Codename Merlin - 3
Wichtigste von allem! − zu streicheln. Und in diesem Augenblick war die Welt ganz genau so, wie sie sein sollte, zumindest was Ahrdyn betraf.
Dieser Gedanke brachte den Erzbischof zum Lächeln. Er war jetzt seit fast zehn Jahren Ahrdyns Haustier (es hatte überhaupt keinen Sinn, ihre Beziehung anders beschreiben zu wollen); er hatte sich das Tier kurz nach dem Tode seiner Frau zugelegt. Als er Ahrdyn damals bekommen hatte, da hatte er noch gedacht, es sei ein Weibchen. Selbst Katzenechsen fiel es in den ersten Jahren schwer, Männchen von Weibchen zu unterscheiden, und so hatte Maikel Staynair das Tier nach seiner verstorbenen Frau benannt. Als er dann schließlich seinen Fehler begriff, hatte sich Ahrdyn schon an seinen Namen gewöhnt und hätte sich gewiss mit all der Eigensinnigkeit, die dieser Spezies zu eigen war, schlichtweg geweigert, auf einen anderen Namen zu hören.
Glücklicherweise war Ahrdyn Staynair eine Frau mit einem bemerkenswerten Humor gewesen, und Staynair zweifelte nicht im Mindesten daran, dass sie diese Verwechslung zutiefst belustigte. Zumindest für seine Tochter, die ebenfalls den gleichen Namen trug wie die Katzenechse, galt das. Sie hatte ihrem einsamen Vater den pelzigen Ahrdyn seinerzeit zum Geschenk gemacht. Auch sie war davon ausgegangen, dass es sich um ein Weibchen handle, und sie kannte sich mit Katzenechsen gut genug aus, um genau zu wissen, dass es reine Zeitverschwendung wäre, dieses Tier jetzt noch an einen anderen Namen zu gewöhnen. Ebenso erging es Sir Lairync Kestair, Staynairs Schwiegersohn, auch wenn man ihn gelegentlich sagen hörte − vor allem in Abwesenheit seiner Gemahlin −, Ahrdyn die Katzenechse könne es an Eigensinn nicht mit ihrer zweibeinigen Namensvetterin aufnehmen. Und beide seien noch deutlich weniger sturköpfig als Staynairs vier Enkelkinder.
Als ihm diese Erinnerung durch den Kopf ging, lächelte der Erzbischof leise vor sich hin, doch dann ging das Lächeln in ein nachdenkliches Stirnrunzeln über, als der Gedanke an seine Enkelkinder ihn an die gewaltige Bedrohung erinnerte, die über dem gesamten Königreich Charis und sämtlichen Kindern dieses Landes schwebte. Diese Enkelkinder waren im Augenblick Gefangene des Schicksals, und wann auch immer Maikel Staynair an sie dachte, verstand er sofort wieder, warum so viele Menschen es nicht wagten, die Hand gegen die Korruption der Kirche zu erheben.
Doch genau das ist auch der Grund, warum andere Männer sich nicht weigern können, die Hand zu erheben, dachte er. Und weder Ahrdyn noch Lairync haben meine Entscheidung jemals angezweifelt.
Vorsichtig klopften Fingerknöchel gegen die Tür, und Staynair rührte sich in seinem Sessel. Ahrdyn öffnete die Augen, als sich seine Unterlage unter ihm einfach bewegte, und der Erzbischof hob ihn vorsichtig an.
»Leider ist jetzt Zeit zum Arbeiten«, sagte er. Die Katzenechse gähnte und entblößte dabei ihre rosafarbene, gespaltene Zunge, dann leckte sie ihrem Haustier einmal liebevoll über die Wange.
»Bestechung wird dir jetzt auch nicht weiterhelfen, mein pelziger kleiner Freund«, erklärte Staynair ihm und setzte ihn dann auf dem Fußboden ab. Mit anmutigen Bewegungen glitt Ahrdyn davon und zog sich in seinen Korb in der Ecke des Raumes zurück; Staynair räusperte sich.
»Herein!«, rief er dann und schaute erstaunt zu, wie zwei ungewohnte Besucher in sein Büro im erzbischöflichen Palast geführt wurden.
Die beiden Männer stellten in vielerlei Hinsicht wechselseitig das genaue körperliche Gegenteil ihres jeweiligen Begleiters dar, doch die Unterschiede gingen noch viel tiefer. Und doch hatten die beiden eine gemeinsame Audienz bei Staynair erbeten, und das ließ verschiedene, hochinteressante Möglichkeiten vermuten.
Und keine Einzige, rief er sich ins Gedächtnis zurück, wird sonderlich genau der Wahrheit entsprechen, wenn man bedenkt, auf wie spärlichen Informationen sie jeweils beruhen.
Bischof-Vollstrecker Zherald Ahdymsyn hatte die besten Jahre bereits hinter sich, und vor den … Unannehmlichkeiten der letzten Zeit hatte er stets wohlgenährt und kräftig gewirkt. Er hatte auch tatsächlich gutes Essen schon immer zu schätzen gewusst, und so war er doch etwas fülliger, als dies von den Heiler-Priestern des Pasquale-Ordens gutgeheißen wurde. Und Ahdymsyn hatte auch stets auf sein Äußeres geachtet. Er hatte stets genau gewusst, dass es von immensem Vorteil war, wenn man auch wie ein Bischof-Vollstrecker aussah, und so war sein
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