Coconut Caye - Insel der Lust
Schlafzimmer zu schleppen. Er war gestern Abend vor ihnen aus dem Whirlpool gestiegen, und wie es aussah, mussten die anderen hinterher noch ziemlich lange gefeiert haben.
Mindestens zwei von ihnen waren ja zwischenzeitlich auf der Veranda gewesen und hatten ihn zum unfreiwilligen Zeugen ihres Privatvergnügens gemacht. Er fragte sich, wen Sydney und er wohl unbeabsichtigt belauscht hatten. Aber natürlich konnten es ebenso gut auch Lauren und Anton gewesen sein, die dort oben ihre verlorenen Monate nachgeholt hatten.
Wie dem auch sei, ihn hatte die Szene jedenfalls um den Schlaf gebracht. Sie hatte ihn an nichts anderes mehr denken lassen als an die eine unvergessliche Nacht, die er mit Sydney erlebt hatte.
In vielerlei Hinsicht war es für ihn damals auch ein erstes Mal gewesen: das erste Mal, dass er mit einer Frau offen reden konnte; das erste Mal, dass er eine Frau innerhalb weniger Stunden wieder und wieder liebte; und das erste Mal, dass eine Frau in seinen Armen weinte, weil ihre Eltern sich trennten. Auch hatte er sich zum ersten Mal entsetzlich hilflos gefühlt. Er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, um ihren Schmerz zu lindern.
Und heute Morgen stand er da und musste sich eingestehen, dass er sich in der vergangenen Nacht nicht wirklich besser geschlagen hatte. Zwar verfügte er über jahrelange Erfahrung, wenn es darum ging, Menschen aus brennenden Häusern zu holen, Überlebende aus verschütteten Steinmassen zu bergen und sich durch Unmengen Metall zu schweißen, um Unfallopfer zu befreien.
Doch all sein Können nutzte ihm bei Sydney herzlich wenig. Er wurde einfach nicht schlau aus ihr.
In den Staaten war sie stets die kühle Geschäftsfrau gewesen, die ihm entweder aus dem Weg ging oder ihm direkt über den Mund fuhr, wenn er sie ansprach. Und hier benahm sie sich plötzlich vollkommen anders. Er verstand die Welt nicht mehr.
Schon damals, vor acht Jahren, hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, warum sie sich ausgerechnet für ihn entschieden hatte. Inzwischen war er vom Teenager zum Mann gereift, doch die Frage war bis heute offen geblieben. Er wollte endlich eine Antwort, und er wollte sie, bevor dieser Urlaub vorbei war.
Ray schaltete die Kaffeemühle ein. Der Duft des frischen “Jamaican Blue Mountain” erfüllte die Küche, während Ray neugierig hinübersah, wer von den Schlafenden sich als Erster regte. Es war Poe, die schläfrig knurrend ihre hübschen Mandelaugen öffnete. Als Nächstes rührte sich Kinsey, dann Jess und zuletzt Doug. Die beiden Männer kostete es sichtlich Mühe, ihre Augen dem Sonnenlicht auszusetzen, das von der Terrasse hereinfiel. Sie machten keinerlei Anstalten, sich von ihrem provisorischen Lager zu erheben.
Derweil überlegte Ray, ob er eventuell seine Taktik ändern sollte. Vielleicht sollte er dafür sorgen, dass er mal mit Sydney allein wäre. Und dann würde er dafür sorgen, dass sie sich ihm öffnete.
Die Bohnen waren zu Pulver zermahlen, und die Messer rotierten so schnell, dass ein furchtbar hohes Kreischen entstand. Eilig schaltete Ray die Kaffeemühle aus und schüttete das Pulver in den Filterkorb. Dann füllte er Wasser in die Maschine.
Poe kam in die Küche und holte fünf Kaffeebecher aus einem der Schränke, die sie in einer Reihe auf dem Küchentresen aufstellte.
“Dafür, dass du Kaffee machst, verzeihe ich dir sogar, dass du meine schönsten Träume ruiniert hast”, sagte sie und schwang sich auf den Tresen. Sie hatte letzte Nacht einen leuchtend roten Bademantel über ihren Bikini gezogen, den sie immer noch trug.
“Wollten wir heute Morgen nicht Jet-Ski fahren?”, fragte Jess vom Sofa her. Auf seinem unrasierten Kinn lag ein blaugrauer Schatten, und die Ringe unter seinen Augen waren unwesentlich heller.
Ray hatte keine Ahnung, wann Sydney herunterkommen würde. Aber da hier sowieso an kein Gespräch unter vier Augen zu denken war, konnte er ebenso gut so tun, als wäre er wirklich auf Coconut Caye, um Ferien zu machen.
“Und ob!”, antwortete er und nahm sich einen der Becher, weil der Kaffee beinahe durchgelaufen war.
Sydney hockte sich im Schneidersitz auf das Strandlaken, das sie auf dem kleinen Pier unterhalb der Villa ausgelegt hatte. Lauren saß neben ihr und blinzelte aufs Meer hinaus, wo der Rest der Gruppe auf Jet-Skis und Surfbrettern über die Wellen glitt. Sydney gab Lauren die Sonnenbrille, die sie im Haus vergessen hatte.
“Danke.” Lauren setzte die Brille auf und rückte ihr Bikinioberteil
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