Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
noch einmal so richtig aufflammen. In solchen Situationen muss der Coach immer ein hohes Maß an Steuerung übernehmen, um Eskalationen
aufzuhalten oder zu mildern. Manchmal erweist es sich als sinnvoller, die Eingangsdiagnostik für ein nachfolgendes Krisen-Coaching
mit Teams durch Gespräche mit einzelnen Mitgliedern zu realisieren.
So ließ sich z. B. die Krisensituation des Teams vom Vorarbeiter Uwe wahrscheinlich bündiger durch eine Einzelsitzung mit
dem Vorarbeiter erfassen, als wenn der Coach sofort mit der gesamten Arbeitsgruppe konfrontiert gewesen wäre.
Ein derartiges diagnostisches Vorgehen bewährt sich vor allem in den Fällen, wo teaminternen Konflikten aus Sicht seiner Mitglieder
der Odem des »Peinlichen«, »Tabuisierten« oder »Unaussprechlichen« anhaftet. Da sich allerdings bei diagnostischen Zugängen
über Einzelne oft Verdächtigungen gegen den Coach im Sinne von Komplizenschaft mit dem Erstinformanden einstellen, sei hierbei
immer Vorsicht angeraten. Ein diagnostischer Zugang über Einzelne bedarf einer legalen Basis. Diese kann auf mehrfache Weise
hergestellt werden: Der Coach bittet entweder die formale Leitung und/oder die Mitarbeitervertretung um ein Erstgespräch,
oder er bittet das Team, zwei Vertreter zu einem Erstgespräch mit ihm zu entsenden.
Der Coach sollte sich übrigens auch vor Krisengesprächen mit Teams alle verfügbaren schriftlichen Informationsquellen, wie
z. B. Broschüren, Werbematerialien, Organigramme usw., übersenden lassen. So erhält er zumindest eine erste Ahnung von strukturellen
oder kulturellen Problemherden. Bei krisenhaften Teams besteht immer eine gewisse Gefahr, dass sich Berater von den Eskalationsprozessen
der Teammitglieder anstecken lassen und auf eine reflexive Analyse des gesamten Problemfeldes verzichten. Das aber führt häufig
dazu, dass sie in mikropolitische Prozesse der organisatorischen Einheit geraten (
Neuberger
1993) oder nur pathologiestabilisierende Funktionen übernehmen.
Im weiteren Verlauf der Arbeit mit krisenhaften Teams hat es sich bewährt, gemeinsame Teilziele zu vereinbaren, die zwischen
den jeweiligen Sitzungen zu realisieren sind. Durch solche strukturierende Maßnahmen werden die Mitglieder zu Kooperationen
animiert, die dann ihrer Qualität und ihrem Inhalt nach in der darauf folgenden Sitzung ausgewertet |334| werden. Ein derart strukturierendes Vorgehen bietet auch den Vorteil einer generellen kollektiven Stabilisierungshilfe. Idealerweise
nimmt der Coach dann im weiteren Verlauf seine Strukturfunktion zurück und ermutigt das Team, sich innerhalb der Coaching-Sitzungen
und natürlich auch in seinen sonstigen Kooperationszusammenhängen zunehmend selbst zu steuern.
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4. Die Beendigung von Coaching
Jedes Coaching findet irgendwann ein Ende. Und auch dieses Ende bedarf einiger Überlegungen seitens professioneller Berater.
Der Coach begleitet ja Menschen auf einem für sie mehr oder weniger wichtigen Abschnitt ihres beruflichen Daseins. Und er
sucht sie dabei in ihren Selbstgestaltungspotenzialen für ihren zukünftigen beruflichen Werdegang zu stärken. Dadurch erhält
jeder Coaching-Prozess eine gewisse existenzielle Bedeutung für Klienten, aber auch für den Coach. Denn dieser hat ja auch
ein gewisses Quantum seiner Lebensenergie und -zeit in den gemeinsamen Prozess investiert, und auch er hat eine Bereicherung
seiner beruflichen Horizonte erfahren. Dieser Bedeutung von Coaching ist dann auch bei der Beendigung der gemeinsamen Arbeit
Rechnung zu tragen.
So sollte je nach dem Setting und je nach der Dauer des Coachings ein entsprechender Zeitraum für ein abschließendes Resümee
reserviert bleiben. Dabei sind der gemeinsame Arbeitsprozess, die besondere Bedeutung, die dieser für Klient und Coach hatte,
und die Zukunftsvisionen des Klienten in einer Zusammenschau prägnant zu machen.
4.1 Die Beendigung von Einzel-Coaching
Einzel-Coaching kann als Krisenintervention nach einer einmaligen Begegnung beendet sein, als zeitlich und thematisch limitiertes
Coaching nach fünf bis zehn Doppelstunden und als Langzeit-Coaching erst nach etlichen Jahren. Der Abschluss der gemeinsamen
Arbeit sollte nun dem Anlass und der zeitlichen Ausdehnung Rechnung tragen.
Bei einmaligen Kriseninterventionen wird der Coach den Klienten lediglich zehn Minuten vor Ende der Sitzung bitten, die subjektive
Bedeutung |335| des soeben Erarbeiteten, seine
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