Club der Feinschmecker Eine spannende Liebesgeschichte (German Edition)
verstehen, worüber sie reden. Mein Herz rast bis in den Hals hinauf. Ich gehe in die Speisekammer und greife nach einer Dose Terrine de porc à la ciboulette und öffne sie. Der Geruch verursacht mir Brechreiz. Die Vorstellung, dass Teile von Rolf zu einer streichfähigen Fleischpaste verarbeitet wurden, lässt mich erschauern. Er war ein Mistkerl. Ja! Aber er war ein Mensch. Ein Mann, den ich ein Jahr lang betrogen habe und von dem ich einfach nur die Scheidung wollte. Mehr nicht! Ich gehe hinaus zum Tisch und setze mich. Wie in Trance schaue ich in die Gesichter von Alain und Doro.
»Kaffee?«, fragt Mimi und schenkt mir ein ohne meine Antwort abzuwarten. Jeder am Tisch spürt die explosive Stimmung, aber niemand sagt etwas. Als Jerome sich erhebt, frage ich endlich.
»Was habt ihr mit ihm gemacht? Wie habt ihr es gemacht? Warum habt ihr es gemacht?« Ich stehe kurz davor, hysterisch zu werden, als Alain mich fragt, was ich meine.
»Ihr habt ihn nicht gekillt und zu Brotaufstrich verarbeitet? Nein? Völlig ausgeschlossen? Dann habt ihr ja wohl auch nichts dagegen, hiervon zu probieren!« Mit einem lauten Knall stelle ich die Dose Terrine mit Schnittlauch auf den Tisch, entnehme einen Löffel davon und halte ihn Doro und Alain mit zittrigen Händen vor die Nase.
»Esst, nun esst schon«, schreie ich und glaube den Verstand zu verlieren.
»Was zum Teufel soll das?«, sagt Alain und schaut mich ungläubig an.
»Sie glaubt, wir beide haben ihren brutalen Ehemann um die Ecke gebracht und ihn zu Wurst verarbeitet!«, sagt Doro. Sie nimmt eine Gabel und streicht sich eine Portion der Fleischcreme auf ein Stück Baguette und steckt es sich in den Mund.
»Lecker«, ruft sie. »Ich schmecke noch einen Hauch Whiskey heraus oder was hat Rolf so gern getrunken, bevor er dich vermöbelt hat?« Ich stehe auf und verlasse die Terrasse, den Garten, das Anwesen und bin schon am Ende der Weinberge angelangt, als ich Alains Wagen auf der Straße in hohem Tempo wegfahren sehe. Das darf nicht wahr sein, denke ich immer wieder. Wie konnte er so weit gehen. Ich höre noch immer seine Worte. »Ich drehe ihm den Hals um!«
»Wenn wir erst mal wieder in Hamburg sind, wird alles anders«.
»Ja, schmeiße das Gel ruhig weg, du wirst es nie wieder brauchen.«
»Mach dir keine Sorgen, wir kümmern uns schon.«
Deshalb sollte ich mit Mimi noch länger hier bleiben. Er hat es aus Liebe zu mir getan. Liebe ich einen Mörder? Kann ich überhaupt einen Mörder lieben? Ich verliere den Verstand. Gleich werde ich verrückt!
Ich höre die Motorengeräusche von Jeromes Trecker. Nicht er lenkt ihn, sondern Mimi. Sie hält an und steigt zu mir herab.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was hast du dir dabei gedacht, solche absurden Vorwürfe zu erheben?« Ich versuche zu erklären, aber sie bleibt fassungslos.
»Du hast Alain und Doro zutiefst verletzt, weißt du das eigentlich? Er ist wutentbrannt abgereist. Was ist bloß in dich gefahren?« Ich bekomme einen Weinkrampf und Mimi nimmt mich in den Arm.
»Überlege dir schon mal eine gute Entschuldigung!«
»Wo ist er hingefahren?« Mimi zuckt mit den Achseln.
Seit zwei Tagen verstecke ich mich in meinem Zimmer. Doro hatte mich keines Blickes gewürdigt, als Mimi mich zurück brachte. Von Alain fehlt jede Spur. Er ist telefonisch nicht zu erreichen. Mimi und Jerome bringen mir zweimal täglich Essen und Trinken aufs Zimmer und ich überlege, wie es weiter gehen soll. Zurück nach Hamburg? Ich könnte in die Wohnung ziehen und einen tiefen Kniefall vor meinem Chef machen und ihn anbetteln, mich wieder einzustellen. Aber will ich das wirklich? Ich will mit Alain sprechen. Nur das zählt. Ich springe vom Bett auf und laufe zum Tisch, weil endlich mein Handy klingelt.
»Alain, endlich«, rufe ich, aber er ist es nicht. Meine Anwältin aus Hamburg spricht zu mir und teilt mir mit, dass sie Post von Rolf erhalten hat. Er bietet eine einvernehmliche Scheidung an.
»Wie bitte? Was bedeutet das?«
»Er legt Ihnen keine Steine in den Weg. Ich habe es schriftlich.«
»Und er hat eigenhändig unterschrieben?«
»Davon gehe ich aus. Wer sonst sollte Interesse haben, Ihnen dieses Angebot zu unterbreiten?« Ich wüsste da jemanden!
»Als Kontaktadresse hat er mir eine Klinik im Schwarzwald genannt. Wenn Sie wollen gebe ich Ihnen die Rufnummer.« Ich notiere die Zahlen und kann es noch
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