Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
seine Stimme nahm einen anderen Klang an, wenn er mit ihr sprach. Vor langer Zeit hatte Cecily einmal gehört, wie ihre Mutter in amüsiertem Ton über einen Nachbarsjungen gesagt hatte, er habe ein Mädchen auf eine Weise angesehen, als wäre sie »der einzige Stern am Firmament«. Genauso schaute Jem Tessa an.
Selbstverständlich nahm Cecily ihm das nicht übel: Tessa war ihr gegenüber freundlich und nett, wenn auch ein wenig zurückhaltend. Und sie hatte die Nase ständig in ein Buch gesteckt, genau wie Will. Wenn das die Sorte von Mädchen war, die Jem bevorzugte, dann hätten sie, Cecily, und er ohnehin nicht zusammengepasst. Und je länger sie im Institut lebte, desto deutlicher erkannte sie, wie schwierig eine derartige Verbindung die Beziehung zu ihrem Bruder gemacht hätte. Will zeigte Jem gegenüber einen wild entschlossenen Beschützerinstinkt und hätte sie mit Argusaugen beobachtet, damit sie ihn ja nicht aufregte oder irgendwie kränkte. Nein, nein, es war besser, sich aus dieser Geschichte herauszuhalten.
»Ich habe gerade darüber nachgedacht, mir Cecily zu schnappen, sie in den Hyde Park zu schleppen und an die dortigen Enten zu verfüttern«, erwiderte Will, schob sich die dunklen Haare aus der Stirn und schenkte Jem eines seiner seltenen Lächeln. »Ich könnte etwas Hilfe dabei gebrauchen.«
»Bedauerlicherweise wirst du deine Pläne für einen Schwestermord wohl noch ein wenig aufschieben müssen. Gabriel Lightwood ist unten in der Eingangshalle und ich sage nur zwei Worte…zwei deiner Lieblingsworte, zumindest wenn man sie kombiniert.«
»›Extremer Einfaltspinsel‹?«, fragte Will. »Nichtswürdiger Emporkömmling‹?«
Jem grinste. » › Dämonenpocken‹.«
Dank jahrelanger Übung balancierte Sophie das schwere Tablett mühelos mit einer Hand, während sie gleichzeitig an Gideon Lightwoods Zimmer klopfte. Sie hörte ein paar hastige Schritte, dann wurde die Tür aufgerissen.
Gideon stand in schwarzer Hose mit Hosenträgern und einem weißen Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln vor ihr. Seine Hände waren nass, genau wie seine Haare, als wäre er sich schnell mit angefeuchteten Fingern durch die Locken gefahren.
Sophies Herz machte einen kleinen Satz, bevor es sich wieder beruhigte, und sie zwang sich, eine missbilligende Miene zu ziehen. »Mr Lightwood«, sagte sie. »Hier sind die Scones, die Sie verlangt haben. Und Bridget hat Ihnen noch einen Teller mit Sandwiches heraufgeschickt.«
Gideon trat einen Schritt zurück, um sie in den Raum zu lassen. Das Zimmer war wie alle anderen Gästezimmer des Instituts ausgestattet: schwere dunkle Möbel, ein wuchtiges Pfostenbett, ein breiter Kamin und hohe Fenster, die in diesem Fall auf den Innenhof zwei Stockwerke tiefer hinausgingen. Sophie spürte Gideons Blick auf sich, während sie das Tablett auf dem Tisch beim knisternden Feuer abstellte. Sie richtete sich auf, wandte sich ihm zu und faltete die Hände vor ihrer Schürze.
»Sophie …«, setzte er an.
»Mr Lightwood«, unterbrach sie ihn. »Gibt es sonst noch irgendetwas, das Sie wünschen?«
Gideon schaute sie teils aufgebracht, teils wehmütig an. »Ich wünschte, Sie würden mich Gideon nennen.«
»Das habe ich Ihnen doch schon erklärt: Ich kann Sie nicht mit Ihrem Taufnamen ansprechen.«
»Ich bin ein Schattenjäger; ich habe keinen Taufnamen. Sophie, bitte.« Vorsichtig trat er einen Schritt auf sie zu. »Bevor ich hierher gezogen bin, dachte ich, wir könnten so etwas wie Freunde werden. Doch seit dem Tag meiner Ankunft im Institut zeigen Sie mir nur noch die kalte Schulter.«
Unwillkürlich griff Sophie sich an die Wange. Sie erinnerte sich an den jungen Herrn Teddy, den Sohn ihrer früheren Herrschaften. Und daran, wie er sie immer in irgendwelche dunklen Ecken gezerrt und gegen die Wand gepresst hatte, wie seine schrecklichen Hände über ihr Mieder gestrichen waren und er ihr ins Ohr gemurmelt hatte, sie solle lieber freundlich zu ihm sein, wenn ihr etwas an ihrer Stelle läge. Der Gedanke bereitete ihr Übelkeit, selbst jetzt, nach all den Jahren.
»Sophie.« Gideon musterte sie besorgt. »Was ist los? Falls ich irgendetwas getan habe, um Ihren Unmut zu erregen … ein falsches Wort oder sonst irgendetwas…bitte sagen Sie es mir, damit ich es wiedergutmachen kann …«
»Nein, Sie haben nichts falsch gemacht. Aber Sie sind ein Gentleman und ich bin ein Dienstmädchen. Und alles, was darüber hinausginge, wäre eine zu große Vertraulichkeit. Bitte bringen Sie
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