Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Dialogangebot des Coach aktuell eingehen
möchte oder nicht, und er kann auch frei entscheiden, ob er sich auf die Interaktion insgesamt überhaupt einlassen will.
Wie sich unschwer erkennen lässt, gehen in diese Parameter neben wertneutralen professionellen Standards bereits ethische
Grundpositionen des Coach ein. Mit diesen markiert er den anthropologischen Rahmen, in dem er die Beratung zu leiten gedenkt.
Im weiteren Verlauf der gemeinsamen Arbeit müssen aber nun diese Parameter mit Leben gefüllt werden, d. h. anhand der jeweiligen
Themenfindung und -bearbeitung sind sie immer wieder im Konkreten zu akzentuieren und neu einzusteuern. So müssen zu Beginn
jeder Sitzung die Themen und die Ziele ausgehandelt werden. Daran anschließend ist dann die jeweilige Methodik gemeinsam zu
bestimmen, und zum Abschluss sind die Effekte der gemeinsamen Arbeit sowie die sich daraus ergebenden Optionen für den Klienten
zu präzisieren.
So fallen also nicht nur zu Beginn jeder Sitzung Kontrakte an, sondern auch im weiteren Verlauf. Kontraktprozesse gestalten
sich aber nun sehr unterschiedlich, je nachdem ob es sich um Einzel-, Gruppen- oder Team-Coaching handelt.
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(a) Soziale Kontrakte im Einzel-Coaching:
Gemeinsame Situationsdefinitionen zu finden stellt sich mit einzelnen Klienten natürlich einfacher dar als mit mehreren. Im
Einzel-Setting gelingt es Beratern im Allgemeinen auch relativ gut, die Einhaltung der soeben beschriebenen »Spielregeln«
zu überwachen.
(b) Soziale Kontrakte im Gruppen-Coaching:
Das Gruppen-Coaching stellt bereits ein komplexeres Interaktionsgeflecht dar. Es besteht ja aus mehreren Menschen, die sehr
unterschiedliche Themen, Intentionen und Methodenpräferenzen ins Coaching hineintragen. Außerdem entstammen sie unterschiedlichen
beruflichen Kontexten mit je unterschiedlichen Problemhorizonten. Je nach der Anzahl der Teilnehmer wächst dann auch die potenzielle
Komplexität der jeweiligen sozialen Kontraktierung an. Was auf den ersten Blick »mühsam«, »schwierig« oder »zeitaufwändig«
scheint, stellt aber gerade einen besonderen Vorteil dieses Settings dar. Im Zuge der jeweiligen Aushandlungsprozesse über
Themen, Ziele, Methoden usw. können die Teilnehmer unter der Moderation eines Coach vielfach modellhafte gruppale Dialogprozesse
erfahren. Deshalb enthält dieses Setting oft besonders große mitmenschliche Erfahrungspotenziale (
Schreyögg
1994 a).
(c) Soziale Kontrakte im Team-Coaching:
Um ein Vielfaches schwieriger stellen sich soziale Aushandlungsprozesse im Team-Coaching dar. Hier steht ja der Coach einem
komplexen sozialen Gebilde gegenüber, das schon mehr oder weniger fest gefügte Interaktionsmuster entwickelt hat und das in
einen je spezifischen organisatorischen Kontext eingebettet ist. Deshalb sollten Berater besonders zu Beginn eines Team-Coachings
darauf achten, ob sich tragfähige soziale Kontrakte zu folgenden Punkten vereinbaren lassen:
Das Verhältnis des Teams zur Beratung:
In den Teams selbst besteht oft eine gewisse Uneinigkeit, ob die Beratung überhaupt in Anspruch genommen werden soll und welche
Themen und Zielsetzungen zu wählen sind. Dies finden wir vor allem bei Teams, die über keine Beratungserfahrung verfügen.
Wenn nach dem Erstgespräch mit dem Coach keine Einigung über diese grundlegenden Fragen zustande kommt, kann die Beratung
nicht stattfinden. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass meistens zwei bis drei Personen skeptisch bleiben, selbst |327| wenn die Mehrheit mit dem Coach einen Konsens findet. Sie können aber häufig im Verlauf der weiteren Beratungsarbeit für das
gemeinsame Projekt gewonnen werden.
Auch das
Verhältnis zwischen Team und Coach
bedarf der Verhandlung, genauer gesagt, die Rollendefinition des Coach durch das Team. Gar nicht selten meinen Teams, im Berater
einen Verbündeten gegen »feindliche Mächte«, etwa gegen unliebsame Vorgesetzte oder andere Organisationssegmente, zu finden.
Oder sie erwarten sich »endlich einen ordentlichen Chef«. Gelegentlich entwickeln Teammitglieder auch kollektive Wünsche im
Hinblick auf die Perspektiven des Coach. Er soll dann vielleicht die Teammitglieder als Opfer unqualifizierter Vorgesetzter
oder als Opfer einer generellen organisatorischen Misere begreifen. Auch solche Vorstellungen gilt es schon anfangs zurechtzurücken.
Das Verhältnis des Teams zu Vorgesetzten:
Weiterhin muss im Rahmen sozialer Kontrakte mit Teams ihr
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