Codename Merlin - 3
Auftreten stets tadel- und makellos gewesen. Auch wenn er immer noch die weiße Soutane trug, die seinen bischöflichen Rang verriet, wirkte er mittlerweile doch deutlich schlanker, und seine Bewegungen wirkten sonderbar gebrechlich. Nicht, dass er wirklich gealtert wäre, es war vielmehr so, als sei er gezwungen gewesen, sich mit einer völlig unerwarteten Situation abzufinden, und währenddessen hatte er entdecken müssen, dass die Welt doch nicht der saubere, gut organisierte, stets beherrschbare Ort war, für den er sie immer gehalten hatte.
Der Mann, der ihn begleitete, Pater Paityr Wylsynn, war deutlich jünger, keinesfalls mehr als ein Dutzend Jahre älter als König Cayleb persönlich. Dort, wo Ahdymsyns Haar noch nicht vom Silber des Alters gezeichnet war, glänzte es tiefschwarz, während Wylsynns Locken von einem Rot-Ton waren, der hier in Charis ebenso selten war wie seine grauen Augen − beides Einfluss der Nordlande. Ahdymsyn, der fast so hochgewachsen war wie Staynair selbst, überragte den Pater um mehr als eine Haupteslänge, und wo Ahdymsyns sich mit dieser sonderbaren Gebrechlichkeit bewegte, wirkte Wylsynn so selbstsicher und energisch wie eh und je.
Begleitet wurden sie von zwei Waffenträgern, die in das Orange-Weiß der Erzbischöflichen Leibgarde gekleidet waren. Die beiden Wachen hielten respektvollen Abstand zu diesen Besuchern, und doch war ihre Anwesenheit hier nicht nur dem respektvollen Zeremoniell geschuldet, das mancher dahinter vermuten mochte. Vor allem nicht jetzt, nachdem dieses Attentat auf den Erzbischof von Charis beinahe erfolgreich gewesen wäre. Staynairs Waffenträger und Garden waren nicht gewillt, jedwede Risiken einzugehen, was die Sicherheit des Erzbischofs betraf, und der Erzbischof war sich doch recht sicher, dass dies auch seinen beiden Besuchern sehr wohl bewusst war.
Vor seinem Schreibtisch blieben Ahdymsyn und Wylsynn stehen, und zur Begrüßung erhob Staynair sich aus seinem Sessel.
»Bischof-Vollstrecker«, sagte er und nickte Ahdymsyn kaum merklich zu, dann blickte er zu Wylsynn hinüber. »Pater.«
Er streckte ihm nicht den bischöflichen Ring entgegen und verzichtete somit auf den Kuss, die Geste des Respekts, der einem Erzbischof zustand.
»Erzbischof«, erwiderte Ahdymsyn und sprach damit für sie beide.
Staynair konnte es gerade noch verhindern, voller Verwunderung die Augenbrauen zu heben, doch es fiel ihm nicht gerade leicht, sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen. Dass man ihm diesen Titel zugestand, selbst bei einer Privataudienz, würde für Ahdymsyn ernstliche Konsequenzen nach sich ziehen − sollte der Tempel jemals davon erfahren.
»Bitte nehmen Sie doch Platz«, forderte Staynair seine Gäste auf und deutete auf die beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen − jenem Schreibtisch, hinter dem Ahdymsyn einst als Erayk Dynnys’ Stellvertreter hier in Charis gesessen hatte.
Mehr als einmal war Staynair vor diesem Schreibtisch erschienen. Ahdymsyn hatte ihm ›Ratschläge erteilt‹ oder ihn getadelt, und dem kaum merklichen ironischen Lächeln des Bischof-Vollstreckers war anzumerken, dass auch ihm nicht entgangen war, wie sich ihr jeweiliges Los verändert hatte. Pater Paityr hingegen nahm einfach wortlos Platz; sein Verhalten verriet eine innere Ruhe, die schon an Gelassenheit grenzte, als sei ihm in keiner Weise bewusst, zu welchen erdbebenartigen Erschütterungen es in der Kirche von Charis gekommen war, seit er dieses Büro zum letzten Mal aufgesucht hatte.
Einen Augenblick lang schaute Staynair seine Besucher nur schweigend an, dann nickte er den Waffenträgern zu. Kurz zögerten die Soldaten, sie schienen alles andere als einverstanden, und so hob der Erzbischof beide Hände und vollführte kurze Bewegungen, als wolle er sie verscheuchen wie zwei aufdringliche Wyvern, bis die beiden Gardisten schließlich nachgaben und sich aus dem Büroraum zurückzogen. Leise schlossen sie die Tür hinter sich.
»Ich muss gestehen«, sprach der Erzbischof dann weiter und setzte sich, sobald sich die Tür geschlossen hatte, »ich war ein wenig überrascht zu erfahren, dass Sie beide um dieses Treffen ersucht haben. Ihre Botschaft machte sehr deutlich, dass es ein grundlegendes Problem gibt, das Sie beide mit mir zu besprechen wünschen, aber sie hielt sich doch erstaunlich bedeckt mit einer Aussage, worum genau es eigentlich geht.«
Sein Tonfall verwandelte diesen letzten Satz in eine Frage, und gleichzeitig hob er auch die
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