Code Delta
Davidson, dessen einzige Reaktion darin bestand, zusammenzuzucken und abwehrend die Hände zu heben, stand immer noch an derselben Stelle, als die Tafel kippte und herabschoss wie eine Guillotine. Sie säbelte ihm die Hand am Unterarm ab. Er öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei, während die Tafel zwischen Hals und Schulter einschlug, seinen Brustkorb durchschnitt und bis zum Bauch eindrang. Das Geschoss hatte den Mann beinahe in zwei Hälften zerteilt. Davidson war tot.
»Hier entlang!«, rief Alexander und führte das Team durch eine Hintertür ins Freie, während ein sehr großer, unbeachteter Angreifer weiter auf das Dach einhieb und kurzen Prozess mit dem improvisierten Labor machte.
Sie kamen in einer schmuddeligen Gasse heraus, wo ein gar nicht hierherpassender schwarzer Mercedes auf sie wartete. Einen Augenblick später stürzte die Rückwand des Lagerhauses nach innen ein. King blickte zurück und sah einen Golem, der aus Metalltrümmern des Lagerhauses, einem Auto und Teilen von Straßenpflaster bestand. Er richtete sich hoch auf, um abermals auf das Gebäude einzuschlagen. »Schnell!«, schrie King, während er die hintere Tür des Mercedes aufriss. Das Team warf sich hinein, und Sekunden später schossen sie mit quietschenden Reifen davon. Der Golem, so groß er auch war, konnte sie nicht einholen.
Alexander, der am Steuer saß, hielt am Ende der Gasse kurz an, um zurückzublicken. Der Golem versuchte, sich durch das Stahlgewirr des zerstörten Lagerhauses zu kämpfen. Alexander zückte ein Handy und wählte eine Nummer. Einen Moment später verschluckte ein Feuerball den Golem und das gesamte Lagerhaus und vernichtete alles, was darin gewesen war – die Proben, das Labor und Davidson.
Während Alexander anfuhr, gestattete sich King einen Moment der Trauer für den Wissenschaftler, der sein Leben für eine Sache verloren hatte, die ihn gar nicht persönlich betraf. Dann tauchte in seinem Hinterkopf die bohrende Frage auf, die ihn seit dem Beginn der Attacke quälte: Wie haben sie uns gefunden? Er wandte sich an Alexander. »Untersuchen Sie Ihre Taschen. Das Telefon. Alles. Einer von uns trägt einen Peilsender.«
Alexander bremste. Trotz des seltsamen Anblicks, den die beiden Männer boten, die da am Straßenrand ihre Taschen leerten, beachtete sie niemand. Alle Augen waren auf die aufsteigende Rauchsäule in der Ferne gerichtet.
King war schon fast fertig, als ihm einfiel, dass er die Taschen an den Unterschenkeln seiner Cargohose übersehen hatte. Er fühlte die kleine Ausbuchtung sofort. Er griff hinein und brachte einen kleinen Gegenstand in Größe und Form einer Tylenol-Kapsel zum Vorschein.
Alexander beobachtete ihn. »Zerstören Sie es.«
King nahm den Sender in beide Hände und brach ihn entzwei. Die empfindliche Elektronik fiel heraus und landete auf der Straße.
Ohne weiteres Wort stiegen sie wieder ein. King saß mit verschränkten Armen da. Jetzt wusste er, wie Ridley es geschafft hatte, ihm und Alexander immer einen Schritt voraus zu sein und sie mit heruntergelassenen Hosen zu erwischen. Er wusste, warum die Angriffe in der Universität und im Lagerhaus so rasch erfolgt waren. Aber eine quälende Frage blieb: Wer hatte ihm den Peilsender in die Tasche gesteckt? Und wann?
65 Babylon, Irak
Die Tür des Hummer schlug mit metallischem Klang hinter King zu, und er schüttelte sich ein halbes Sandbergwerk aus den Haaren. Gleich nach Verlassen des Flugzeugs war ihnen eine Wand von wirbelnden Körnern entgegengeschlagen. Sie klebten an ihrer Kleidung, durchsetzten ihr Haar und knirschten zwischen den Zähnen. Wäre die Republikanische Garde auch nur halb so zahlreich und hartnäckig gewesen, die Invasion des Irak hätte niemals Erfolg gehabt. Zum Glück war der Sand lediglich lästig.
Der wahre Feind war die Hitze. In der trockenen Luft brannten die sengenden Strahlen der Nachmittagssonne beinahe unerträglich. Sie konnten gar nicht so schnell schwitzen, wie die Feuchtigkeit auf ihrer Haut verdunstete. Das Team trank regelmäßig aus Wasserflaschen, um der Dehydrierung einen Schritt voraus zu bleiben. Sie hatten das Gefühl, dass sich ihre Reise dem Ende zuneigte, und das hieß, dass knapp hinter dem Horizont eine Konfrontation lauerte, die jedem seine ganze Kraft abverlangen würde.
Der Flug an Bord von Alexanders Gulfstream-Jet war schnell und angenehm verlaufen. Dank Deep Blue gab es kein Problem mit der Landeerlaubnis, und der Hummer hatte voll betankt und mit der
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