Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
: Es handelt sich um das Produkt mit der höchsten Gewinnspanne der Welt. Ein einziges Kilogramm reines kolumbianisches Kokain verteuert sich von den genannten 4000 auf 60 000 bis 70 000 Dollar, indem es von der kolumbianischen Küste dreitausend Meilen in die USA oder fünftausend nach Europa reist. Und das ist noch nicht alles. Das Kilo wird auf der Käuferseite auf das sechs- oder siebenfache Gewicht und Volumen verschnitten (gestreckt), ohne dass der Preis pro Gramm sich verändert. Die Verbraucher bezahlen dem letzten Dealer in der Kette etwa 70 000 Dollar für ein Kilo in der Größe eines Pakets Zucker, das die kolumbianische Küste mit einem Wert von nur 4000 Dollar verlassen hat.
RESULTATE : Diese Gewinnmargen garantieren dafür, dass die Großunternehmer sich das Allerbeste an Technologie, Ausrüstung, Bewaffnung und Fachkenntnis leisten können. Sie können die klügsten Köpfe der Welt engagieren, Bürokratien bestechen – in manchen Fällen bis hinauf zur Ebene des Staatspräsidenten –, und die Zahl der Freiwilligen, die sich darum reißen, gegen einen Anteil an Transport und Vertrieb des Produkts beteiligt zu werden, ist fast eine Plage für sie. Ganz gleich, wie viele »Mulis« auf den unteren Ebenen gefasst und inhaftiert werden, es gibt jederzeit Tausende, die arm und/oder dumm genug sind, die Risiken freiwillig auf sich zu nehmen.
STRUKTUREN : Nach der Erschießung Pablo Escobars vom Medellín-Kartell und dem Rückzug der Brüder Ochoa aus Cali spalteten sich die kolumbianischen Gangster in hundert Minikartelle auf. Aber in den letzten drei Jahren ist ein neues, gigantisches Kartell entstanden, das alle anderen unter seiner Herrschaft vereinigt hat.
Zwei Unabhängige, die versucht hatten, sich dem zu widersetzen, wurden nach spektakulärer Folterung tot aufgefunden, und damit brach der Widerstand gegen die neuen Einiger zusammen. Das Megakartell nennt sich Hermandad, »Bruderschaft«, und operiert wie ein großes Industrieunternehmen, das im Hintergrund eine Privatarmee zum Schutz ihres Eigentums und eine psychopathische Strafschwadron zur Aufrechterhaltung der Disziplin unterhält.
Die Bruderschaft stellt kein Kokain her, sondern kauft die gesamte Produktion jedes Minikartells in Form von weißem Pulver. Dafür zahlt sie einen (nach eigener Definition) »fairen« Preis, aber ihr Motto dabei lautet nicht »Nimm’s oder lass es bleiben«, sondern »Friss oder stirb«. Die Hermandad vertreibt die Droge dann in der ganzen Welt.
MENGEN : Die gesamte Jahresproduktion beträgt ca. 600 Tonnen, und jeweils ca. 300 Tonnen gehen an zwei Absatzmärkte, die USA und Europa. Praktisch wird die Droge nur dort konsumiert. In Anbetracht der oben genannten Gewinnmargen beträgt der Gesamtgewinn aus diesem Geschäft nicht Hunderte von Millionen, sondern mehrere zehn Milliarden.
PROBLEME : Wegen der enormen Profite können zwischen Kartell und Endverbraucher an die zwanzig Zwischenhändler agieren. Dabei kann es sich um Transporteure, Kuriere und Verkäufer handeln. Deshalb ist es äußerst schwer für die Polizei- und Justizbehörden, an die großen Akteure heranzukommen. Sie stehen unter massivem Schutz, benutzen zur Abschreckung extreme Gewalt und haben persönlich niemals Kontakt mit der Droge. Kleine Fische werden immer wieder gefasst, vor Gericht gestellt und verurteilt, aber sie »singen« nur selten und sind jederzeit ersetzbar.
BESCHLAGNAHMUNGEN : Amerikanische und europäische Polizei- und Justizbehörden führen einen ständigen Krieg gegen die Kokainindustrie, und immer wieder werden Lieferungen abgefangen und Depots beschlagnahmt. Aber die Behörden beider Kontinente können auf diese Weise nur zehn bis fünfzehn Prozent des Kokainangebots konfiszieren, und angesichts der atemberaubenden Margen ist das nicht genug. Um die Industrie wirklich lahmzulegen, müssten die abgefangenen oder konfiszierten Mengen auf achtzig oder mehr Prozent ansteigen. Bei einem Verlust von neunzig Prozent würden die Kartelle implodieren, und die Kokain-Industrie wäre endlich vernichtet.
FOLGEN : Vor nur dreißig Jahren betrachtete man Kokain noch als »Schnee« für Jetsetter, Börsenhändler und Rockmusiker. Inzwischen ist es zu einer massiven Volksseuche geworden, die katastrophale gesellschaftliche Schäden anrichtet. Auf beiden Kontinenten schätzen die Behörden, dass etwa siebzig Prozent der Beschaffungskriminalität auf der Straßenebene (also Autodiebstahl, Einbruch, Raub etc.) zur Finanzierung der Sucht
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