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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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hätten sie sie garantiert gefunden.«
    Gert trank einen Schluck von seinem Pils und nahm sich noch einen Bitterballen. Er kaute darauf herum, blies durch die Zähne und sagte: »Das war noch der alte Hendriks, der Vater des heutigen Bauunternehmers. Ein Witwer um die achtzig. Noch fit wie ein Turnschuh. Liest jeden Tag die Zeitung. Er dachte, ich käme, um ihn zu verhaften.«
    »Hätte es denn Gründe dafür gegeben?«
    »Ich habe keine gute Menschenkenntnis«, sagte Gert fröhlich, »aber es würde mich wundern. Es gab wohl ein kleines Problem beim Bau, der Platz hat etwa eine Woche offen gelegen.«
    »Warum denn?«
    »Sie hatten so einen fahrbaren Betonmischer bestellt, um den Boden in einem Rutsch gießen zu können. Die Vorbereitungsarbeiten waren abgeschlossen; sie hatten den Untergrund gewalzt und die Verschalung drum herum gebaut. Da erreichte sie die Nachricht, der Betonmischer könne erst eine Woche später kommen.«
    »Wieso das?«
    »Laut Hendriks kam das öfter vor. Der Mischer war bei einer Betonfabrik in Utrecht bestellt worden. Die hatten einen Eilauftrag auf der Kanalinsel, ein Bürogebäude. Hendriks war nur ein kleiner Kunde und ein Tennisplatz ist ja nicht gerade von höchster Wichtigkeit.«
    »War die Armierung schon verlegt worden?«
    »Nein, das hat auch die Utrechter Firma gemacht.« Gert fing an zu lachen. »Ich habe an alles gedacht, sogar daran, dass der Butler vielleicht so eine Art Tagebuch geführt haben könnte, in dem er genau notiert, wer die Woche über kommt und geht. Aber das gibt es nur in englischen Landhäusern, in den Büchern von Barbara Cartland, die meine Frau immer liest. Bei uns gibt es keine Butler und Glinka schaut dich nur komisch an, wenn du sie nach ihrem Logbuch fragst.«
    »Die Baustelle lag also offen, aber der Boden war schon gewalzt worden? Das bedeutet doch, dass jemand tüchtig graben musste. Hat Hendriks keine Spuren davon gesehen?«
    »Soweit er sich erinnern kann, ist ihm nichts aufgefallen. Der Täter hat die Stelle offenbar wieder ordentlich glatt gestrichen.«
    »Aber das Volumen der Leiche: Da muss doch Erde übrig geblieben sein.«
    »Schwere Maschinen, Räderspuren, überall liegt Erde herum.« Gert schüttelte den Kopf. »Das war eine Baustelle. Ansonsten kann er es auch vor dem Plattwalzen getan haben, während oder direkt nach den ersten Grabungsarbeiten. Also vor der Woche, in der die Arbeit ruhte.«
    Strohhalme. »Habt ihr sonst nichts gefunden? Ringe, Kleidung, eine Uhr?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keine Spur von Kleidung; sie war nackt. Ein paar verrottete Stücke von etwas, das nach Segeltuch aussieht. Darin war sie womöglich eingewickelt.«

 
2
     
    Ich habe irgendwo gelesen, dass, wenn jemand mit einer Zeitmaschine, sagen wir, tausend Jahre zurückreisen würde und aus Versehen bei einem Hünengrab auf der Drenter Heide einen Schmetterling totträte, Napoleon die Schlacht bei Waterloo gewonnen hätte. Dann würden wir heute alle französisch sprechen, wogegen an und für sich ja nichts einzuwenden ist, jedenfalls dann nicht, wenn auch jemand mit einer Pistole zu dem Mönch zurückreisen würde, der das Passe simple erfunden hat.
    Manchmal kommen solche Gedanken in mir auf. Wenn ich die Tür zwei Sekunden später geöffnet hätte. Wenn der türkische Dealer auf der Toilette gesessen hätte anstatt an einem Tisch, auf dem ein Montblanc von reinem Heroin und eine Pistole in Griffweite lagen. Wenn ich mich an jenem Morgen krankgemeldet hätte. Wenn ich meinen Partner zuerst hätte hineingehen lassen. Dann stünde hier jetzt ein neuer Renault mit Bart Simons darin, statt ein alter BMW mit Max Winter. Marga, die metaphysisch angehaucht ist, nennt das ›die Harmonie des Zufalls‹.
    Die Melancholie eines schönen Juniabends lag über der Straße. Verkehrsstaub und aufgewirbelter Sand aus der Sahara hingen an den Ahornbäumen, die die Schlacht um Parkplätze überlebt hatten. Viele dieser alten Villen werden heute als Bürogebäude genutzt, zumindest zur Hälfte. Im Erdgeschoss von Nummer zweiunddreißig befindet sich ein kleines Maklerbüro, das an Immobilien von unter einer Million kein Interesse hat. Ich teile einen Seiteneingang und die Treppe mit einer Japanerin, die Geigerin im Concertgebouw-Orchester ist und im Dachgeschoss wohnt. Manchmal höre ich sie üben, aber es stört mich nicht sehr, da es sich um ein solide gebautes Herrenhaus handelt.
    In meinen ursprünglichen Zukunftsplänen hatte ich natürlich ein heruntergekommenes Büro

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