Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Schande über den Namen der Familie Lightwood gebracht und uns beide belogen. Er hat unserer Mutter das Leben schwer gemacht und sie zugrunde gerichtet. Aber wir müssen nicht notwendigerweise so werden wie er.«
Gabriel riss sich von seinem Bruder los und schaute ihn finster an. »Du hörst mir nicht zu«, knurrte er. »Vater ist ein Wurm. Ein Wurm. Ein verdammt großes, schlangenartiges Wesen. Seit Mortmain die Arzneilieferungen eingestellt hat, geht es ihm immer schlechter. Er verändert sich. Diese Geschwüre auf seinen Armen … sie haben sich inzwischen auf seinem ganzen Körper ausgebreitet. An seinen Händen, am Hals und … auf seinem Gesicht …« Gabriels grüne Augen suchten Will. »Alles Anzeichen für Dämonenpocken, stimmt’s? Du weißt doch alles darüber, oder? Bist du nicht eine Art Experte auf dem Gebiet?«
»Na ja, aber du brauchst nicht so zu tun, als hätte ich die Krankheit erfunden. Nur weil ich an ihre Existenz geglaubt habe«, erwiderte Will. »Es gibt zahlreiche Belege dafür … alte Berichte in der Bibliothek …«
»Dämonenpocken?«, Cecily war verwirrt. »Will, wovon redet er?«
Will öffnete den Mund und eine leichte Röte zeichnete sich auf seinen Wangen ab. Tessa unterdrückte ein Lächeln. Cecily lebte nun schon seit Wochen im Institut, aber ihre Anwesenheit störte und ärgerte Will noch immer. Er schien nicht zu wissen, wie er sich gegenüber seiner jüngeren Schwester verhalten sollte, die nicht mehr das kleine Mädchen aus seiner Kindheit war und deren Gegenwart ihm nicht gefiel. Und dennoch hatte Tessa selbst gesehen, wie er Cecily nicht aus den Augen gelassen, wie er jeden ihrer Schritte beobachtet hatte, mit demselben liebevollen Beschützerinstinkt, mit dem er manchmal auch Jem bedachte. Die Existenz von Dämonenpocken und der genaue Infektionsweg zählten bestimmt nicht zu den Dingen, die er Cecily gern erklären wollte. »Das ist nichts, was dich interessieren müsste«, murmelte er.
Gabriel schaute zu Cecily und öffnete überrascht den Mund. Tessa konnte sehen, wie er sie von Kopf bis Fuß betrachtete. Wills Eltern mussten sehr attraktiv gewesen sein, dachte Tessa, denn Cecily war mindestens so gut aussehend wie Will – die gleichen glänzenden schwarzen Haare und tiefblauen Augen.
Cecily erwiderte Gabriels Blick und musterte ihn neugierig; vermutlich fragte sie sich, wer dieser junge Mann war, der ihren Bruder offenbar überhaupt nicht mochte.
»Ist Vater tot?«, fragte Gideon mit erhobener Stimme. »Haben die Dämonenpocken ihn umgebracht?«
»Nicht umgebracht«, erklärte Gabriel. »Verändert. Vor ein paar Wochen hat er unseren gesamten Hausstand nach Chiswick verlegt. Ohne erkennbaren Grund. Und dann, vor wenigen Tagen, hat er sich in seinem Studierzimmer eingeschlossen. Er hat sich geweigert herauszukommen … wollte den Raum nicht einmal zu den Mahlzeiten verlassen. Heute Morgen bin ich erneut zu ihm gegangen. Aber als ich dort ankam, war die Tür aus den Angeln gerissen. Und auf dem Boden war eine … eine Schleimspur, die aus dem Zimmer und durch den Korridor führte. Ich folgte der Spur die Treppen hinunter und hinaus in den Garten.« Gabriel schaute in die Gesichter der verstummten Institutsbewohner. »Er hat sich in einen Wurm verwandelt. Das versuche ich ja die ganze Zeit zu sagen.«
»Ich nehme nicht an, dass die Möglichkeit bestünde…ihn, äh, zu zertreten?«, fragte Henry in die Stille hinein.
Gabriel musterte ihn angewidert. »Ich hab den ganzen Garten durchsucht. Und dabei habe ich einen Teil unserer Dienstboten gefunden. Und wenn ich sage ›Ich habe einen Teil gefunden‹, dann meine ich das wortwörtlich. Sie waren in…in Stücke gerissen worden.« Er schluckte und schaute auf seine blutverschmierte Kleidung hinab. »Und dann hörte ich ein Geräusch – ein hohes, heulendes Geräusch. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie er auf mich zukam. Ein riesiger Lindwurm, wie ein Drache aus uralten Sagen. Mit weit aufgerissenem Maul, in dem messerscharfe Zähne aufblitzten. Ich hab auf dem Absatz kehrtgemacht und bin zum Stall gerannt. Der Wurm ist mir schlängelnd gefolgt, aber ich konnte auf die Kutsche springen und sie durch das Eingangstor lenken. Dieses Wesen – Vater – ist mir nicht gefolgt. Ich glaube, es fürchtet sich davor, in der Öffentlichkeit gesehen zu werden.«
»Aha«, meinte Henry. »Dann ist es also zu groß, um zertreten zu werden.«
»Ich hätte nicht davonlaufen sollen«, sagte Gabriel, den Blick auf seinen Bruder
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