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Codename Merlin - 3

Codename Merlin - 3

Titel: Codename Merlin - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Augenbrauen. Kurz blickte Ahdymsyn zu Wylsynn hinüber, dann holte er tief Luft, griff in eine Tasche seiner Soutane und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier daraus hervor.
    »Ich bezweifle nicht, dass Ihr überrascht wart … Eure Eminenz«, sagte er, und dieses Mal gestattete sich Staynair doch, angesichts dieser Anrede die Augen zusammenzukneifen. Offensichtlich hatte Ahdymsyn das bemerkt, denn ein Lächeln umspielte seine Lippen. Langsam schüttelte der ehemalige Bischof-Vollstrecker den Kopf.
    »Während ich mich noch in meiner bequemen, wenngleich unfreiwillig bezogenen Unterkunft im Palast von Tellesberg aufhielt, Eure Eminenz, ich hatte nicht die Absicht, auch nur im Mindesten den Eindruck zu erwecken, ich würde mich Eurem offenkundig widerrechtlichem Ergreifen von Erzbischof Erayks rechtmäßiger Autorität hier in Charis fügen. Natürlich hatte ich, als ich König Caylebs … Gast wurde, ebenso wenig eine Vorstellung davon wie jeder andere im ganzen Königreich, warum und wie ein derart massiver Schlag gegen ihn geführt wurde. Seitdem ist ungleich deutlicher geworden, dass die ›Ritter der Tempel-Lande‹ ihre ›Verbündeten‹ gegen Charis in den Krieg geschickt haben mussten, lange bevor Erzbischof Erayk in Zion einen förmlichen Bericht seines Besuches der Gemeinde hat vorlegen können.«
    Er hielt inne, und Staynair neigte den Kopf zur Seite.
    »Gibt es einen Grund, dass sich die zeitliche Abfolge Ihres Handelns auf Ihre Einstellung zu diesem − wie hatten Sie das genannt? − diesem offenkundig ›widerrechtlichem Ergreifen von Erzbischof Erayks rechtmäßiger Autorität‹ auswirkt?«
    »An sich nicht, nein.« Das angedeutete Lächeln, das bislang immer noch Ahdymsyns Lippen umspielt hatte, verschwand. »Aber sie hatte dennoch eine gewisse Bedeutung, Eure Eminenz. Ich will gar nicht erst vorspiegeln, ich hätte mich bei vielen der Entscheidungen, die ich selbst getroffen habe, als ich noch in dem Sessel gesessen habe, in dem jetzt Ihr Euch befindet, nicht deutlich eher von … sagen wir: pragmatischen Überlegungen leiten lassen als von spirituellen Einflüssen oder von Lehrsätzen der Kirche. Dennoch denke ich, dass Ihr mir glauben werdet, wenn ich sage, dass ich niemals, nicht einen einzigen Augenblick lang, in Erwägung gezogen habe, das Verhalten und die Neuerungen hier in Charis könnten − so sehr sie manche vielleicht auch verstört haben mögen − jemals ein Ausmaß erreichen, das ein Vorgehen der Art erfordern oder auch nur rechtfertigen würde, für die sich die ›Ritter der Tempel-Lande‹ offensichtlich entschieden haben.«
    »Das glaube ich tatsächlich«, erwiderte Staynair mit ruhiger Stimme, und das entsprach auch tatsächlich der Wahrheit. Er hatte Ahdymsyn niemals für ›böse‹ gehalten, auch wenn die Banalität der Gründe seines Handelns und seiner Bestechlichkeit alles in mancherlei Hinsicht fast noch schlimmer machte.
    »Euch ist gewiss auch bewusst«, sprach Ahdymsyn weiter, »dass Pater Paityr in dem Bericht, den er der Inquisition vorgelegt hat, deutlich betonte, keine der Neuerungen, über die zu urteilen man ihm aufgetragen hatte, stellten Verstöße gegen die Ächtungen der Jwojeng dar. Ich glaube, ihn hat der Angriff, der gegen Charis geführt wurde, noch mehr entsetzt als mich.«
    Staynair schaute zu Wylsynn hinüber, und der junge Oberpriester erwiderte den Blick völlig ruhig. Zweifellos war Wylsynn überraschter als Ahdymsyn, dachte Staynair. Im Gegensatz zum Bischof-Vollstrecker hatten bei Paityr Wylsynn niemals Zweifel an dessen Aufrichtigkeit und seines tief empfundenen Glaubens bestanden. Er musste sich der allzu oft schäbigen Überlegungen bewusst gewesen sein, die den offiziellen Verkündigungen des Rates der Vikare und der Vorgehensweise der ›Vierer-Gruppe‹ zugrunde lagen, doch Staynair zweifelte nicht daran, dass der junge Priester zugleich erschüttert und entsetzt gewesen war, als er von der Lösung erfahren hatte, die diese ›Vierer-Gruppe‹ für das ›Charis-Problem‹ beschlossen hatte.
    »Davon abgesehen«, sprach Ahdymsyn nun weiter, »sahen wir uns beide in einer unangenehmen Lage. Versteht, Eure Eminenz, niemand hat uns mit Misshandlungen oder dergleichen gedroht. Tatsächlich bezweifle ich, dass es in der ganzen Geschichte von Safehold jemals zwei Gefangene gegeben hat, die derart gut untergebracht waren, auch wenn der eine oder andere der Gardisten zweifellos ein wenig … gereizt war, nachdem diese Wahnsinnigen versucht haben,

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