Code Delta

sich ein Lächeln auf sein Gesicht. »Sie werden alles bezeugen?«
    Boucher bückte sich und stöpselte das Telefon wieder ein. »Das werde ich.«
    Marrs griff zum Hörer und wählte eine dreistellige Nummer. Ein Apparat im Vorzimmer klingelte einmal, bevor abgenommen wurde. »Berufen Sie eine Pressekonferenz ein«, sagte Marrs. »Holen Sie sie alle zusammen. Sagen Sie ihnen, ich hätte Beweise.«
    Boucher konnte die Stimme der Sekretärin durch die Tür hören. »Beweise wofür?«
    »Für alles.«
    64 Haifa, Israel
    »Dafür fehlt uns die Zeit«, brach es aus King hervor. Die Sorge um Fiona und die steil ansteigenden Temperaturen im Lagerhaus machten ihn rastlos.
    »Wir finden sie schon«, beruhigte ihn Queen mit unbeirrbarer Zuversicht, aber ihre Gedanken waren eine halbe Welt entfernt bei Rook.
    »Sagt mir noch einmal, was wir hier haben«, verlangte King.
    Knight betrachtete die Fotos, die er auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Sie stammten aus El Mirador und zeigten die Keilschriften an den Wänden der Gänge unter der La-Danta-Pyramide. »Es ist Keilschrift. Wir können sie nicht lesen, aber wir wissen, dass ihr Ursprung in Sumer liegt. Das deutet auf den Irak hin, und der überdimensionale Sandfisch, den du aufgespießt hast, weist in dieselbe Richtung.«
    »Der Irak ist groß«, sagte King.
    »Und einer der letzten Orte, wo wir ungestört nach jemandem suchen können – bei all den Truppen, die dort noch stationiert sind«, gab Bishop zu bedenken.
    King sah zu Davidson, der über einen Laptop gebeugt auf die Testergebnisse wartete. »Wie lange noch, Professor?«
    »Ein paar Minuten.« Er sah sich zu King um. »Ich habe nachgedacht. Das Maß an Gewalttätigkeit, das Sie beschreiben, geht weit über alles hinaus, was bisher von Golems berichtet wurde. Sicher, es sind Killer, aber von wahllosen Massenmorden ist nirgendwo die Rede.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Alexander. Seit seiner Auseinandersetzung mit King schwang stets ein Anflug von Gereiztheit in seiner Stimme mit.
    »Ich möchte Sie warnen. Damals in meinem Büro – das nicht mehr existiert, vielen Dank auch – habe ich einen Zyklus erwähnt, den Zyklus des, ja, was ist das richtige Wort dafür? Des Bösen. Das Böse wird bei der Erschaffung des Golems auf ihn übertragen, und nach seinem Tod fällt es wieder zurück auf den Meister. Der Zyklus des Bösen.«
    »Schwarze Herzen«, sagte Alexander. »Ich erinnere mich.«
    »Nach allem, was ich mittlerweile von Ihrem Mr. Ridley weiß, war seine Seele von Anfang an schwarz.«
    »Schwärzer geht es nicht«, meinte Knight. »Er ist bereit, alles zu tun und jeden zu töten, um seine Ziele zu erreichen.«
    King musterte Alexander aus dem Augenwinkel. War der Mann aus der Antike anders? Oder hatte er in der Vergangenheit ebenso unverzeihliche Verbrechen begangen? Schwer zu sagen. Herkules hatte sein halbes Leben damit verbracht, seine Spuren zu verwischen und jeden Hinweis auf seine Existenz aus den Geschichtsbüchern zu tilgen.
    »Schon Ridleys erste Golems hätten also jene Geringschätzung menschlichen Lebens besessen. Und sie haben im letzten Jahr Tausende von Menschen getötet?«
    King nickte. Er sah, wohin Davidsons Gedankengang führte. »All der Tod, all das Böse ist auf Ridley zurückgefallen.«
    »Genau«, bestätigte Davidson. »Egal, wie böse Ihr Mann anfangs war, inzwischen ist er zu etwas unaussprechlich Üblem geworden.«
    »Er ist nichts«, murmelte Alexander.
    King wusste nicht so recht, wie er diese Bemerkung interpretieren sollte, doch Queen hing bereits einem anderen Gedankengang nach.
    »Als Sie sagten, dass wir Ridley Adam nennen sollten«, sagte sie zu Davidson, »meinten Sie damit den biblischen Adam?«
    »Der aus Lehm geformt und dem das Leben eingehaucht wurde, ob durch den Atem oder die Worte Gottes, darüber kann man trefflich streiten. Ja, genau diesen Adam meine ich.« Davidson rückte seine Brille zurecht. »Was ich zutiefst beunruhigend finde. Einen Golem zu erwecken ist eine Sache. Es bedeutet, ein lebloses Ding zu animieren. Das tun wir ständig, mit Fahrzeugen oder Robotern. In Verbindung mit künstlicher Intelligenz ist es sogar möglich, animierte Schöpfungen herzustellen, die viel lebensähnlicher sind als ein richtiger Golem. Doch was Sie von dieser Richard-Ridley-Kopie erzählt haben, geht weit darüber hinaus. Seinem Schöpfer scheint es gelungen zu sein, einem Lehmklumpen echtes Leben einzuhauchen. Er war intelligent. Er konnte sprechen. Er zeigte Gefühle