnen, nichts anzufassen.
    Lizzie Rose hatte eine Idee. »Würdest du gern einmal Rotkäppchen bewegen? Du hältst die Puppe hier an dem hölzernen Kreuz und ziehst die Fäden.«
    Clara ließ das Rotkäppchen baumeln und zupfte zaghaft an einem Faden. Ein hölzernes Bein zuckte.
    »Am schwierigsten ist es, eine Puppe gehen zu lassen«, sagte Lizzie Rose. »Es ist einfach, die fantoccini zum Tanzen zu bringen, aber Schritte sind knifflig. Seltsam, oder? Mir passiert es immer noch, dass ich sie schweben lasse, so nennen wir das, wenn die Füße den Boden nicht berühren. Daran erkennt man einen schlechten Puppenspieler. Parsefall soll dir mal zeigen, wie es richtig geht.«
    Parsefall nahm den Teufel vom Galgen und ließ ihn auf Clara zuschlendern. Das Männchen hatte richtige Fußgelenke und stolzierte zwar etwas steif daher, aber bei jedem Schritt berührten die Holzfüße den Teppich. Clara quietschte vor Begeisterung und klatschte in die Hände.
    »Grisini und Parsefall kümmern sich um das Puppenspiel«, erklärte Lizzie Rose, »und ich mache die Begleitmusik. Ich bin nicht gut genug, um mit den fantoccini zu arbeiten, und helfe nur aus, wenn Grisini und Parsefall keine Hand mehr frei haben. Parsefall dagegen ist richtig gut.« Lizzie Rose legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Parsefall hat magische Finger.«
    Clara blickte auf die Hände des Jungen und zuckte leicht zusammen. Parsefall wusste, warum. Er hatte zwar geschickte Finger, allerdings nur neun davon. Der kleine Finger der rechten Hand fehlte. Es gab keine Narbe, keine hässliche verwachsene Stelle. Er war einfach nicht da. Parsefall glaubte sicher zu wissen, dass er einmal zehn Finger gehabt hatte, und es quälte ihn, dass er sich nicht erinnerte, warum er einen verloren hatte.
    »Du bist so geschickt«, sagte Clara bewundernd. »Ihr beide. Ihr wisst, wie man den Wagen in eine Bühne umbaut und Musik macht und mit den Puppen umgeht.« Sie seufzte. »Ich wünschte, ich könnte auch etwas.«
    »Das kannst du ganz sicher«, tröstete sie Lizzie Rose, aber Clara schüttelte den Kopf.
    »Nein. Gut,

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