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Coco Chanel & Igor Strawinsky

Titel: Coco Chanel & Igor Strawinsky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Greenhalgh
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seine Papiere zurück in die Mappe, legt den Bleistift weg und rennt hinter dem Ball her.
    Als Jekaterina von ihrem Liegestuhl aufsteht, spürt sie, wie sich ihre Lunge bei der Anstrengung quält. Der Atem in ihrer Brust beginnt träge aufzuwallen. Die frische Luft tut ihr zwar gut, aber sie weiß auch, dass der emotionale Aufruhr, den sie durchlebt, verhängnisvolle Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könnte.
    Sie erinnert sich an die heutige Predigt, sie handelte von Toleranz und Vergebung; dass man sich durch seinen Groll nicht davon abhalten lassen dürfe, Liebe zu schenken. Normalerweise hätte sie ihm schnell verziehen. Aber sie ist immer noch verletzt und wütend. Und abgesehen von seiner großen Geste auf dem Balkon am vergangenen Abend hat er sich auch nicht wirklich bemüht, sich mit ihr zu versöhnen. Dabei war offensichtlich, dass es ihm nur um die Befriedigung seines körperlichen Verlangens ging, während sie sich mit wachsender Verzweiflung nach Zärtlichkeit, Zuneigung und vor allem Respekt sehnt. Sie ist nicht bereit, einfach so nachzugeben. Das wäre zu einfach.
    Sie beobachtet, wie er im Garten herumrennt. Er wirkt wie besessen. Schließlich schießt er den Ball so fest gegen den Schuppen, dass die Papageien zu kreischen anfangen.

Kapitel 11
    COCO HAT EINE Tennispartie mit den Serts arrangiert. Ein Club in einem Nachbardorf verfügt über mehrere gepflegte Rasenplätze. Igor spielt gern, und Coco will Misia unbedingt wiedersehen. Und so fährt Cocos Chauffeur die beiden Paare - denn danach sieht es aus - in der Nachmittagshitze hin.
    Als sie an eine schmale Brücke über ein Flüsschen kommen, muss der Fahrer scharf bremsen. Ein zweiter Wagen ist gleichzeitig auf der anderen Seite aufgetaucht. Da die Straße auf beiden Seiten zur Brücke hin leicht ansteigt, konnte keiner den anderen sehen, bevor sich beide schon auf der Brücke befanden. Die beiden Fahrzeuge halten an. Der Fahrer des anderen Wagens gibt deutlich zu erkennen, dass er nicht die Absicht hat kehrtzumachen, doch als Cocos Fahrer sich anschickt zurückzusetzen, herrscht sie ihn an, er solle sich ja nicht vom Fleck rühren. So bleiben die beiden Wagen etwa zehn Minuten reglos auf den knarzenden Holzbohlen der Brücke stehen. Igor protestiert, aber Coco weigert sich, klein beizugeben. Starrsinnig weist sie den Fahrer an, den Motor auszuschalten und sich zurückzulehnen, bis der andere nachgibt - was dieser schließlich, vor Wut schäumend, auch tut. Als sie vorbeifahren, winkt Coco dem Fahrer des anderen Wagens gebieterisch zu. Sein Gesicht ist zorngerötet, das ihre bleich und selbstgerecht.
    »Dummer Kerl!«, bricht es aus ihr heraus.
    Durch das Fenster sieht Igor die Telegrafenstangen,
die sich in die Ferne aneinanderreihen wie endlose Pausentakte.
    »Diese Frau muss immer ihren Willen durchsetzen …«, sagt José, als er und Igor eine halbe Stunde später aus dem Umkleideraum kommen.
    Gebräunt und vor Gesundheit strotzend, sehen die beiden Männer in ihren weißen Sportsachen sehr flott aus. Igor beugt sich vor, um die Höhe des Netzes zu prüfen, während José Aufschläge übt. Coco und Misia lassen sich drinnen Zeit.
    »Jekaterina ist natürlich immer noch krank«, sagt Coco. »Sie hat Marie den ganzen Tag die Treppen rauf- und runtergescheucht.«
    »Ach du meine Güte.«
    »Und die Kinder verwüsten das ganze Haus.«
    »Ruft Igor sie denn nicht zur Ordnung?«
    Sie lacht. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er es überhaupt merkt. Er sitzt die ganze Zeit an seinem Klavier.«
    »Ach so.«
    »Er sagt, er arbeite an einer neuen Sinfonie.«
    »Wie aufregend.«
    »Ja. Das ist es«, sagt Coco, einen Moment ernst.
    »Ich mochte sein Scherzo Fantastique .«
    »Worum ging es da?«
    »Um Bienen, glaube ich«, sagt Misia, während sie ihre Schnürsenkel bindet. Fertig angezogen, nimmt sie ihren Schläger und schlägt mit der Bespannung gegen ihren Handballen, auf dem sich kleine weiße Vierecke abzeichnen. »Wenn ich die Geschichte richtig in Erinnerung habe, tötet die Königin das Männchen, sobald es in geschlechtlicher Hinsicht ausgedient hat.«
    Coco lacht. »Wenn wir das doch …« Sie imitiert Misias Geste und lässt den Schläger gegen ihre Hand schnellen.

    Draußen schwingt Igor, der neben dem rundlicheren José etwas mager wirkt, als Vorbereitung auf das Spiel linkisch die Arme. Sie haben gemischtes Doppel verabredet. Er soll mit Misia zusammenspielen, während José und Coco auf der anderen Seite des Netzes ein Paar

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