Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
haben. So erweisen sich
z. B. die Materialien von
Meta-Plan
für Menschen, die laufend selbst diese Materialien nutzen oder mit ihnen »traktiert« werden, als wenig attraktiv. Sie assoziieren
dann mit diesen Medien spezifische Fragestellungen oder spezifische Situationen, sodass sie bei neuerlicher Anwendung zur
Stereotypisierung neigen. Oder bei Kinderpsychologen, die häufig mit dem Szeno-Material arbeiten, stößt dieses Material bei
Anwendungen auf sie selbst meistens auf Widerstand.
Kompatibilität zur Coaching-Situation
Auch die Anwendung von Materialmedien fordert eine mehr oder weniger umfassende Bereitschaft von Klienten zur Selbstoffenbarung
und zur Regression heraus. Diese Aufforderung resultiert aus der medienspezifischen Eigenladung und/oder aus der je spezifischen
Ladungsweise, die ein Medium intendiert. Die »eigene Ladung« von Kasperlefiguren wird z. B. von den meisten Menschen im Sinne
eines »kindlichen Spielzeugs« gedeutet. Und das Spielen mit diesen Figuren als neuerliches Laden des Kommunikationsmediums
Kasperlefigur wird meistens als Aufforderung zur »kindlichen Selbstoffenbarung« interpretiert.
Die durch das Medium je geforderten Regressions- und Selbstoffenbarungsbereitschaften müssen nun zum Coaching-Setting passen
bzw. zur situativen Bereitschaft von Klienten, sich in einer medienspezifischen Weise zu zeigen. Hier sind zwei Aspekte von
zentraler Bedeutung: ob es sich nämlich um ein organisationsinternes oder -externes Coaching handelt und ob es im Einzel-,
Gruppen- oder Team-Setting erfolgt. Die größte Experimentierfreude von Klienten begegnet uns sicher beim externen Einzel-Coaching;
denn in diesem organisationsfernen Rahmen sind die Bloßstellungsängste von Klienten am geringsten. Auch das organisationsinterne |292| Einzel-Coaching stellt oft einen relativ intimen Ort dar, an dem Klienten eine gewisse Experimentierbereitschaft zeigen. Im
Team-Coaching externer oder interner Art dagegen, wo ja Klienten nicht nur unter den Augen eines Coach, sondern auch ihrer
Kollegen mit Medien hantieren, finden wir die größte Vorsicht. Hier sollte der Coach eher Medien vorschlagen, die einen geringen
Grad an Regression und Selbstoffenbarung herausfordern.
Eine andere relevante Variable stellt der Beratungsprozess dar. Zu Beginn eines Coaching-Prozesses lassen sich nur in Ausnahmefällen
unübliche Materialien, wie z. B. das Malen mit Wachsmalkreiden oder gar mit Fingerfarben, anwenden. Sie sind im Allgemeinen
erst im weiteren Verlauf gemeinsamer Arbeit zu nutzen, wenn sich Coach und Klient schon länger aufeinander einstellen konnten
und einen gewissen Grad an Vertrautheit entwickelt haben.
Für die Auswahl von Medien spielt allerdings auch der Zeitfaktor eine gravierende Rolle. Manche Medienarbeiten wie Tonen oder
der Maskenbau erfordern einen breiteren zeitlichen Rahmen als das Anfertigen einer kleinen Skizze. So lassen sich manche Medien
nur bei mehrtägigen Veranstaltungen, wie es bei Gruppen- oder Team-Coachings gelegentlich vorkommt, nutzen. Das Erstellen
von Collagen, von Masken oder Tonarbeiten sind fast nur in solchen Settings realisierbar.
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3. Die speziellen Funktionen der Arbeit mit Materialien im Coaching
Die Arbeit mit Materialien nimmt im Coaching einen zentralen Stellenwert bei der Rekonstruktion und Problemformulierung ein.
Durch sie ergeben sich oft auch spontane Umstrukturierungen von Deutungsmustern. Und durch manche Materialmedien lassen sich
sogar Verhaltensänderungen von Klienten einleiten.
Rekonstruktionen
Wie ich in einem der vorhergehenden Kapitel erläutert habe, weisen die Fragestellungen von Klienten zu Beginn eines Coaching-Prozesses
oder einer Coaching-Sitzung oft eine gewisse Unschärfe auf. Meistens lässt sich |293| erst durch Rekonstruktionen der aktuell thematisierten Berufssituationen die Fragestellung von Klienten präzisieren. Nun dienen
ja Materialien im Coaching vor allem dem Informationstransfer für rationale und nichtrationale Botschaften von Klienten. Aus
diesem Grund sind sie ganz ausgezeichnet zur Rekonstruktion beruflicher Fragestellungen geeignet. Sie ermöglichen nicht nur
dem Coach, Anschluss zu finden an komplexe Themen von Klienten, sie dienen auch dem Klienten selbst zur Differenzierung des
relevanten Problemfeldes.
So geschieht es gar nicht selten, dass sich Klienten erst im Verlauf einer Rekonstruktion mit Medien bewusst werden, wie breit
oder wie
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