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Coco Chanel & Igor Strawinsky

Titel: Coco Chanel & Igor Strawinsky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Greenhalgh
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seinen Augen verschwimmt. Der Aschenbecher neben ihm quillt über von Zigarettenstummeln. Rauch dringt zwischen seinen Zähnen hervor. Er spürt, wie die Leere in seinem Innern immer größer wird. Er schüttet den Alkohol in sich hinein, um ein gähnendes Loch zu füllen.
    Als er nicht einmal mehr klar genug sieht, um sich eine weitere Zigarette anzuzünden, und die Wodkaflasche wie ein Prisma vor seinen Augen zittert, rappelt er sich taumelnd aus dem Sessel hoch. Er torkelt durch den Raum und schlägt dabei das Metronom vom Klavier, woraufhin es klappernd auf den Boden fällt. Das Geräusch erscheint ihm laut wie eine Explosion. Schwankend tappt er Richtung Tür. Der Teppich unter seinen Füßen gewinnt ein elastisches Eigenleben. Beim Verlassen des Zimmers schaltet er alle Lichter aus. Als er hinter sich immer noch ein Leuchten bemerkt, fällt ihm auf, dass er eine Lampe vergessen hat. Aber darum kann er sich jetzt nicht mehr kümmern.
    Langsam kämpft er sich auf allen vieren die Treppe hinauf.
    Es ist zwei Uhr morgens. Sein Gesicht ist aschgrau, und seine Brille sitzt schief. Der Riss im Glas, der von seiner Auseinandersetzung mit Dimitri herrührt, verblasst in seiner ohnehin verschwommenen Sicht. Ein dünner Schweißfilm erscheint auf seiner Stirn und breitet sich über seinen ganzen Oberkörper aus.

    Coco und Dimitri, die sich schon viel früher in ihr gemeinsames Bett zurückgezogen haben, wachen auf, als sie ihn die Stufen heraufkriechen hören. Doch bis sie vollständig bei Bewusstsein sind, hat er schon sein Zimmer erreicht und die Tür hinter sich geschlossen.
    Unbeherrscht reißt Igor sein Hemd auf, und die Knöpfe fliegen durch das Zimmer. In trunkenem Zorn schleudert er die Schuhe von seinen Füßen und lässt sich quer aufs Bett fallen. Er spürt sein Herz laut pochen und atmet hastig. Von oben schießt das Licht Splitter in seine Augen. Plötzlich spürt er, wie etwas in ihm hochkommt. Mit letzter Geistesgegenwart stürzt er ins Badezimmer. Ein schwacher zivilisierter Impuls bringt ihn dazu, den Kopf über die Toilettenschüssel zu halten.
    Ein Welle von Übelkeit steigt heiß in seiner Kehle auf, und unabwendbar dreht sich ihm der Magen um. Seine Augen füllen sich mit Tränen. Einzelne Brocken Erbrochenes spritzen von der Toilettenschüssel zurück auf seine Kleidung.
    Keuchend steht er auf und betrachtet sich durch tränenschwere Wimpern im Spiegel. Obwohl ihm heiß ist, wirkt sein Gesicht bläulich grau. Taubheit breitet sich in seinen Händen aus und lässt seine Fingerspitzen kribbeln. Er dreht den Hahn auf und lässt das Wasser laufen, bis es eisig kalt ist. Dann atmet er ein paar Mal tief ein, füllt seine Hände mit Wasser und spritzt es sich ins Gesicht. Einen Moment lang liegen seine Handflächen wie eine Maske auf seiner Haut. Dann trinkt er, presst das Wasser mit den Wangen über seinen faulig riechenden, stinkenden Gaumen. Es ist so kalt, dass seine Zähne pochen.
    Als er den Blick senkt, sieht er eine schuppige Brühe in den Tiefen der Toilettenschüssel wogen, auf und ab, auf und ab wie der Körper eines toten Fischs. Der Geruch entsetzt
ihn. Trocknende Rinnsale von Erbrochenem kleben am Email fest. Ein paar Spritzer haften an der Wand und an seiner Kleidung.
    Er betätigt die Spülung, mehr kann er im Moment nicht tun. Aber er nimmt sich vor, gleich am nächsten Morgen sauber zu machen. Das elektrische Licht im Bad ist grell und schmerzt in seinen Augen. Er spürt Reste von Erbrochenem in seiner Kehle und seiner Nase. Er geht zurück ins Schlafzimmer. Ohne sich auszuziehen, fällt er reglos aufs Bett.
     
    Coco kann nicht schlafen und hört Igors unregelmäßiges Schnarchen in der nächtlichen Stille. Sie steht früh auf und öffnet die Fenster in seinem Arbeitszimmer. Es stinkt nach Alkohol und Zigaretten. Sie verzieht das Gesicht, als sie den Aschenbecher mit den Fingerspitzen packt und mit ausgestrecktem Arm zum Mülleimer trägt.
    Nach ein paar Stunden beschließt sie, nach Igor zu sehen. Er rührt sich ein wenig, und seine Augen öffnen sich träge, als sie sein Schlafzimmer betritt.
    »Los, hoch mit dir«, sagt sie.
    Sie zieht die Vorhänge auf, und er schreckt vor dem Licht zurück.
    »Mir wird wieder übel.« Immer noch betrunken, rappelt er sich unbeholfen auf und rennt ins Badezimmer, wo er sich zwei, drei Mal erbricht. Cocos vorwurfsvoller Tonfall weicht beruhigenden Lauten. Sie wischt ihm den Mund mit einem feuchten Waschlappen ab und streicht ihm tröstend über den

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