Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
sein thematischer Rahmen angesetzt wurde und
je höher das Krisenpotenzial der Klientel ist, desto strikter muss der Coach Steuerungsfunktionen übernehmen. Das bedeutet
umgekehrt, je länger sich Coach und Klient aufeinander einsteuern konnten, je breiter ihr bisheriger Themenradius war und
je krisenfreier die Klientel ist, desto eher kann die soziale Steuerungsfunktion des Coach zurücktreten.
3.1 Langzeit-Coaching
Die Startphase eines Langzeit-Coachings, das in der Regel nur mit einzelnen Klienten stattfindet, weist natürlich ebenfalls
eine diagnostische Phase und ein Stadium formaler und sozialer Kontraktierung auf. Da die meisten Langzeit-Klienten erst aufgrund
eines speziellen Anlasses, wie etwa einer Krise, ins Coaching eintreten, dient die Eingangsdiagnostik auch in diesem Rahmen
der Präzisierung von aktuell relevanten Zielsetzungen. Die Eingangsdiagnostik dient aber ganz besonders der Orientierung des
Coach. Die formalen und sozialen Vereinbarungen beziehen sich hier zunächst meistens auch auf einen groben zeitlich und thematisch
umschriebenen Rahmen. Wenn die soziale Kontraktierung gelingt, der Coach sich also in den Augen des Klienten als »passend«
und »hilfreich« erwiesen hat und der Klient bereit ist, sich ein Langzeit-Coaching zu finanzieren, wird der Kontrakt auf unbegrenzte
Zeit ausgedehnt. Dann lassen sich alle nur denkbaren Themen verhandeln.
|330| Ein solcher Prozess bietet nach einiger Zeit die Chance einer maximal symmetrischen Kontraktierung. Nach fünf bis zehn Sitzungen
finden sich die Klienten in ihre Rolle als »mündige Klienten« ein und steuern den Prozess umfassend selbst. Sie haben sich
meistens im Vorfeld der jeweiligen Sitzungen überlegt, welche Themen sie zur Sprache bringen wollen, und äußern oft schon
Ideen, welche Methodik sie zu ihrer Bearbeitung präferieren würden. Gar nicht selten bringen sie vorab gefertigte Grafiken,
Bilder, Tonplastiken, Collagen und anderes in die Sitzungen mit.
Nach einiger Zeit entwickeln Langzeitklienten meistens ein sicheres Gefühl fürs Timing. Sie bringen dann die ihnen besonders
wichtigen Fragestellungen gleich zu Beginn einer Sitzung vor, und diejenigen, die sie für weniger bedeutsam halten, definieren
sie schon von sich aus als »Schlusslichter«. Damit kalkulieren sie ein, dass sich diese Themen im gegebenen zeitlichen Rahmen
vielleicht nur grob anreißen und sortieren lassen. In diesem Setting ergibt sich jedenfalls nach einiger Zeit ein fließender
Dialogprozess zwischen Coach und Klient.
3.2 Zeitlich oder thematisch limitiertes Coaching
Diese Form des Coachings wird von Einzelnen, Gruppen und Teams in Anspruch genommen. Wie oben erläutert, suchen besonders
oft Führungskräfte, die soeben eine neue Position übernommen haben, um diese Form der Beratung an. Bei Teams resultiert das
Bedürfnis nach zeitlich oder thematisch limitiertem Coaching meistens aus der Notwendigkeit einer Neuorientierung, etwa im
Sinne strategischer und operativer Planung, oder es wird als Unterstützung für die Neukonstituierung eines Teams genutzt.
Gelegentlich fragen Teams diese Form des Coachings an, um ihre weitere Entwicklung »einzuordnen«. So vereinbaren manche Teams
in gewissen Abständen zwei- bis dreitägige Coaching-Sequenzen mit ihrem Berater, um die »Brille des Externen« zu ihrer Fortentwicklung
zu nutzen. Die Motivation für limitiertes Gruppen-Coaching begegnet uns wahrscheinlich am häufigsten bei breitflächigen organisatorischen
Umstrukturierungen oder bei Fusionen, wo eine ganze Reihe von Personen neue Führungsaufgaben zu übernehmen hat.
Am Anfang solcher Prozesse steht immer eine sorgfältige Eingangsdiagnostik. Sie dient entweder dazu, die je spezifischen Zielsetzungen
auf einen zeitlich vorgegebenen Rahmen abzustimmen. Oder sie dient umgekehrt |331| dazu, entsprechend den vorgebrachten Themen und damit verbundenen Zielsetzungen die voraussichtlich benötigte Anzahl der Sitzungen
einzuschätzen. Bei zeitlich limitierter Beratung dient die Eingangsdiagnostik aber ganz besonders dem Coach, damit er möglichst
schnell Anschluss an die speziellen Fragestellungen und Horizontstrukturen der Klienten finden kann. Zur Unterstützung diagnostischer
Gespräche sollte er sich schon im Vorfeld möglichst viele Informationen über den Arbeitsplatz der Klienten in Form von Werbebroschüren,
Festreden, Organigrammen usw. übersenden lassen. Bei zeitlich fraktioniertem
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